Bester deutscher WM-Torschütze, heimlicher Kapitän und Vorbild für die jungen Spieler – seinen Status als aktuell wichtigster Angreifer im deutschen Eishockey-Team erarbeitete sich Nico Sturm im Schnelldurchlauf.
Nach nur zehn Länderspielen des bereits 28 Jahre alten NHL-Stürmers der San Jose Sharks lässt sich sagen: Ohne den Stanley-Cup-Sieger von 2022 wäre die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes bei der Weltmeisterschaft in Finnland und Lettland wohl nur halb so gut.
«Nico ist absolut professionell in der Vorbereitung, im Kraftraum. Wir sehen es in den Besprechungen, wie fokussiert er ist in der Vorbereitung. Er ist wirklich ein Vorbild für alle bei uns», sagte Bundestrainer Harold Kreis vor dem letzten Gruppenspiel am Dienstag (11.20 Uhr/Sport1 und MagentaSport) gegen Frankreich. Dann dürfte der Augsburger wieder eine entscheidende Rolle spielen, wenn der Viertelfinal-Einzug perfekt gemacht werden soll.
Klare Worte und Kritik
Als der Leader schlechthin neben dem eigentlichen Kapitän Moritz Müller schwor Sturm das deutsche Team auf die letzte Pflichtaufgabe in Tampere vor dem Start der K.o.-Runde ein. «Wir müssen zu dieser ungewohnten Zeit bereit sein», forderte Sturm. «Das wird auch wieder sehr unangenehm. Wir wollen mit einem guten Gefühl in ein Viertelfinale gehen.»
Schon das gesamte Turnier über spricht Sturm auch unangenehme Dinge an und kritisiert auch mal die Mitspieler. Seiner Rolle im Team schadet das nicht. Denn Sturm überzeugt auch mit Leistung auf dem Eis wie kaum ein anderer. Wie schon in seiner gesamten bisherigen Karriere überzeugt der Spätzünder zudem mit harter Arbeit. «Der Nico macht es einem relativ einfach. Er marschiert immer», sagte Sturms Angriffspartner Alexander Ehl (Düsseldorf).
Sein uneitles Spiel kommt an im Team. «Ich muss nicht jedes Spiel einen Scorerpunkt machen und es war auch kein schlechtes Spiel, wenn ich mal nicht auf dem Spielberichtsbogen stehe», sagte Sturm zuletzt – um sich bei der WM mit fünf Treffern aus bislang sechs Spielen direkt mal zu Deutschlands aktuell bestem Torschützen zu mausern. «Ich meine, auch ohne die Tore ist er als Typ und die Art und Weise, wie er zum Spiel beiträgt, eine große Bereicherung für unser Team», lobte Kapitän Müller.
Bully-Spezialist überragt gegen Ungarn
Beim 7:2 gegen Ungarn entschied Sturm das Spiel praktisch im Alleingang. Beim Stand von 1:0 im zweiten Drittel entschärfte der Bully-Spezialist eine fünfminütige Unterzahl mit wichtigen Puck-Gewinnen und indem er immer wieder wichtige Zeit von der Uhr nahm. Nach der überstandenen Unterzahl entschied sein Tor-Doppelpack noch vor der Drittel-Sirene dann die Partie.
Auch danach gab es wieder Klartext von ihm: «Meine Tore hier sind ja keine Zaubertore. So verdiene ich mein Geld, mit solchen Toren. Und nicht, weil ich anfange, jetzt irgendwelche Leute auszutanzen.»
Harte Arbeit auf dem Eis und schnörkelloses Spiel lernte Sturm in Nordamerika. In Deutschland spielte er nie, da er sich nie so recht zugetraut hat, Profi zu werden – was ihm tatsächlich auch erst mit 24 gelang. Am College in den USA spielte er eigentlich auch nur, um sich damit das Studium zu finanzieren. Der sehr reflektierte Profi erkannte aber schnell, dass er es mit bestimmten Fähigkeiten – etwa am Bully-Punkt oder mit konsequenter Defensivarbeit – bis in die NHL schaffen würde. Dies gelang schließlich. Und wie.
Sechs-Millionen-Dollar-Vertrag in San Jose
2022 gewann er mit Colorado den Stanley Cup und unterschrieb anschließend einen Sechs-Millionen-Dollar-Vertrag in San Jose. Voller Ehrfurcht spricht auch NHL-Weltklassestürmer Leon Draisail nun über seinen Landsmann: «Er hat Knochenarbeit geleistet, um eine feste NHL-Größe zu werden.»
Mit der Nationalmannschaft und Sturm hatte es bis April trotzdem nie geklappt. Entweder war er in Nordamerika gebunden oder verletzt. Erst in diesem Jahr passte es zur WM. Im April gab er in der Vorbereitung in Landshut gegen Österreich sein Debüt im DEB-Trikot. Sehr zur Freude von Bundestrainer Kreis und Sturms Mitspielern im Nationalteam.
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