Das Olympiastadion ist ausverkauft. Mehr als 74.000 Fans. Flutlicht. Und dann ist da diese unerfüllte Sehnsucht nach einem lauen Abend Ende Mai. Eben dort. Dem Finale-Zuhause. Für Herthas ohnehin maximal aufgewühlte Fußball-Seele steht mit dem Viertelfinale im DFB-Pokal gegen den 1. FC Kaiserslautern eine große Prüfung an – und eine riesige Chance.
«Da ist eine große Vorfreude. Da ist natürlich dieses gewisse Kribbeln», sagte Sportdirektor Benjamin Weber vor der Partie gegen den Zweitliga-Konkurrenten am Mittwoch (20.45 Uhr/Sky).
Erstmals seit acht Jahren können die Berliner wieder das Pokal-Halbfinale erreichen. Damals verwehrte Borussia Dortmund mit einem 0:3 den letzten Schritt zum Endspiel. Näher waren sie dem Finale noch nie, seit es 1985 fix in die Hauptstadt vergeben wurde, als deutsches Wembley. Die sensationelle Final-Teilnahme der Hertha-Amateure 1993 gegen Bayer Leverkusen (0:1) ist eine angenehme, skurrile Club-Anekdote, mehr aber eben auch nicht. «Es ist erstmal so, dass der Traum weiterlebt», sagte Weber.
Bernsteins Tod als großer Schatten
Doch die Hertha gibt es im Januar 2024 nicht ohne das große Aber. Noch liegt der plötzliche Tod von Präsident Kay Bernstein vor zwei Wochen wie eine Blei-Decke schwer über dem Club. Die Fans werden dem verehrten Chef wieder Gedenken. Bernstein hatte die Aussicht auf einen historischen Cup-Gewinn oder aber eben zumindest die Finalteilnahme am 25. Mai als wundervolle Verheißung beschrieben. Jetzt sind seine Worte auch ein Auftrag.
Das Profi-Geschäft geht ohnehin weiter. Das wissen die Hertha-Bosse, das weiß auch Trainer Pal Dardai und das weiß die Mannschaft. Bei Terminen wie der Pressekonferenz vor dem Spiel wird über Bernstein nicht gesprochen. Das wirkt wie ein Selbstschutz. Dardai hat die schwierigen Tage feinfühlig moderiert und doch den Fokus nicht verloren. Seine nach außen manchmal schroffe, tief drinnen aber sensible Art ermöglichte den richtigen Mix.
Tor-Garanten Reese und Niederlechner vor Comeback
Ausgerechnet vor dem Lautern-Duell musste er passen. Ein Infekt musste noch auskuriert werden. Sein Assistent Tamás Bódog, der ihn bei der Pressekonferenz vertrat, wählte den kauzigen Duktus seines Chefs. «Wir erwarten nicht viel. Nur eine Sache, dass wir weiterkommen. Sieg.» Als Plus können die Berliner verbuchen, dass Fabian Reese (7 Tore, 12 Vorlagen) nach den Folgen einer Corona-Infektion und Florian Niederlechner (6 Tore) nach seiner Rot-Sperre wieder mitspielen können.
Bei Fan-Liebling Reese wird man zwar sehen müssen, wie lange die Kraft reicht. Für Berliner Ohren klingt all das aber schon verheißungsvoll. Nur ist das mit den sportlichen Ideen so eine Sache im Westen der Hauptstadt. Die Realität ist wankelmütig. Wie das 1:3 bei der SV Wehen Wiesbaden am Samstag verdeutlichte. «Kindisch» habe man verteidigt, meinte Bódog.
Die letzte realistische Aufstiegschance dürfte verspielt worden sein. Doch das Pokal-Thema ist eh so riesig, dass die Rechenspiele bis mindestens nach Mittwochabend ruhen. «Wir wollen das Höchste erreichen – und das ist in der 2. Liga der Aufstieg. Aber wenn ich mich entscheiden müsste, dann der Pokalsieg», sagte Torwart Tjark Ernst. Und er lieferte auch die Begründung nach: «Das wäre etwas, was für immer bleiben würde. Das Finale im eigenen Stadion zu spielen und zu gewinnen, das würde auch jeder Hertha-Fan so unterschreiben.»
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