So mancher Eishockey-Nationalspieler rieb sich verwundert die Augen. Zum ersten Mal seit dem überraschenden vierten Platz bei der WM im Mai trat das Nationalteam wieder daheim an, erstmals seit zwei Jahren sind beim Deutschland Cup wieder Zuschauer zugelassen.
Doch gegen die Top-Nation Russland verirrten sich gerade einmal 1560 Zuschauer in die Yayla-Arena in Krefeld. Und knapp die Hälfte davon waren russische Fans. «Wir haben natürlich auf mehr Zuschauer gehofft. Vor allem, wenn man gegen eine große Nation wie Russland spielt», sagte Olympia-Silbergewinner Marcel Noebels vom Meister Eisbären Berlin in seiner alten Heimat der Deutschen Presse-Agentur. «Jetzt hoffen wir natürlich, dass sich am Wochenende noch der eine oder andere Fan breitschlagen lässt zu kommen», sagte Routinier Daniel Pietta vom ERC Ingolstadt – ebenfalls ein ehemaliger Krefelder.
Für einen Besuch der Spiele am Samstag gegen die Schweiz (14.30 Uhr/MagentaSport) und am Sonntag gegen die Slowakei (14.30 Uhr/Sport1 und MagenatSport) lieferte die ungewöhnlich zusammengestellte Auswahl von Bundestrainer Toni Söderholm beim 4:3 gegen Russland reichlich Argumente. «Die Teamleistung war wirklich gut, gerade in der Offensive haben wir vieles sehr gut gemacht», lobte Söderholm.
Turniersieg möglich
Am Wochenende winkt nun erstmals seit 2015 wieder der Gewinn des traditionellen Vier-Nationen-Turniers. Söderholm gelang es auch wieder, trotz des freiwilligen Verzichts auf etliche Stammkräfte, eine Auswahl aufs Eis zu schicken, die sich immer mehr der internationalen Spitzenklasse annähert. Tempo im Spiel, taktisches Geschick, Zug zum Tor und mannschaftliche Geschlossenheit – all das entwickelte sich kontinuierlich weiter, seitdem der 43 Jahre alte Finne Ende 2018 überraschend Bundestrainer geworden war.
Schon bei der WM im Mai in Riga verblüffte die DEB-Auswahl ohne Ausnahmekönner wie NHL-Topstürmer Leon Draisaitl und setzte mit der ersten WM-Halbfinalteilnahme seit 2010 nach Olympia-Silber 2018 wieder ein sportliches Ausrufezeichen. In den großen Team-Sportarten gibt es keine deutsche Auswahl, die in den vergangenen vier Jahren so erfolgreich war wie das Eishockey-Männerteam. «Die Jungs haben die Unterstützung verdient nach der Leistungen zuletzt», befand Noebels.
Dass bei der ersten Möglichkeit seit zwei Jahren, dieses Team wieder live daheim im Stadion zu sehen, aber nur so wenige Zuschauer kamen, erklärt man sich beim Deutschen Eishockey-Bund mit der jüngsten Verschärfung der Corona-Lage. «Grundsätzlich sehen wir so wie die gesamte Veranstaltungsbranche eine erneute Reaktion aufgrund der aktuellen pandemischen Lage», sagte Generalsekretär Claus Gröbner.
Karneval als Grund?
Noch vor zwei Wochen hieß es, man sei beim Kartenverkauf auf einem vielversprechenden Weg. Dann stockte die Nachfrage plötzlich. Auch in der Deutschen Eishockey Liga und anderen Profiligen machen die Clubs aktuell die Beobachtung, dass das möglicherweise noch immer verunsicherte Publikum nicht so wie erhofft automatisch in Scharen zurückkommt. So krass wie der Unterschied zwischen dem Deutschland Cup 2019 – als ein deutsches Eishockey-Team letztmals daheim vor Zuschauern spielen konnte – und dem Start am Donnerstag ist die Situation auch in der DEL derzeit aber nicht. Vor zwei Jahren waren noch gut doppelt so viele Fans zum damaligen deutschen Auftaktsieg – ebenfalls gegen Russland – gekommen. Am zweiten Spieltag waren es dann sogar viermal so viele gewesen wie am Donnerstag.
Ob das Wegbleiben des Publikums wirklich nur mit den Corona-Sorgen oder der permanenten Maskenpflicht in der Arena zu tun hat, dürfte sich am Samstag zeigen. Pietta nämlich hatte noch eine eigene rheinland-kundige Erklärung: «Heute war auch Karneval in der Region. Deswegen war es vielleicht nicht ganz so voll.»
In der Tat feierten am Donnerstag nicht weit entfernt in Köln oder Düsseldorf Menschenmassen teils dicht gedrängt den traditionellen Start der Session am 11.11. Bei den Jecken war die Sehnsucht nach normalen Karnevalspartys offenbar deutlich größer als Corona-Sorgen.
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