22. November 2024

Sport Express

Express-Sport direkt aus der Arena

«Kontinuität reinbekommen»: Rose löst Tedesco in Leipzig ab

Der Leipziger Marco Rose wird Coach beim besten Fußballclub seiner Stadt. Die Anstellung könnte sich nach einem turbulenten Jahr mit einem Titel und zwei Fehlgriffen trotzdem als Glücksfall erweisen.

Die zentrale Botschaft trug Marco Rose bei seinem Amtsantritt auf dem schwarzen T-Shirt. «Ohne Risiko gibt es keinen Sieg», war dort zu lesen.

Der Satz passt nicht nur perfekt zur Philosophie des neuen Trainers von RB Leipzig, sondern erst recht zu seinen ersten drei Spielen. So geht es in der Fußball-Bundesliga gleich gegen seine Ex-Clubs Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach. Und weil’s so schön ist, darf man zwischendurch in der Champions League bei Titelverteidiger Real Madrid antreten.

Vom Programm her hätte es sich Rose durchaus leichter machen können und seine bis Juni 2024 befristete Stelle beim Pokalsieger erst nach der Länderspielpause Anfang Oktober antreten können. «Es geht für mich nicht darum, wann der richtige Zeitpunkt ist, damit ich gut aussehe», sagte der 45-Jährige jedoch. Vielmehr will er nach seinem Aus im Mai in Dortmund sofort loslegen: «Ich hatte jetzt drei Monate frei, deshalb kann ich Stress ganz gut ab.»

Rose: «Kader ist nicht sonderlich groß»

Bestens erholt und gelaunt zeigte sich Rose am Donnerstagmorgen in Leipzig neben Clubboss Oliver Mintzlaff. Beim Urteil über die Mannschaft stichelte der gebürtige Leipziger gegen seinen am Mittwoch beurlaubten Vorgänger Domenico Tedesco. «Der Kader ist nicht sonderlich groß», urteilte Rose. «Es wird spannend sein, wie wir durch die nächsten intensiven Wochen kommen.» Tedesco hatte sehr viel wert auf einen kleinen Kader gelegt, um allen Spielern genügend Einsatzzeiten und damit gute Laune zu verschaffen.

Unter Rose bricht nun eine neue Zeitrechnung an. Auch symbolisch. Die überlebensgroße Nachbildung des DFB-Pokals vor der Clubzentrale, die an Tedescos und Leipzigs größten Erfolg erinnert, will Mintzlaff schleunigst abbauen lassen. «Das große Ding kommt jetzt mal weg, damit alle wissen, das ist wieder unser Brot-und-Butter-Geschäft», sagte der 47-Jährige. Heißt: In der Bundesliga mindestens Vierter werden und das Achtelfinale der Königsklasse erreichen.

Das steht auf Roses mittelfristigem Aufgabenzettel. Doch nach dem Verschleiß von zwei Trainern binnen neun Monaten betonte Mintzlaff auch, dass mit dem neuen Trainer Kontinuität in den Club kommen soll. Rose sei «der perfect fit, weil er mit unseren Grundsätzen deckungsgleich ist». Der Coach soll wieder schnellen, dynamischen und attraktiven Fußball spielen lassen. Das behäbige Quergeschiebe unter Tedesco waren die Bosse längst leid. Eine Entwicklung, wie Mintzlaff betonte, die schon während der erfolgreichen Rückrunde missfiel.

Erste Gespräche nach Frankfurt-Debakel

Am Samstag telefonierten Mintzlaff und Rose erstmals nach dem 0:4 in Frankfurt miteinander. Nach dem 1:4 gegen Donezk rief der Geschäftsführer spät am Dienstagabend noch einmal an und der umworbene Trainer sagte zu. Mit der Familie war alles abgeklärt, was Rose wichtig war. «Ich habe eine sehr hohe Identifikation mit meiner Stadt. Ein paar Dinge werden sich jetzt verändern. Ich werde an Ergebnissen gemessen», sagte Rose. Die Leute werden auf ihn zukommen oder seine Tochter in der Schule angesprochen werden.

Einen Bonus hat der neue Mann an der Linie auf jeden Fall. Sogar beim bisweilen ungeduldigen Chef. «Selbst, wenn wir mit zwei Niederlagen starten, werde ich nicht in der Mixed Zone von einem beschissenen Start reden», sagte Mintzlaff. Mit jenen Worten hatte er den Saisonauftakt von Tedesco mit zwei Unentschieden kommentiert und die Trainer-Diskussion erst in Gang gebracht.

Nun betonte Mintzlaff, er habe «keine Erwartungshaltung für die drei Spiele. Wir haben keinen Feuerwehrmann gesucht, sondern einen Trainer, der die Qualität aus der Mannschaft herausholt, die sie hat.» Zudem habe er am Mittwoch nach dem Aus von Tedesco zu den Spielern gesprochen: «Ich habe die Mannschaft in die Pflicht genommen und ihr gesagt, dass die Entlassung auch auf ihr Konto geht. Meine Erwartungshaltung ist nun eine Reaktion der Mannschaft.»

Von Tom Bachmann, dpa