Es soll doch sein großes Jahr werden – das von Charles Leclerc. Der Fahrer-Titel soll endlich wieder den Weg nach Maranello finden, und Leclerc will ihn dorthin bringen.
2007 gewann zuletzt ein Pilot im Ferrari, Kimi Räikkönen war es. Der Finne beendete seine Karriere in der Formel 1 im vergangenen Jahr, mit 42 Jahren. Allein das belegt, wie lange die Scuderia schon auf den nächsten Triumph wartet.
Fernando Alonso, einst Michael-Schumacher-Bezwinger 2005 und 2006 im WM-Kampf, scheiterte bei Ferrari als zweimaliger Champion. Sebastian Vettel kam mit vier WM-Titeln zur Scuderia und ging mit vieren auch wieder. Leclerc, er ist es, der es schaffen soll. Und Zweifel hat er trotz der deprimierenden Pech- und Pannenserie zuletzt nicht. Auf die Frage, wo er sich am Ende dieses Jahres sehe, antwortete Leclerc der italienischen Zeitung «La Republicca» vor dem Großen Preis von Kanada unmissverständlich und kurz und knapp: «Als Weltmeister, basta.»
«Wir haben zuletzt harte Schläge erlitten»
Zweifel sind aber durchaus angebracht. Die jüngsten Schwierigkeiten stellen die Titeltauglichkeit des Ferraris infrage, die Zuverlässigkeit ist das Problem. «Zeit sich zu erholen», titelte bereits «Tuttosport». «Wir haben zuletzt harte Schläge erlitten», befand Leclerc. Vor allem er.
Von den vier ersten Startplätzen aus, die Leclerc sich zuletzt sicherte, konnte der 24 Jahre alte Monegasse nicht einen Sieg einfahren. Der zweite Platz in Miami war ja noch irgendwie verkraftbar, auch wenn dort Titelverteidiger und Rivale Max Verstappen siegte. Was dann folgte, waren ein Ausfall nach Pole in Spanien, Platz vier nach Pole beim Heimrennen in Monaco und ein Ausfall in Aserbaidschan nach Pole. Macht gerade mal 30 Punkte in den vier Rennen statt 100 im Idealfall nur für die Platzierung.
Dabei fing die Misere schon vorher an, beim Ferrari-Heimrennen in Imola. Nur Platz sechs, während Verstappen im Sprint- und im Hauptrennen siegte. Leclercs Vorsprung im WM-Klassement von 46 Punkten begann zu schmelzen. Mittlerweile hat Leclerc 34 Zähler Rückstand auf Verstappen, auch dessen Teamkollege Sergio Perez ist noch vor ihm im Klassement mit 13 Punkten mehr. Sie seien zu Beginn der Saison, als Leclerc zwei der ersten drei Rennen gewann, nicht euphorisch geworden, und jetzt seien sie nicht am Boden zerstört, meinte Teamchef Mattia Binotto.
«Ich weiß, was es bedeutet zu gewinnen»
So nüchtern wie der Ingenieur werden es die heißblütigen Tifosi nicht sehen. So nüchtern konnte auch Leclerc die jüngsten Rückschläge nicht wegstecken, auch wenn der smarte Monegasse stets die Contenance zu wahren versuchte. «Ich weiß genau, wie es sich anfühlt und was es bedeutet, zu gewinnen», sagte Leclerc «La Republicca»: «Es ist eines der wenigen Dinge, die mich glücklich machen.»
Viermal erst erlebte er die Siegeremotionen, bei 15 Poles eine eher überschaubare Quote. 70 Tage wird sein letzter Sieg – am 10. April in Melbourne – an diesem Sonntag her sein, wenn der Große Preis von Kanada in Montréal (20.00 Uhr MESZ/Sky) beginnt.
Dass allein schon seine Anreise nicht unproblematisch verlief, passt dabei auch noch ins Bild. Nach der Enttäuschung von Baku sei er am Montag nach Hause zurückgekehrt. Dann sei aber sein Flug von Nizza nach Paris verspätet gewesen, und Leclerc verpasste den Flieger nach Montréal. «Ich bin aber pünktlich und gesund angekommen», berichtete er.
Und so dürfte auch er rechtzeitig die Tornado-Warnung auf sein Handy bekommen haben. Der ehemaligen Olympiastadt in Nordamerika soll auch noch ein unruhiger Samstag bevorstehen, nachdem am Donnerstag die Boxengasse bereits unter Wasser gestanden hatten. Damit es tatsächlich sein Jahr wird, muss Charles Leclerc noch so manche Herausforderung meistern.
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