24. November 2024

Sport Express

Express-Sport direkt aus der Arena

Mit «Ratgeber» Szalai – Ungarn hofft auf Coup gegen DFB-Elf

Adam Szalai erlebt eine denkwürdige Saison. Nicht nur wegen der Corona-Pandemie. In Mainz wurde für ihn sogar gestreikt. Nun will Ungarns Kapitän eine EM-Sensation gegen Löw & Co. schaffen.

Mit «Adi» versteht sich Roland Sallai bestens. «Adi», der mit vollem Namen Adam Szalai heißt und Kapitän der ungarischen Fußball-Nationalmannschaft ist, und Sallai bilden das Sturmduo beim Co-Gastgeber der EM.

Der eine, also «Adi», versucht die Bälle an vorderster Front zu halten. Der andere, Sallai, versucht mit Tempo die Räume zu nutzen. Getroffen haben sie bei dieser Endrunde in elf Ländern aber beide noch nicht.

Nach einem Schlag auf den Hinterkopf musste Szalai gegen Weltmeister Frankreich (1:1) sogar frühzeitig vom Platz. Für das Gruppenfinale am Mittwoch (21.00 Uhr/ZDF und Magenta TV) in München gegen Deutschland ist der Bundesligastürmer des FSV Mainz 05 aber einsatzbereit.

73-maliger Nationalspieler ein Fixpunkt der Ungarn

Trotz überschaubarer technischer Veranlagung ist Szalai, 73-maliger Nationalspieler und 23-maliger Torschütze, ein Fixpunkt der Mannschaft. Nationaltrainer Marco Rossi bezeichnete ihn neben Peter Gulacsi, Willi Orban und Sallai auch als «Schlüsselspieler».

«Adam ist ein sehr wichtiger Spieler mit viel Erfahrung aus der Bundesliga. Er hat aber auch viel international gespielt, weswegen er als Kapitän der Mannschaft sehr viel gibt. Für die jungen Spieler ist Adam ein wichtiger Ratgeber», sagte Ungarns Rekordnationalspieler Gabor Kiraly, der bei der EM 2016 in Frankreich noch an Szalais Seite spielte, der Deutschen Presse-Agentur.

Willi Orban lobt DFB-Elf

Damals kamen die Ungarn sogar ins Achtelfinale, wo gegen Belgien Endstation war. Bei dieser Endrunde hat es aber schon die Gruppe F in sich. «Es gab für mich noch nie eine schwerere Gruppe bei einer EM», befand Innenverteidiger Orban von RB Leipzig und lobte die deutsche Mannschaft als die «kompletteste» in der Vorrunde. Szalais vor dem EM-Start geäußerte Marschroute dürfte für Ungarn auch diesmal der Schlüssel sein. «Wir müssen uns auf die Defensive konzentrieren und im Ballbesitz mutig sein», sagte der 33-Jährige.

Harakiri wird den Ungarn in der Münchner EM-Arena nichts bringen. Thomas Doll sieht die Magyaren gegen Joachim Löws Mannschaft ohnehin deutlich im Nachteil. «Gegen Ungarn wird es eine klare Sache: weil die Mannschaft jetzt weiß, dass sie in dieser Formation tollen Angriffsfußball spielen kann, und weil Ungarn zwar zweimal leidenschaftlich verteidigt hat, dies aber über eines nicht hinwegtäuschen darf: Sie wurden getragen von der Atmosphäre in Budapest. Insgesamt haben sie weniger Qualität», sagte Doll, der jahrelang Ferencvaros in Budapest betreute, dem «Kicker».

Szalai in München schon mehrfach erfolgreich

Szalai kennt das Münchner Stadion bestens. Für Mainz und die TSG 1899 Hoffenheim hat er in der Arena des FC Bayern München schon getroffen. Für die Mainzer sogar zu einer Zeit, als Anfang der 2010er noch Thomas Tuchel Trainer war, der mittlerweile mit dem FC Chelsea die Champions League gewonnen hat, Lewis Holtby ein Gesicht der «Bruchweg Boys» war und Bo Svensson noch auf dem Rasen verteidigte.

Svensson ist mittlerweile Trainer der Mainzer, für die Szalai eine Achterbahnsaison erlebte. Nach einem Streit mit dem damaligen Coach Achim Beierlorzer wurde der wuchtige Angreifer suspendiert, auf Druck seiner Mitspieler, die in einen Trainingsstreik traten, schließlich jedoch wieder begnadigt. Am Ende stand nach einer furiosen Aufholjagd doch noch der Klassenerhalt.

Die ganze Situation sei schon «etwas Spezielles» gewesen, erinnerte sich Szalai, dessen Vertrag beim FSV in wenigen Tagen ausläuft. Man sei in lockeren Gesprächen, ganz ohne Druck, sagte Sportvorstand Christian Heidel der Mainzer «Allgemeine Zeitung».

Die Ungarn wollen bei der Endrunde noch eine Weile bleiben. Schließlich lockt ein reizvolles Achtelfinale. Der Dritte aus der Gruppe F könnte am Sonntag gegen die Niederlande in Budapest spielen. «Adi» würde das riesig freuen.

Von Martin Moravec, dpa