Dafür, dass er nach eigenen Worten «eigentlich tot» war, wirkte Gabriel Clemens nach dem Darts-Krimi von London wieder total lebendig.
Das hochemotionale 4:3 des nationalen Primus gegen den Waliser Jim Williams ließ nicht nur Fußball-Star Thomas Müller jubeln, sondern weckte in Darts-Deutschland mal wieder ein paar Träume vom ganz großen Wurf im «Ally Pally».
Nicht nur die 750 lautstarken Deutschland-Fans im Londoner Alexandra Palace stellen sich nun die Frage: Kann es dieser Gabriel Clemens nach seinem Achtelfinal-Einzug nun so weit schaffen wie kein Deutscher zuvor bei der WM? Dafür fehlt tatsächlich nur noch ein Sieg.
Lob vom Primus
Auch Primus Gerwyn Price war vom «German Giant» begeistert – und sinnierte schon über ein mögliches Viertelfinal-Duell an Neujahr. «Er hat die drei Legs seines Lebens gespielt. Jim war obenauf, so habe ich Gabriel noch nie gesehen. Er hat unter Druck geliefert. Vielleicht treffe ich ihn schon bald», sagte der Waliser Price bei DAZN.
Nüchtern gesehen hat Clemens zwar gegen die Nummer 37 (William O’Connor aus Irland) und die 77 der Welt (Williams) nur seine Pflicht erfüllt. Emotional ist es schon jetzt viel mehr, was auch am dramatischen Spielverlauf der Drittrunden-Partie lag.
«Ich war eigentlich tot, habe es dann irgendwie geschafft, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Ich habe ein paar gute Momente gehabt», beschrieb der 39 Jahre alte Clemens die heiklen Momente, als er gegen Williams zwischenzeitlich mit 2:3-Sätzen und 0:2-Legs zurücklag. Der Waliser hatte im sechsten Satz sogar einen Matchdart, vergab diesen aber. Danach kippte das ganze Spiel.
Nun muss Williams abreisen, während Deutschlands Nummer eins nach dem beeindruckenden Comeback weiter um dickes Preisgeld und riesiges Prestige spielt. «Ich bin sprachlos, gerade mit dem Bull-Finish am Ende. Gaga hat so Nerven gezeigt», lobte Profi Max Hopp seinen Kollegen.
Warten auf den Achtelfinal-Gegner
Außer Clemens, der dies nun schon zum zweiten Mal schafft, hat noch kein Deutscher das WM-Achtelfinale erreicht. Und die Chancen für eine weitere Runde stehen gut, schließlich trifft Clemens nun auf den schottischen Außenseiter Alan Soutar. Dieser hatte Mitfavorit Danny Noppert (Niederlande) nach 0:2-Rückstand mit 4:2 besiegt. «Im Achtelfinale kommt kein Schlechter mehr», betonte Clemens.
Auch Bayern-Profi Müller riss das ständige Auf und Ab vor dem Fernseher mit. «Was für ein geiles #Darts Match von Gabriel Clemens», schrieb der 33-Jährige bei Twitter. Clemens wird im «Ally Pally» immer mehr zu einem Spezialisten für solche Darts-Krimis: 2021 schlug er erst Weltmeister Peter Wright mit 4:3, bevor er gegen den Polen Krzysztof Ratajski in packender Art und Weise mit 3:4 unterlag.
Und nun das. Clemens war zwar noch verschwitzt und ausgelaugt, sagte dann aber schnell: «Der Ruhetag reicht schon, um runterzukommen. Jetzt noch ein paar Interviews. Morgen früh ist alles wieder ganz normal.»
Immerhin der Reisestress ist nun vorbei. Für die Feiertage an Weihnachten war Clemens noch einmal vorübergehend ins Saarland gereist. Nun bleibt er so lange in London, bis das Turnier für ihn beendet ist.
Auch an seinem Ruhetag am Mittwoch plante «Gaga» einen Besuch im Alexandra Palace, diesmal als Unterstützung seines Landsmanns Martin Schindler bei dessen Duell mit dem englischen Weltklassespieler Michael Smith. «Ich drücke Martin natürlich die Daumen. Er war mit mir hier, nun begleite ich ihn», sagte Clemens.
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