21. November 2024

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Löw simuliert gegen Dänemark EM-Ernstfall

Auch ohne das Königsklassen-Siegertrio des FC Chelsea und weitere Topkräfte ist der Testlauf gegen Dänemark für das Nationalteam extrem wichtig. Im Fokus stehen Müller und Hummels. Ein Bayern-Profi meldet sich für einen Spezialauftrag.

Joachim Löw will was sehen, schon gegen Dänemark. Beim ersten von nur zwei EM-Probeläufen achtet der Bundestrainer auch auf kleine Details, um neben dem Rummel um das alles überstrahlende Doppel-Comeback von Thomas Müller und Mats Hummels bei allen im Fußball-Nationalteam die Sinne zu schärfen.

Am Mittwoch (21.00 Uhr/RTL) soll in Innsbruck mit einem überzeugenden Länderspiel-Auftritt eine EM-Aufbruchstimmung erzeugt werden und zugleich die nächste wichtige Vorbereitungsstufe auf das letzte Turnier in der Langzeit-Ära von Löw gezündet werden. «Fortschritte» in allen Bereichen wünscht sich der Bundestrainer: «Die Mannschaft soll sich festigen und Wettkampfpraxis sammeln.» Außerdem, so ergänzte sein Assistent Marcus Sorg zum Kampf um die Plätze in der EM-Elf gegen Auftaktgegner Frankreich, sei es nun «wichtig, dass man einen gewissen Kern herauskristallisiert».

Turnier-Simulation geplant

Es ist darum alles andere als ein x-beliebiges Testspiel. Löw plant auch ohne wichtige Kräfte wie Toni Kroos, Leon Goretzka und Ilkay Gündogan sowie die frisch gekrönten Champions-League-Sieger Kai Havertz, Timo Werner und Antonio Rüdiger eine Turnier-Simulation. Für das Abschlusstraining ging es darum auch vom Teamhotel auf dem Seefelder Plateau hinunter ins Inntal. Löw setzte die Einheit im eine halbe Stunde Fahrzeit entfernten Innsbrucker Tivoli Stadion an und nicht auf dem wenige Fahrrad-Minuten entfernten Trainingsgelände.

«Man will die Spieler sensibilisieren und auf die Wertigkeit hinweisen», erläuterte Co-Trainer Sorg die überraschende Maßnahme. Es geht gegen die Dänen halt nicht nur um Erkenntnisse, sondern um mehr. «Eine Dynamik und Entwicklung in einer Mannschaft wird immer unterstützt durch positive Ergebnisse», sagte Sorg, der aber auch ergänzte: «Das Maß aller Dinge ist der EM-Start gegen Frankreich.»

101. Länderspiel für Müller

Routinier Hummels betonte ebenfalls die Wertigkeit des vorletzten Turniertests: «Es ist ganz wichtig, dass wir da nicht locker eine Trainingseinheit absolvieren wollen, sondern direkt so rangehen, wie wir bei der EM spielen wollen.» Für den 32-jährigen Dortmunder wird es ein spezieller Abend, ebenso für Kumpel Müller.

«Die Testspiele werden ein Herantasten sein. Wir haben Ansprüche, auch da schon gute Leistungen abzuliefern», sagte der 31-jährige Müller. Der Bayern-Angreifer will in seinem 101. Länderspiel gleich «das einbringen, was mich in den letzten Jahren stark gemacht hat». Antreiben, Tore vorbereiten und schießen, eine Führungskraft sein.

Kompaktheit in der Abwehr gefordert

Auch auf Hummels wird sehr genau geschaut werden. Der Abwehrchef gab verbal die Richtung vor: «Wir wollen ab der ersten Minute die gleiche Intensität, die gleiche Qualität auf den Platz bringen, wie es dann am 15. Juni gegen Frankreich beim Turnier sein soll.» Gerade die Abwehr kommt gegen Dänemarks EM-Team um den Leipziger Angreifer Yussuf Poulsen und den Dortmunder Thomas Delaney auf den Prüfstand. «Dänemark wird ein guter Gradmesser für uns», bemerkte Sorg.

Löw hob einen Arbeitsauftrag besonders hervor: «In der Defensive waren wir häufig anfällig. Wir haben aus verschiedenen Situationen heraus Tore bekommen. Das ist eine wichtige Geschichte.» Im Training wurde darum an den Basics gearbeitet, an Kompaktheit, am richtigen Lösen von Eins-zu-eins-Situationen und dem Zweikampfverhalten.

Löw zu Gast im Kanzleramt

«Da müssen wir uns verbessern», mahnte der Bundestrainer, der noch vor dem Start in die Vorbereitung für sein letztes Turnier in Berlin zu einem Essen bei Angela Merkel im Kanzleramt war. Beide, Merkel (66) und Löw (61), starten bald in ein komplett neues Leben – ohne Verantwortung für das Land (Merkel) bzw. die Fußball-Nation (Löw).

Der Langzeit-Bundestrainer muss beim ersten Länderspiel seiner Abschiedstournee personell improvisieren, weil ihm der komplette 26-Mann-Kader noch nicht zur Verfügung steht. Hummels dürfte darum im Abwehrzentrum den Gladbacher Matthias Ginter an die Seite gestellt bekommen. Wunschkandidat Rüdiger, dem Hummels das Prädikat «Weltklasse» anheftete, wird wie die übrigen Königsklassen-Finalisten erst Donnerstag nach Tirol kommen. Bayern-Angreifer Serge Gnabry sorgt sich wegen der zahlreichen Absenzen nicht: «Es sollte bis zum Turnierauftakt hinhauen, dass wir ein eingespieltes Team haben.»

Der Bayern-Block

Gnabry ist Teil des Bayern-Blocks, auf dem viele Hoffnungen ruhen, gerade auch offensiv. Mit Müller und Leroy Sané will er schon gegen Dänemark für Schwung und Tore sorgen. Gnabry möchte dabei – anders als im Verein – bei seinem ersten Turnier die Rolle ganz vorne drin übernehmen. Ein klassischer Mittelstürmer fehlt dem DFB-Team.

«Wenn man keinen Lewandowski oder Haaland vorne drin hat, ist es ein anderes Spiel», meinte Gnabry. Er möchte dabei «einen Stoßstürmer imitieren und viele Tore schießen». Gnabrys Quote von 15 Toren in 20 Länderspielen klingt dabei durchaus verheißungsvoll für die EM.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Deutschland: Neuer (Bayern München/35 Jahre/98 Länderspiele) – Klostermann (RB Leipzig/24/12), Ginter (Borussia Mönchengladbach/27/38), Hummels (Borussia Dortmund/32/70), Gosens (Atalanta Bergamo/26/5) – Kimmich (Bayern München/26/53), Can (Borussia Dortmund/27/33) – Sané (Bayern München/25/28), Müller (Bayern München/31/100), Volland (AS Monaco/28/10) – Gnabry (Bayern München/25/20)

Dänemark: Schmeichel (Leicester City/34 Jahre/63 Länderspiele) – Maehle (Atalanta Bergamo/24/8), Christensen (FC Chelsea/25/40), Kjaer (AC Mailand/32/105), Wass (FC Valencia/32/28) – Höjbjerg (Tottenham Hotspur/25/40), Delaney (Borussia Dortmund/29/52) – Eriksen (Inter Mailand/29/106) – Braithwaite (FC Barcelona/29/48), Wind (FC Kopenhagen/22/6), Poulsen (RB Leipzig/26/52)

Schiedsrichter: Weinberger (Österreich)

Von Klaus Bergmann und Jens Mende, dpa