22. November 2024

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La Pura Defensiva? – Costa Rica will auch angreifen

Costa Rica weiß, wie kleine Fußball-Wunder gehen. Die Chancen-Sparer aus Mittelamerika dürften das WM-Spiel gegen Deutschland mit einem Defensiv-Bollwerk angehen - und dem Prinzip Hoffnung nach vorn.

Pura Defensiva statt Pura Vida? Nicht nur! «Deutschland ist eine Mannschaft, die viele Chancen kreiert, und wenn wir sie schlagen wollen, müssen wir auch mehr kreieren», sagte Costa Ricas Fußball-Ikone Bryan Ruiz der Deutschen Presse-Agentur vor dem alles entscheidenden Spiel ums Weiterkommen in der Gruppe E an diesem Donnerstag (20.00 Uhr MEZ/ARD und MagentaTV) im Al-Bait-Stadion.

«Sollten wir tatsächlich ins Achtelfinale einziehen, dann wäre es wohl eine Sensation wie 2014, als wir Italien geschlagen und England zu einem Unentschieden gezwungen haben», meinte Starkeeper Keylor Navas in einem Interview des Redaktionsnetzwerks Deutschland: «Wir werden uns teuer verkaufen und wir werden wie die Stiere kämpfen, um unserem Land viel Glück und Freude zu bereiten.»

Die Ticos wissen, wie kleine Fußball-Wunder gehen

Dass der Außenseiter mit zwei Punkten mehr in der Gruppe E und als Dritter vor dem DFB-Team sogar die faktisch erstmal besseren K.o.-Runden-Chancen hat, hätte vorher wohl niemand gedacht. Ein Sieg und das kleine Land mit gerade mal fünf Millionen Einwohnern flippt zur Kaffee- und Kuchen-Zeit aus. Ein Remis kann sogar reichen, dann ist Costa Rica aber abhängig vom Ausgang der Partie Spanien gegen Japan.

Und die Ticos wissen, wie kleine Fußball-Wunder gehen. «Ich denke, wir fühlen uns stärker», sagte Ruiz, 37 Jahre alt und schon beim sensationellen Vorstoß von Costa Rica bei der WM 2014 bis ins Viertelfinale dabei. Er meinte die besondere Dramaturgie der WM 2022 für Costa Rica: 0:7 zum Auftakt gegen Spanien, Wiederauferstehung durch das 1:0 gegen Japan.

Vielleicht auch deswegen herrschte eine recht entspannte und lockere Atmosphäre auf dem Trainingsplatz zwischen zwei Minaretten inmitten Dohas am Morgen nach der Gewissheit, die Vorrunde noch überstehen zu können und dem eigentlichen Kapitän Ruiz womöglich noch eine oder gar mehr WM-Zugaben zu ermöglichen. Beim Ausscheiden ist seine Karriere beendet, einen Tag vor dem Finale in Katar hat er in Costa Rica sein Vereinsabschiedsspiel angesetzt.

Überzeugung drei Punkte mitnehmen zu können

Sie müssten aufhören, klein zu denken, hatte Ruiz vor der Abreise zur WM betont. Gesetzt ist er nicht mehr, er sieht sich als Helfer vor allem für die nachrückende Generation um den 18-jährigen Jewison Bennette. Der offensive Mittelfeldspieler lobte Deutschland als Mannschaft von großer Qualität. «Aber in unserer Mannschaft sind wir überzeugt, dass wir ein gutes Spiel machen und die drei Punkte mitnehmen können.»

Was forsch klingen mag, erzählen die Costa Ricaner recht unaufgeregt. Sie glauben an sich, erst recht wieder nach dem Sieg über Japan. Ihr Psychologe Felipe Camacho, den der WM erfahrene kolumbianische Trainer Luis Fernando Suárez bei der Übernahme des Teams nach einer bis dahin eher schlecht als recht verlaufenen WM-Qualifikation im Sommer 2021 mitgebracht hatte, lässt die Profis von den großen Dingen träumen. «Die Person, die kein Ziel hat, weiß nicht, wo sie hingehen soll», sagt er.

Paul Wanchope, der in Deutschland vor allem als Doppeltorschütze beim WM-Eröffnungsspiel (2:4) des Sommermärchen 2006 in Erinnerung geblieben ist, fand das nach der Klatsche gegen Spanien «riskant und bis zu einem gewissen Grad verantwortungslos». Was aber auch immer Camacho den Profis nach der Auftaktpleite sagte, es half. «La Sele» hat sich geweigert, sich nach den sieben Toren zu zerfleischen», schrieb die «Tico Times».

Francisco Calvo wegen zwei Gelben Karten gesperrt

Und so spielten sich die Costa Ricaner bei dieser Einheit vor dem Duell mit Deutschland bestens gelaunt die Bälle zu, klatschten sich ab und freuten sich einfach über den neuen Tag: La Pura Vida, das reine Leben, wie das Motto auf Costa Rica lautet.

Das gilt auch für Navas. Der bald 36-Jährige, über dessen Trikotgeschenke von PSG sich die junge Generation immer diebisch freut, plauderte noch entspannt mit einem aus dem Trainerstab. Gegen Deutschland braucht der in die Jahre gekommene Torhüter einen seiner Glanztage von 2014.

Das weiß auch Chefcoach Suárez, der es sich zunächst auf einem Klapphocker in der knalligen Sonne bequem machte. Dieser 62 Jahre alte Kolumbianer, der auf Bestehen der Mannschaft immer seine roten Schuhe bei den Spielen trägt, hat auch schon deutsche WM-Erfahrungen gesammelt. Er trainierte unter anderem schon Ecuador und Honduras. Und mit Ecuador traf er 2006 auch auf den Gastgeber, verlor aber 0:3. Gegen Costa Rica gab’s dasselbe Ergebnis.

Suárez muss in der Partie nun auf einen wichtigen Spieler verzichten. Francisco Calvo fehlt, er ist wegen zwei Gelben Karten gesperrt. Der 30 Jahre alte defensive zentrale Mittelfeldspieler könnte durch Juan Pablo Vargas ersetzt werden.

Jens Marx, dpa