Unter grauem Himmel beobachtete Bruno Labbadia am Sonntagvormittag das Training des VfB Stuttgart. Immer wieder redete er mit seinem Assistenten, mit einzelnen Spielern oder blickte auf seine Uhr. Wie lange noch?
Die Gespräche der Vereinsführung über Labbadias sportliche Zukunft als Trainer des Fußball-Bundesligisten blieben bis zum Mittag ohne verkündbares Ergebnis. Trotz der Spekulationen um seinen Abschied war der 57-Jährige am Morgen nach dem 0:3 beim 1. FC Union Berlin noch im Amt.
«Wir führen weiterhin Gespräche», sagte Vorstandschef Alexander Wehrle am Mittag der Deutschen Presse-Agentur. Wie Sportdirektor Fabian Wohlgemuth war Wehrle am Tag nach dem nächsten Rückschlag auf dem Clubgelände. Die Zusammenarbeit mit Labbadia dürfte zentrales Thema in der Aufarbeitung der nun schon siebten Niederlage der vergangenen neun Liga-Spiele gewesen sein. Eine Analyse, in der es «um alle Dinge» gehe, hatte Wohlgemuth zuvor angekündigt.
Wohlgemuth: «Werden nicht beim Untergang zuschauen»
Fast unmittelbar nach dem Auftritt in Köpenick verbreiteten sich Medienberichte über das vermeintlich bevorstehende Aus von Labbadia. Die Aussagen von Wohlgemuth hörten sich nicht nach einem klaren Dementi an. «Wir werden nicht untätig sein und beim Untergang zuschauen», sagte Wohlgemuth stattdessen. «Nicht untätig sein, heißt hart arbeiten und aus den dann folgenden Spielen Punkte zu sammeln.» Auf die Nachfrage, ob das mit Labbadia passieren solle, entgegnete er: «Erstmal Punkte zu sammeln.»
Viel Zeit zum Handeln haben die Verantwortlichen nicht. Mit dem Viertelfinale am Mittwoch im DFB-Pokal beim Zweitligisten 1. FC Nürnberg wartet schon vor dem Abstiegsduell beim VfL Bochum am Ostersonntag gleich die nächste Bewährungsprobe.
Labbadia betrat am Sonntagvormittag gemeinsam mit dem noch angeschlagenen Stürmer Serhou Guirassy, dem großen VfB-Hoffnungsträger im Abstiegskampf, den Rasen für die lockere Einheit der Ersatzspieler. Christian Gentner, Leiter der Lizenz-Spielerabteilung beim VfB, schaute zeitweise am Trainingsgelände vorbei. Auf dem Clubgelände wurde auch Vizepräsident Rainer Adrion gesichtet.
Stuttgarts erschreckende Bilanz
Labbadia probiert sich schon als dritter Trainer der Schwaben in dieser Saison, die Sorgen sind seit Beginn der Spielzeit immens. Pellegrino Matarazzo hatte gehen müssen, nachdem der VfB nicht eins der ersten neun Saisonspiele gewann. Ein kurzzeitiger Aufschwung mit Michael Wimmer reichte dem Interimstrainer nicht zur Beförderung.
«Wir haben drei Trainer, alle mit einem sehr unterschiedlichen Profil. Das heißt, den Alleinschuldigen werden wir nicht finden», betonte Sportdirektor Wohlgemuth. Nur ein Sieg aus elf Spielen in der Liga unter Labbadia sagt viel aus, sieben Niederlagen aus den neun vergangenen Partien erst recht. Seit dem 0:1 gegen den VfL Wolfsburg vor zwei Wochen ist der VfB Letzter, tabellarisch steht der VfB unter ihm noch schlechter da. Nun misslang mit der Pleite beim Champions-League-Kandidaten Union Berlin auch noch der Auftakt in die alles entscheidende Phase nach der Länderspielpause.
VfB präsentiert sich gut, Belohnung bleibt aus
Der erhoffte Labbadia-Effekt blieb aus. Der 57-Jährige war im Dezember mit dem Ruf gekommen, Mannschaften vor dem Abstieg retten zu können. Auch mit dem VfB hatte er in seiner ersten Amtszeit zwischen 2010 und 2013 den Klassenerhalt geschafft. Jetzt rückt der dritte Abstieg des fünfmaligen deutschen Meisters seit 2016 immer näher.
«Tabellenletzter, da ist es nun mal so, dass es Kritik hagelt. Da sieht keiner, was positiv ist», sagte Labbadia. Seine Mannschaft hatte eine Halbzeit lang überzeugt, sich aber nicht belohnt und die Chancen nicht genutzt. «Man kann nicht behaupten, dass man keine gut eingestellte Mannschaft gesehen hat heute. Trotzdem haben wir keine Argumente.»
Am Ende liege es nicht immer nur am Trainer, sagte Torhüter Fabian Bredlow. Er sei nicht die Mannschaft, sondern nur ein Spieler und er wolle mit Labbadia weitermachen. «Jeder ist jetzt gut beraten, auch heute nach dem Spiel vor der eigenen Haustüre zu kehren und zu schauen, was er besser hätte machen können», sagte Bredlow: «Es ist die Art und Weise, die uns zu denken geben muss.»
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