Es sind nur kurze Videoschnipsel wie der Kuss von Basketball-Star Dennis Schröder und seiner Frau nach dem gewonnenen WM-Titel im vergangenen Jahr, die von Zehntausenden Menschen auf der Online-Plattform Tiktok geklickt und gesehen werden. Ähnliche Clips von deutschen Sportlern wird es auch wieder bei der Fußball-Europameisterschaft und den Olympischen Spielen in Paris geben – nicht nur, aber auch auf Tiktok.
Längst haben der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und das deutsche Olympia-Team die Reichweite und das Potenzial von Tiktok erkannt. Der DFB und das Team D sind vor einigen Wochen sogar Partnerschaften unter anderem für die Heim-EM und Olympia eingegangen, um den Fans auf dem Portal zum Beispiel persönliche Einblicke zu gewähren. «Tiktok ermöglicht es uns, Reichweite und Engagement zu generieren und eine enge Beziehung zur Community aufzubauen», teilte der DFB mit.
Vor allem die sogenannte Generation Z – Menschen, die von den späten 1990er Jahren bis etwa 2010 geboren wurden – möchte man ansprechen. «Da nahezu alle Jugendlichen diese Plattform nutzen, sehen wir es als unabdingbar an, hier präsent zu sein, um diese Zielgruppe für den Fußball zu begeistern», hieß es vom DFB. Aus Sicht des Team D geht es darum, «die Begeisterung für den olympischen und paralympischen Sport noch nahbarer und erlebbarer für die Fans zu machen». Es gehe bei der Partnerschaft um Aufmerksamkeit und Reichweite, erklärte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB). «Geld fließt dagegen nicht.»
Tiktok steht in der Kritik
Doch Tiktok ist nicht nur populär, sondern auch umstritten, weil es von Kritikern als chinesische Firma angesehen wird. Laut einem US-Gesetz hat der aktuelle Besitzer Bytedance rund ein Jahr Zeit, sich von Tiktok zu trennen, bevor die App aus App-Stores in den USA verbannt wird. Zur Begründung wird auf das Risiko verwiesen, dass China sich Zugriff auf Daten von Amerikanern verschaffen und politischen Einfluss ausüben könnte. Das Unternehmen wiederum betont, zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren zu sein und den Firmensitz auf den Cayman-Inseln in der Karibik zu haben. Allerdings hat Bytedance eine große Zentrale in Peking, und die chinesischen Gründer spielen eine wichtige Rolle.
Aus manchen Reihen der Politik hatte es für den DFB wegen der Medienpartnerschaft mit Tiktok Kritik gegeben. «Das Bundesamt für Verfassungsschutz sieht erhebliche Sicherheitsrisiken bei der Nutzung von TikTok und gleichzeitig wirbt die Fußballnationalmannschaft für die App», hatte Reinhard Brandl (CSU), Digitalexperte der Unionsfraktion, dem «Tagesspiegel» gesagt. Und der Sicherheitsexperte und Vize-Fraktionschef der Grünen, Konstantin von Notz, mahnte: «Dem DFB kommt hier zweifellos eine große Verantwortung und auch Vorbildfunktion zu.»
Allerdings postet nicht nur der deutsche Sport fleißig Beiträge auf Tiktok, sondern auch die Politik – darunter CSU und Grüne sowie ihre Spitzenpolitiker wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), die eigene Kanäle auf der Plattform haben.
Tiktok-Kooperation als Chance für Randsportarten
Der DFB entgegnete der Kritik und betonte, dass man sich «intensiv mit potenziellen Partnern im Vorfeld» auseinandersetze. Tiktok habe sich einem umfassenden sogenannten Due-Diligence-Prozess unterzogen. Kurz übersetzt: Eine mögliche Partnerschaft wurde sorgfältig überprüft. «Dies bildet die Grundlage für unsere Vertragsgespräche», hieß es.
Christoph Bertling vom Institut für Kommunikations- und Medienforschung an der Deutschen Sporthochschule in Köln sagte zwar, dass Tiktok «als intransparente Datenkrake» mit Vorsicht zu genießen sei. Eine öffentliche Empörung sieht er jedoch als gering an. «Immerhin gibt es zahlreiche Kooperationen und Verflechtungen mit Tiktok seitens Unternehmen und öffentlichen Institutionen. Dies ist meines Erachtens – wie in den USA – wenn überhaupt eine übergeordnete politische Debatte.»
Vor allem Randsportarten können durch Tiktok an Aufmerksamkeit gewinnen, wie Bertling erklärte. «Randsportarten leiden meist darunter, dass viele Menschen wenig über diese Sportarten und deren Akteure wissen. Durch kleine Kommunikationsschnipsel kann ein grundlegendes Interesse – gerade in jüngeren Zielgruppen – aktiviert werden. Über kleine Geschichten, Bildstorys können Menschen immer weiter in die Sportart kommunikativ reingezogen werden.» Kleine Geschichten eben wie der Kuss von Dennis Schröder und seiner Frau.
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