21. November 2024

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Kleine deutsche Lichtblicke bei Sarrazin-Coup in Kitzbühel

In Bormio und Wengen wurden die DSV-Abfahrer zuletzt blamiert. Auch auf der Streif reicht es nicht für weit vorn - doch es gibt Hoffnungsschimmer. Der Shootingstar aus Frankreich bleibt in Topform.

Deutschlands Abfahrer sind auch in Kitzbühel abgehängt worden – zwei Außenseiter haben dem zuletzt arg gebeutelten Speed-Team aber immerhin die nächste Blamage erspart. Dominik Schwaiger als 14. und Simon Jocher einen Platz dahinter betrieben auf der legendären Streif Schadensbegrenzung und konnten – anders als ihre erfahreneren Ski-Kollegen – vor zehntausenden Fans zufrieden abschwingen.

Beim Sieg des französischen Shootingstars Cyprien Sarrazin vor Florian Schieder aus Südtirol (+0,05 Sekunden) und dem Schweizer Weltcup-Dominator Marco Odermatt (+0,34) waren die DSV-Profis von einem Podestplatz freilich weit entfernt. Vor sechs Jahren hatte Thomas Dreßen noch im Tiroler Ski-Mekka triumphiert – am Samstag (11.30 Uhr/ARD und Eurosport) wird der von Verletzungen und Operationen gezeichnete und zermürbte Oberbayer seine Karriere bei der zweiten Hahnenkamm-Abfahrt beenden. Auf einen Start am Freitag verzichtete der Athlet des SC Mittenwald.

Jocher sorgt für eine kleine Überraschung

Als Ehrengast im Starthaus konnte sich Dreßen über die Fahrten von Schwaiger und Jocher freuen. Jocher (+1,36) feierte sein drittbestes Abfahrts-Ergebnis im Weltcup, in Kitzbühel schaffte er es noch nie so weit nach vorne. «Super happy» war der 27-Jährige nach der Überraschung und sprach von «Erleichterung, dass man mal wieder Fuß fassen kann da vorne».

Jetzt gelte es, «den Drive mitzunehmen», meinte Jocher. «Ich denke und hoffe, dass es der gesamten Mannschaft hilft, wenn der Dominik und ich da heute Gas geben.» Während er erst seine vierte Schussfahrt in Kitzbühel absolvierte, spielte Schwaiger (+1,35) seine Erfahrung von einem Dutzend Streif-Wettkämpfen aus – und das, obwohl er sich erst im November am Knie verletzt hatte. 

Bei den Teamkollegen herrschte indes Frust. Andreas Sander etwa – vor drei Jahren noch Fünfter und Sechster – landete auf dem desaströsen Platz 48, den er «schnell vergessen» will. «Schlimmer kann es nicht werden», haderte er vor dem zweiten Rennen am Samstag, bei dem er nun «mit einer anderen, einer Scheiß-drauf-Stimmung» antreten will. Auch die Routiniers Romed Baumann (37./+2,32) und Josef Ferstl (40./+2,60) sowie die jungen Luis Vogt (39./+2,44) und Jacob Schramm (50./3,43) verpassten die Punkteränge.

Sarrazin feiert vierten Podestplatz in Folge

Die Rivalen an der Spitze fahren derzeit in einer anderen Liga als die Deutschen – allen voran Sarrazin, der seinen zweiten Abfahrts-Saisonsieg und den insgesamt vierten Podestplatz in Serie feierte, sowie Odermatt. «Was Odermatt und Sarrazin machen, ist traumwandlerisch», meinte Baumann staunend. «Die kannst du um 3.00 Uhr in der Früh wecken und die fahren trotzdem noch alles auf Zug da runter.»

Das hatte im Januar 2018 auch Dreßen geschafft, als er die Streif eroberte. Am Samstag sagt der Familienvater dann auf der Piste Servus – ob es noch mal eine sportlich ambitionierte Fahrt oder doch eher ein Schaulaufen wird, das wusste der 30-Jährige nicht.

Seine Kollegen werden ihn vermissen, wie Sander einräumte. «Das hat mich emotional dann doch sehr getroffen», berichtete er von dem Moment, als Dreßen dem Team von seinem Rücktritt erzählte. «Wir werden sehen, wie es sich dann anfühlt ohne ihn. Er wird sicher eine größere Lücke hinterlassen, die wir dann versuchen zu schließen.»

Von Manuel Schwarz und Christoph Lother, dpa