Wem Jürgen Klopp im Champions-League-Finale die Daumen drückt, ist nicht bekannt. Doch als selbst ernanntem «The Normal One» ist ihm das Geschäftsgebaren von Manchester City mindestens mal suspekt.
«Sie haben das beste Team der Welt und holen den besten Stürmer auf dem Markt. Egal, was es kostet, sie machen es einfach», sagte der Trainer des FC Liverpool. Es gebe «Clubs im Weltfußball, die finanziell machen können, was sie wollen», meinte Klopp: «Es ist legal und alles in Ordnung, aber sie können machen, was sie wollen.»
Geschätzt rund zwei Milliarden Euro hat Manchester City seit der Übernahme 2008 durch Scheich Mansour und die Abu Dhabi United Group für Transfers ausgegeben. Die 60 Millionen Euro für Stürmerstar Erling Haaland vor der Saison fielen da kaum noch ins Gewicht. Seitdem gewannen die Cityzens siebenmal die Premier League, dreimal den FA Cup, sechsmal den Ligapokal – aber nie die Champions League. Diesen Sehnsuchtstitel will das Team von Trainer Pep Guardiola im Endspiel am kommenden Samstag (21.00 Uhr/ZDF und DAZN) in Istanbul gegen Außenseiter Inter Mailand endlich holen.
Fans sprechen von «Zeitenwende»
Für die Fan-Interessengemeinschaft «Unsere Kurve» wäre es jedoch «ein durch finanzielles Doping unredlich erkaufter Sieg», wie Vertreter Dario Minden der Deutschen Presse-Agentur sagte: «Man City steht symbolisch für den Ausverkauf des Fußballs und die Ohnmacht des Sports, seinen soziokulturellen Wert zu beschützen. Es wird einfach nur dem Geld hinterhergerannt.» Martin Endemann von der Fan-Organisation «Football Supporters Europe» würde von einer «Zeitenwende» sprechen, sollte einer der Vereine den Königsklassen-Titel holen, «die de facto im Besitz von Staaten mit zweifelhaften Menschenrechtsbilanzen sind».
Zur Wahrheit gehört aber auch: Finalgegner Inter Mailand befindet sich in den Händen einer Investoren-Familie aus China. Und Fußballfans in Asien, Afrika oder Nord- und Südamerika kümmern die Machenschaften im Hintergrund meist deutlich weniger. Die von Man City lässt die Premier League dagegen gerade genau unter die Lupe nehmen.
Noch immer untersucht eine unabhängige Kommission den schweren Vorwurf, Man City habe jahrelang gegen die Finanzregeln der englischen Topliga verstoßen. Es geht um mehr als 100 Fälle zwischen 2009 und 2018. Den Cityzens werden von der Liga unkorrekte Finanzinformationen «insbesondere in Bezug auf ihre Einnahmen (einschließlich Sponsoring-Einnahmen), ihre verbundenen Parteien und ihre Betriebskosten» vorgeworfen.
Im schlimmsten Fall droht dem englischen Meister der Ausschluss aus der Liga. Angesichts dessen und aufgrund der Anzahl der Vorwürfe und der Dauer der Ermittlungen sprechen Beobachter von einem beispiellosen Vorgang in der Liga-Geschichte. Und anders als bei der zweijährigen Europacup-Sperre durch die UEFA 2020, die der Club durch den Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof Cas verhindern konnte, gibt es diesmal wohl keine Hintertür. Die Entscheidung dieser Kommission kann Medienberichten zufolge durch den Cas nicht angefochten werden.
Guardiola von Unschuld überzeugt
2020 war Manchester ursprünglich wegen «ernsthafter Verstöße» gegen die Regeln des Financial Fair Play zwischen 2012 und 2016 von der UEFA bestraft worden. Damals habe der Club seine Unschuld bewiesen, sagte Guardiola, und das werde er auch diesmal tun: «Ich bin vollkommen überzeugt, dass wir unschuldig sind.» Er vertraue den Verantwortlichen. Und wenn auch er getäuscht wurde? «Ich habe zu ihnen gesagt: „Wenn ihr mich anlügt, bleibe ich nicht hier. Dann bin ich raus“», berichtete Guardiola von einem Gespräch mit den Club-Bossen. Es gehe nicht einfach nur darum, die Champions League zu gewinnen, sondern die Dinge auf eine saubere Art zu erledigen.
Doch genau daran gibt es Zweifel. Seit dem Einstieg der Scheichs aus Abu Dhabi geht es sportlich zwar steil bergauf mit dem einstigen Mittelklasse-Club – doch zu welchem Preis? Man City wurden Tricksereien bei den Bilanzen, regelwidrige Millionenprovisionen an Spielerberater, Dreiecksgeschäfte bei Verpflichtungen von minderjährigen Fußballern und tiefe Verbindungen zur politischen Ebene im Emirat vorgeworfen. Der Club bestritt all das, doch das Image hat kräftig gelitten. Manchester City steht bei vielen traditionsbewussten Fans für all das, was sie am Profifußball kritisieren: Sportswashing, Maßlosigkeit, Wettbewerbsverzerrung.
Zur Kritik zählt auch, dass Manchester als wichtigster Teil der City Football Group als eine Art «Krake» im Weltfußball agiert. Die Abu Dhabi United Group besitzt auf alle Kontinente verteilt inzwischen 13 Fußballclubs und hält Partnerschaftsabkommen mit zahlreichen anderen Vereinen. Es ist ein Imperium, Geld spielt bei den Clubbesitzern keine Rolle. «Niemand kann in dieser Hinsicht mit City mithalten», sagte Klopp.
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