Da schlenderte Philipp Kohlschreiber nun also in den größten Interviewraum der Australian Open, schaute sich erst einmal um und freute sich verschmitzt.
So komme er auch mal in den Genuss, hier zu sein – «nicht schlecht», sagte der Tennis-Routinier lächelnd, als er in Melbourne in den fast leeren Saal blickte. Kurzfristig war der Termin mit dem 38 Jahre alten Augsburger aus einem der kleineren Räume für Fragen und Antworten dorthin verlegt worden, wo normalerweise die Topspieler der Branche Platz nehmen. Doch irgendwie hatte es sich Kohlschreiber ja auch verdient.
Struff enttäuscht
Schließlich gewann er am zweiten Turniertag der Australian Open mit dem 6:4, 7:5, 7:6 (7:0) gegen den Italiener Marco Cecchinato nicht nur souverän sein Auftaktmatch. Und er war anders als der «riesig» enttäuschte Davis-Cup-Spieler Jan-Lennard Struff nach dem deutlichen 4:6, 3:6, 2:6 gegen den Niederländer Botic van de Zandschulp «tadellos» zufrieden. Kohlschreiber verbindet auch eine lange Geschichte mit dem Turnier und ist nach all den Jahren bei manchem in Australien in guter Erinnerung geblieben.
«Ich habe hier sicherlich ein paar tolle Momente für das Turnier mitgeschrieben oder auch für mich», erinnerte sich Kohlschreiber. Da war sein Sieg 2008 gegen die damalige Nummer sechs der Welt Andy Roddick aus den USA, es gab Auftritte gegen den Spanier Rafael Nadal.
«Der Herr, der mich hierher gebracht hat, der hat mich auch nach meinem ersten großen Erfolg gegen Andy Roddick noch begleitet, der lacht mich an, wo er vor der Umkleide gewartet hat und sagt: «Du bist der Wahnsinn. Wie beim ersten Tag kommst du raus eine Minute vor der Zeit»», erzählte er gut gelaunt: «Ich sag manchmal: «Man ist schon so lange dabei, dass man eigentlich nicht mehr wegzudenken ist.»»
In der Weltrangliste abgerutscht
Zum 68. Mal nimmt Kohlschreiber an einem Grand-Slam-Turnier teil, nur ganz wenige haben mehr. Zum 15. Mal tritt er bei den Australian Open an – und hat sich nun für Donnerstag eine Herausforderung gegen den an 15 gesetzten Roberto Bautista Agut gesichert.
Die größten Schauplätze seiner Sportart sind für den ehemaligen Top-20-Spieler aber keine Selbstverständlichkeit mehr. Auf Platz 134 der Weltrangliste ist Kohlschreiber abgerutscht. Spät rückte er ins Hauptfeld. Kohlschreiber hatte sich schon damit beschäftigt, erst im Februar in Doha ins Tennis-Jahr zu starten.
«Vollgas» bis Wimbledon
Doch natürlich ist er nun «happy», dass er die Chance auf den Einzug in die dritte Runde bekommt. Der Spanier Roberto Bautista Agut sei zwar «ein bisschen wie Nadal», meinte Kohlschreiber, weil auch er um jeden Punkt kämpfe. Doch völlig außer Reichweite scheint ein Sieg an einem guten Tag für ihn nicht zu sein, auch wenn es erst sein zweites Match seit Oktober in Indian Wells sein wird.
Auf der Tennis-Tour tritt Kohlschreiber inzwischen seltener auf. Er spiele nur noch die Turniere, auf die er Lust habe – und die Pandemie-Bedingungen nehmen ihm manchmal die Lust. Die Frage nach seinem Karriere-Ende stellt sich immer wieder. «Bis Wimbledon habe ich für mich entschieden, Vollgas zu geben», antwortete er: «Falls ich gutes und erfolgreiches Tennis spiele und Punkte mache und in Turniere noch reinkomme, auf die ich Lust habe, würde ich weitermachen.» Auch 2023? «Warum denn nicht?»
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