Plötzlich Weltklasse: So schnell haben Svenja Müller und Cinja Tillmann ihren Aufstieg in die internationale Spitze des Beachvolleyballs kaum erwartet.
«Es fühlt sich gut an, dass wir mit den Top-Teams mithalten können und einige von ihnen sogar schlagen», sagt die 21-jährige Svenja Müller.
Mit dem Sieg Ende Mai beim Elite-16-Turnier in Ostrava, der höchsten Kategorie der Beach-Pro-Tour, hat das auf Weltranglistenplatz drei geführte Duo gezeigt, dass mit ihm bei der am Freitag beginnenden WM in Rom zu rechnen ist. «Jetzt sind wir hungrig auf mehr», hatte Cinja Tillmann (30) nach dem Erfolg in Tschechien angekündigt.
Müller und Tillmann mit großen Zielen
Seit 2021 trainieren sie zusammen in Hamburg unter Top-Coach Kirk Pitman. Den 40-jährigen Neuseeländer hatte der Deutsche Volleyball-Verband (DVV) nach Olympia in Tokio als Bundestrainer verpflichtet. Svenja Müller war nach ihrem Abitur extra an den Bundesstützpunkt in der Hansestadt gezogen. In der vergangenen Saison war das Duo Müller/Tillmann aber nur bei zwei Turnieren zusammen. «Es ist in diesem Jahr die erste richtige Saison, in der wir alle Turniere spielen», meint die 1,92 Meter große Svenja Müller.
DVV-Sportdirektor Niclas Hildebrand hat enorme Fortschritte bei beiden festgestellt. «Cinja ist in einer top athletischen Verfassung. Das gilt auch für Svenja», sagt er. Zudem habe Tillmann es geschafft, ihre Stärken als eine der besten Abwehrspielerinnen der Welt vorne am Netz durch mehr Stabilität und Athletik noch zu verbessern. «Sie hat einfach mehr Optionen und ist dadurch nicht so leicht ausrechenbar.»
Svenja Müller habe vor der Saison nur zwei Schläge gehabt, «die sie gut machte». In den letzten Monaten habe sie «ihr Repertoire auf vier, fünf Schläge» erweitert. «Dadurch hat sie mehr Facetten. Sie ist schlechter ausrechenbar und viel flexibler», lobt Hildebrand.
Veränderte Erwartungshaltung und Druck fürs Duo
Gemeinsam sind Müller und Tillmann zudem mental stärker geworden. Vor allem dank ihres Trainers und dessen positiver und optimistischer Art. «Die Lockerheit mit einer Leichtigkeit zu verbinden plus die Starken auszuspielen, führen im Moment dazu, dass sie als Team bei engen Spielen nicht eingebrochen sind», meint Hildebrand.
Die beiden Wahl-Hamburgerinnen will er trotz deren Aufwärtstrends nicht gleich zu WM-Favoritinnen erklären. «Sie werden jetzt von keinem Team mehr unterschätzt», sagt der Sportdirektor. «Die entscheidende Frage ist: Wie werden sie mit der veränderten Erwartungshaltung und dem Druck umgehen?»
Neben Müller/Tillmann haben sich die ebenfalls in Hamburg trainierenden Sandra Ittlinger/Isabel Schneider, Karla Borger/Julia Sude (Stuttgart/Friedrichshafen) und Chantal Laboureur/Sarah Schulz (Stuttgart) nach jeweils guten Ergebnissen auf der neuen Beach-Pro-Tour für das WM-Teilnehmerfeld qualifiziert.
«Ziel ist es, in Rom mit zwei Teams mindestens die Top Ten zu erreichen», nennt Hildebrand als Vorgabe für die vier Frauen-Teams. «Es kann sogar auch sein, dass ein Team ganz durchkommt, also bis ins Halbfinale.»
Wickler und Ehlers einziges Männer-Team in Rom
Bei den Männern ist die Auswahl an deutschen Weltklasse-Teams geringer. Nach dem Rücktritt des WM-Zweiten Julius Thole versucht sein Ex-Partner Clemens Wickler mit Nils Ehlers einen Neustart. Die beiden Hamburger sind das einzige deutsche Männer-Team in Rom. Platz neun und besser wäre für Hildebrand ein Erfolg.
Er nennt diese nach-olympische Saison «ein Übergangsjahr, ein Entwicklungsjahr». Der Unterschied zu anderen olympischen Zyklen: diesmal sind es nur drei Jahre bis zu den nächsten Spielen in Paris 2024. «Wir haben da einen klaren Plan, dass wir am Ende des 100-Meter-Sprints gut sind und nicht schon am Start durch die Decke gehen», meint Hildebrand. «Natürlich nehmen wir herausragende Ergebnisse wie den Sieg von Svenja und Cinja in Ostrava gern mit. Das zeigt uns, dass wir da auf dem richtigen Weg sind.»
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