22. November 2024

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«Mehr drin»: Wellbrock wird Vierter – Noch zwei Gold-Chancen

Lange sieht es nach der zweiten Medaille für die deutschen Beckenschwimmer in Tokio aus. Einen Tag nach dem dritten Platz seiner Verlobten Sarah Köhler verpasst Florian Wellbrock Bronze knapp.

Mit einem weißen Handtuch über der Schulter hatte es Florian Wellbrock nach seiner Olympia-Enttäuschung ganz eilig, zum Ausschwimmen zu kommen. Trotz knapp verfehlter Medaille als Vierter nahm der Doppel-Weltmeister sein erstes Tokio-Finale als Mutmacher für die Goldvorhaben.

Bei der WM habe er schließlich «ein deutlich schlechteres 800-Meter-Rennen gemacht», sagte der 23-Jährige am Tag vor dem Vorlauf über seine Spezialstrecke 1500 Meter Freistil an diesem Freitag (13.23 Uhr).

Vor zwei Jahren krönte er sich nach seinem Vorlauf-Aus über die 800 Meter Freistil vier Tage später im 1500-Meter-Rennen zum historischen Doppel-Weltmeister. Nun schrammte Wellbrock bei einer packenden Olympia-Premiere über 800 Meter nur um 35 Hundertstelsekunden am erhofften Edelmetall vorbei.

Blick nach vorne

Bei den beiden anstehenden olympischen Aufgaben über 1500 Meter im Becken und zehn Kilometer im Freiwasser zählt der Langstreckenspezialist zu den Goldfavoriten. Das nächste große Ziel ist das Finale auf der längsten Becken-Distanz am Sonntag. «Da muss ich dann noch mal alles reinwerfen», sagte Wellbrock.

Wenige Minuten zuvor hatte er fast regungslos im Wasser verharrt, während seine Konkurrenten neben ihm ihre Medaillen feierten. Wellbrock pustete ein paar Mal durch und haderte mit seinem vierten Rang. «An sich habe ich mich gut verkauft. Es ist halt nur der vierte Platz, der ärgerlich ist», sagte er. Bundestrainer Bernd Berkhahn stellte fest: «Florian hätte das Rennen schnell machen müssen von Anfang an. Das wäre sein Vorteil gewesen. Den hat er hergeschenkt. Da war mehr drin.»

Seine deutsche Rekordzeit von 7:41,77 Minuten aus dem Vorlauf hätte im Finale zu Gold und damit einen Tag nach Bronze für Wellbrocks Verlobte Sarah Köhler zur zweiten Medaille für die deutschen Beckenschwimmer gereicht. Doch Wellbrock schlug nach 7:42,68 Minuten an. «7:42 ist immer noch die zweitschnellste Zeit, die ein Deutscher jemals geschwommen ist», sagte Wellbrock. Für ihn wäre es «wahrscheinlich schöner», wenn er damit Fünfter geworden wäre. Rang vier «schmerzt natürlich».

Amerikaner Finke siegt

Am Tag des letzten Rennens vor großer Weltöffentlichkeit von Lagenschwimmer Philip Heintz und eines Staffel-Weltrekords sicherte sich etwas überraschend der Amerikaner Robert Finke den Olympiasieg in Wellbrocks Rennen. Der 21-Jährige legte einen beeindruckenden Schlussspurt hin. Silber holte Gregorio Paltrinieri aus Italien, Bronze der Ukrainer Michailo Romantschuk.

Paltrinieri, der in der Vorbereitung an Pfeifferschem Drüsenfieber erkrankt war, ging das Rennen schnell an und lag lange vorne. Wellbrock überholte ihn jedoch und führte, als es auf die letzten 50 Meter ging. «Normalerweise müsste ich den Paltrinieri auf den letzten 50 im Griff haben. Das hatte ich heute nicht, was das Ganze noch ein bisschen ärgerlicher macht», sagte Wellbrock über seinen Konkurrenten, mit dem er sich regelmäßig austauscht.

Mit dem analytischen Blick des Coaches, der Wellbrock in Magdeburg trainiert und zu einem Weltklasse-Schwimmer geformt hat, sagte Berkhahn: «Florian hat seine Grundschnelligkeit nicht genutzt und ist das Rennen in der ersten Hälfte zu ruhig angegangen.» Der 50-Jährige ergänzte: «Jetzt gilt es, das Geschehen aufzuarbeiten und sich im Kopf auf das nächste Rennen auszurichten.»

Olympia-Karriere von Heintz endet

Anders als für Wellbrock endete für Heintz die olympische Karriere an diesem Morgen im Tokyo Aquatics Centre. Der 30-Jährige schaffte es als 13. der Halbfinals in 1:58,13 Minuten nicht in den Endlauf. «Das ist jetzt definitiv das letzte Rennen für mich auf der großen Bühne gewesen», sagte der Heidelberger und resümierte im Rückblick auf seine Karriere: «Es war sehr, sehr schön, ich würde es jederzeit wieder genauso machen.» Die deutschen Freistil-Frauen belegten über 4 x 200 Meter den sechsten Platz. Dem chinesischen Sieger-Quartett gelang in 7:40,33 Minuten ein Weltrekord.

Das schaffte Caeleb Dressel bei seinem Sieg über 100 Meter Freistil nicht. Seine erste Einzel-Goldmedaille bei den Sommerspielen in olympischer Bestzeit von 1:47,02 Minuten feierte der 24-Jährige dennoch ausgelassen mit nach oben gereckten Fingern auf der Leine im Becken. Über 200 Meter Brust gewann der Australier Izaac Stubblety-Cook Gold, über 200 Meter Schmetterling bei den Frauen siegte die Chinesin Zhang Yufei.

Von Thomas Eßer und Christian Kunz, dpa