Nach der Rückzugsankündigung von Präsident Alfons Hörmann hat die Debatte über seinen Nachfolger an der Spitze des Deutschen Olympischen Sportbundes begonnen.
«Man braucht einen Präsidenten, der alle Ebenen wieder zusammenbringt, so dass der Sport wieder mit einer Stimme spricht», sagte Ingo Weiss, Sprecher der Spitzensportverbände, am Donnerstag zur Suche nach der «eierlegenden Wollmilchsau» überspitzt.
Neuwahlen im Dezember
Am Ende der Hörmann-Ära gehe es nicht nur um eine neue Führung, die allen recht sein soll, sondern ebenso um eine inhaltliche Neuaufstellung. «Nach acht Jahren ist es legitim zu fragen, ist die Richtung, in die der DOSB geht, richtig», sagte Weiss. Mit seinen Sprecher-Kollegen aus den Landessportbünden und den Verbänden für besondere Aufgaben, Jörg Ammon und Barbara Oettinger, soll er nun die Weichen für einen Neuanfang im DOSB bis zur Mitgliederversammlung im Dezember mit außerordentliche Neuwahlen stellen.
«Wir werden uns schnell zusammensetzen und ein Anforderungsprofil für den Präsidenten entwickeln», sagte Ammon, Präsident des Bayerischen Landes-Sportverbandes. «Wenn wir die inhaltlichen Festlegungen bis hin zu einer Vision, wohin sich der deutsche Sport entwickeln soll haben, finden wir auch den richtigen Kandidaten.»
Der organisierte Sport müsse «schnell wieder auf die Füße» kommen, um den Herausforderungen in der Zeit nach der Pandemie gewachsen zu sein: «Wenn man die eigene Existenz nicht in Frage stellen will, müssen wir konstruktiv und respektvoll die nächsten Schritte gehen, um im Dezember durchstarten zu können», betonte Ammon.
«Dann braucht es ein Team»
Auch für Stefan Klett, Präsident des LSB Nordrhein-Westfalens, steht die Diskussion über die besten Ideen für die zukünftige Ausrichtung des DOSB, an erster Stelle. «Dann braucht es ein Team». Als Kandidat für die Teamleitung gilt der 57-jährige Betriebswirt selbst. Er hatte als erster den Rücktritt von Hörmann nach Vorwürfen von Mitarbeitern des DOSB über einen unangemessenen Führungsstil gefordert.
Im Gespräch sind zudem Tischtennis-Weltpräsident Thomas Weickert, der schon 2018 eine Gegenkandidatur zu Hörmann erwogen und verworfen hatte. Ebenso kursieren die Namen des deutschen Triathlon-Präsidenten Martin Engelhardt, der vor drei Jahren gegen den Amtsinhaber angetreten und einer seiner größten Widersacher geblieben ist. Außerdem wird Ex-Leichtathletikchef Clemens Prokop ins Spiel gebracht. Nicht zur Verfügung steht der schon in der Vergangenheit für den Spitzenjob gehandelte Ingo Weiss. «Ich sehe mein Lebensziel nicht darin, DOSB-Präsident werden zu müssen», sagte der Chef des Deutschen Basketball-Bundes.
Freitag befürwortet Hörmann-Rückzug
Für «richtig und überfällig» hat die SPD-Politikerin Dagmar Freitag den Hörmann-Rückzug bezeichnet. Dass es erst der Eskalation der letzten Wochen bedurft habe, «wirft kein gutes Licht auf die Selbstwahrnehmung des DOSB-Präsidenten und seiner Vertrauten in Präsidium und Vorstand», sagte die Vorsitzende des Sportausschusses des Bundestags.
Es müsse nun zwingend einen Neuanfang geben, nicht nur bei der Position des DOSB-Präsidenten. «Der DOSB ist nicht nur die Dachorganisation des deutschen Sports, den wir vielfach auch als Kulturgut bezeichnen», betonte Freitag. Deshalb müssten dessen Werte nicht nur «auf Festreden beschworen» werden. «Es gibt respektable Personen im deutschen Sport, denen ich zutraue, den DOSB wieder auf einen Weg zu bringen, der uns auch international wieder in eine wahrnehmbare Rolle führt.»
Dagegen sieht der CDU-Sportexperte Frank Steffel Präsidium und Vorstand des DOSB als Opfer von Machenschaften und bedauert den geplanten Hörmann-Abtritt. «Durch gezielte Indiskretionen und Unwahrheiten wurden das gesamte Präsidium und der Vorstand des DOSB nachhaltig beschädigt.» Die Verdienste von Hörmann würden bleiben. Der deutsche Sport sei ihm zu großem Dank verpflichtet.
Krise vor Olympia
«Spätestens jetzt sollte das innerverbandliche Gezänk beendet werden und im Interesse aller Athleten und der 27 Millionen Mitglieder in den Vereinen unseres Landes der Sport wieder in den Mittelpunkt rücken», sagte Steffel (55). «Die politisch motivierten und vielfach anonymen Auseinandersetzungen müssen beendet werden.» Der DOSB würde damit wenige Wochen vor dem Start der Olympischen Spiele in Tokio in einer unerträglichen Weise belastet werden.
Schließlich könnte ein erfolgreiches Abschneiden in Japan auch der Befriedung des organisierten Sports helfen. «Sportliche Erfolge sind immer wichtig und gut – vor allem für die Athleten», sagte Ammon. «Das wird den deutschen Sport aber auch beflügeln.»
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