Beim Tourengehen im Neuschnee lenkte sich Julian Nagelsmann wenigstens mal kurzzeitig vom Münchner Corona-Wahnsinn ab. Der Trainer des Bundesliga-Herbstmeisters steht am Freitag (20.30 Uhr/Sat.1/DAZN) vor der kniffligsten Aufgabe in seiner Zeit beim FC Bayern München.
«Es ist, wie es ist. Wir müssen aus der Situation das Beste machen – sollten wir spielen…», sagte er zum Rückrundenstart gegen Borussia Mönchengladbach. Und: «Ich bin keiner, der rumheult.»
Nagelsmann geht von Austragung des Spiels aus
Nagelsmann stellt sich angesichts des Pandemie-Regelwerks der Fußball-Bundesliga auf eine Austragung des Geisterspiels in der Allianz Arena ein. Und wenn erst der Anpfiff ertönt, will er mit kreativen Lösungen und Ideen dafür sorgen, dass der weit enteilte Tabellenführer auch mit einem arg dezimierten Starensemble einen Sieg bejubeln kann. «Aus Trainersicht ist das trotzdem total reizvoll. Spieler spielen auf Positionen, auf denen sie nicht ausgebildet sind», sagte Nagelsmann.
72 Tage nach der sehr schmerzhaften Pokal-Watschn in Gladbach kämen bei seinen Profis und ihm zudem «leichte Revanchegedanken» auf. «Das soll nicht so stehenbleiben», sagte der Coach zum 0:5 Ende Oktober.
Bayerns Notkader macht sich heiß für eine Extremsituation in zwei Pandemiejahren. Nach neun Positivtests von Malediven-Urlauber Manuel Neuer bis zum Turbo-Kicker Alphonso Davies sowie weiteren Ausfällen etwa von Leon Goretzka (Knieprobleme) stößt aber selbst der Münchner Luxuskader an Grenzen. Nagelsmann verteidigte die Urlaubsreisen der Infizierten. Er spracht vom Wert der «psychischen Erholung.»
Bayern trotz Ausfälle konkurrenzfähig
Eine siegfähige Elf wird Nagelsmann auch immer noch auf den Platz schicken können. Sven Ulreich ersetzt Kapitän Neuer im Tor. «Er hat herausragend gut trainiert», lobte der Bayern-Coach Ulreich. Vor dem 33-Jährigen werden Pavard, Süle, Roca, Kimmich, Sabitzer, Gnabry, Müller, Tillman, Musiala und Lewandowski auflaufen. «Wir haben noch eine erste Elf, die mit vielen Weltklassespielern bestückt ist», kommentierte Nagelsmann. Ähnlich urteilte Gladbachs Coach Adi Hütter: «Bayern München hat immer noch eine schlagkräftige Mannschaft.» Besonders in der Offensive – hinten lauert das Risiko.
Trotzdem hatten die Bayern bei der Deutschen Fußball Liga für eine Spielverlegung geworben. «Wir haben die Situation mit der DFL diskutiert», bestätigte Sportvorstand Hasan Salihamidzic. Für Nagelsmann ist das Corona-Regelwerk in machen Punkten fragwürdig, weil zu den 16 notwendigen Akteuren auch gesperrte oder verletzte gezählt werden. Er sorgt sich mehr um die Gesundheit der Spieler.
Abwehrhüne Niklas Süle muss trotz Rückenschmerzen ran. Marcel Sabitzer kommt aus einer Verletzung. Und Nationalspieler Joshua Kimmich muss nach neuen Wochen Corona-Zwangspause, einer Impfdebatte und Lungenproblemen infolge einer Covid-19-Erkrankung beim Comeback gleich einen 90-Minuten-Kaltstart bewältigen. «Jo macht einen sehr guten Eindruck, ist glücklich, hat körperlich Topwerte. Und jetzt ist sowieso klar, dass er spielt», sagte Nagelsmann zum Mittelfeldchef.
16-Jährige füllen die Ersatzbank auf
Auf der Bank werden nur Vertragsamateure sitzen – und sogar zwei 16-Jährige. Die Juniorennationalspieler Paul Wanner und Arijon Ibrahimovic holte der Verein eigens aus Spanien zurück, wo sie seit Dienstag mit der deutschen U17-Auswahl im Trainingslager waren. Der FC Bayern stellte bei der DFL den Sonderantrag, gleichzeitig mehr als die drei erlaubten Vertragsamateure auf dem Feld haben zu dürfen.
Nagelsmann mag «Herausforderungen», auch die aktuelle. Er selbst ist bereit für eine zweite Saisonhälfte, in der er erstmals Meister werden will und auch in der Champions League den Titel anstrebt. Am Mittwochabend twitterte er noch Fotos aus den bayerischen Bergen. «Auspowern bevor es losgeht!», schrieb er zu Fotos, die ihn in der Dunkelheit mit Stirnlampe auf Tourenski zeigten. «Einmal hochgestiefelt, einmal runtergefahren», sagte er zu dem Workout.
Angesichts der komplizierten Startsituation 2022 ist Nagelsmann «glücklich, dass wir neun Punkte Vorsprung haben.» Platz eins ist erstmal nicht in Gefahr, dafür der Formaufbau des Teams und auch einzelner Spieler. Die Gladbacher wittern eine Chance, nach einer miesen Hinrunde die Münchner Probleme für sich zu nutzen.
Hütter möchte von Platz 14 «eine Aufholjagd starten.» Eberl warnte trotzdem – auch wegen der eigenen Fußball-Sternstunde beim Pokalduell: «Unser 5:0 hat den Bayern wehgetan. Natürlich haben sie das noch im Hinterkopf. Sie werden Revanche dafür nehmen wollen.»
Und die Borussia ist ja auch nicht frei von Ausfällen – auch wegen Corona. Denis Zakaria, Joe Scally, Mamadou Doucouré und Keanan Bennetts hatten sich mit dem Virus infiziert. Ramy Bensebaini ist beim Afrika-Cup. Und Nationalspieler Jonas Hofmann fällt verletzt aus. «Wir müssen mutig auftreten», sagte Hütter vorm Duell mit einer Bayern-Elf, die einmalig bleiben könnte in der gesamten Rückrunde.
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