Die Freude über den ungemein wichtigen Sieg im Abstiegskampf hat den Schalkern nicht die Sinne vernebelt. Bei allem Jubel über das 1:0 gegen Mainz 05 ordneten sie den Erfolg vor dem Duell mit dem FC Bayern München realistisch ein.
«Im Endeffekt war es ein ganz kleiner Schritt. Wir stehen immer noch an letzter Stelle», sagte Offensivmann Marius Bülter. «Trotzdem tut es einfach mal gut, dieses Gefühl von einem Sieg wieder zu haben.» Gegen den Branchenprimus wartet vor der WM-Pause die schwerstmögliche Aufgabe. Auf die Ankündigung, nun eine Serie zu starten, verzichteten die Königsblauen deshalb.
«Es ist eine Weltklasse-Mannschaft», stellte Siegtorschütze Simon Terodde knapp fest, und Teamkollege Bülter sagte vorsichtig: «Wir brauchen einen guten Tag, die Bayern einen schlechten Tag – und dann ist da vielleicht auch was drin.»
Erleichterung bei Reis
Gerade auch angesichts der kommenden Aufgaben – die Gegner nach dem Bayern-Spiel sind die Champions-League-Achtelfinalisten Eintracht Frankfurt und RB Leipzig – war der Schalker Erfolg so bedeutsam. «Wir sind froh, dass wir die drei Punkte hier behalten haben, um zumindest den Anschluss zu halten», sagte Trainer Thomas Reis, der sich in seinem dritten Spiel mit Schalke über den ersten Sieg freuen durfte. Zwei Punkte liegen die Schalker noch hinter Hertha BSC auf dem Relegationsplatz.
Unter Reis hat sich das Gesicht des Teams gewandelt. Schalke spielt deutlich aktiver, setzt den Gegner früher unter Druck. Die Gelsenkirchener gewinnen die Bälle näher am gegnerischen Tor. Es geht schneller nach vorne, die Besetzung des Gegner-Strafraums ist Erfolg versprechender.
Reis setzt seinen Fußball-Stil durch. Immer mehr erinnert das Schalker Spiel an die Auftritte des VfL Bochum in der Vorsaison. Unter Reis sorgte der Schalker Ruhrgebiets-Rivale für Furore und schaffte souverän den Klassenerhalt. «Er lebt es vor, dieses aktive nach vorne verteidigen», sagte Bülter über den Coach. «Das gibt unserem Spiel viel. Wir sind deutlich mutiger. Ich denke, das ist einer der Gründe, warum es momentan besser läuft.»
«Jeder hat Spaß auf dem Platz»
Schon bei der 1:2-Niederlage bei Werder Bremen am Samstag erspielte sich Schalke zahlreiche Chancen, gegen Mainz war S04 ebenfalls klar besser. «Man hat was erkannt. Jeder hat Spaß auf dem Platz», sagte Terodde mit Blick auf die vergangenen Wochen. «Damit kann man sich identifizieren, und dann kommt jeder Spieler besser zur Geltung.»
Neben dem erkennbaren Plan und der wiederentdeckten Spielkultur stimmt der Einsatz. Die Fans honorieren das, unterstützten das Team zuletzt auch nach Niederlagen lautstark. Anders als in früheren Zeiten, in denen rund um den Rudi-Assauer-Platz gerne mal von eher unwahrscheinlichen Erfolgen geträumt wurde, scheint diesmal jeder verstanden zu haben: Es geht nur um den Klassenerhalt, es geht nur gemeinsam.
Bei allem Realitätssinn macht dieses Gefühl den Schalkern auch Mut für den Jahresabschluss gegen die großen Bayern. «Wenn wir das Zusammenspiel zwischen den Rängen und auf dem Rasen auch am Samstag hinkriegen, ist vielleicht was drin», sagte Bülter. Sein Trainer weiß auf jeden Fall, wie man den deutschen Fußball-Rekordmeister besiegen kann: Mit Bochum gewann Reis im Februar 4:2 gegen den FCB.
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