Italiens Halbfinalisten tanzten ausgelassen auf dem Rasen und ließen sich von den Fans herzen, Kevin De Bruyne verharrte wenige Meter abseits der Jubeltraube mit leerem Blick. Die Squadra Azzurra ist im Stile eines Champions in das EM-Gigantenduell gegen Spanien eingezogen.
Im Fünf-Sterne-Viertelfinale gegen Belgien um den rechtzeitig genesenen De Bruyne gewann die Auswahl von Trainer Roberto Mancini in München nach dem großen Zittern im Achtelfinale diesmal überzeugend mit 2:1 (2:1). Der Erfolgscoach konnte sich nach dem Schlusspfiff am Spielfeldrand kaum retten vor lauter Gratulanten.
Mancini: «Wir haben den Sieg verdient»
Nach Treffern von Nicolò Barella (31. Minute) und Lorenzo Insigne (44.) schlugen die Roten Teufel vor 12.984 Zuschauern durch Sturmriesen Romelu Lukaku (45.+2) per Foulelfmeter zurück. Doch die cleveren Italiener ließen ihre Tifosi in Monaco di Baviera zu später Stunde mit dem 32. Spiel ohne Niederlage nacheinander das nächste Fußball-Fest feiern.
Am 6. Juli kommt es in London zum brisanten Kräftemessen zweier Fußball-Großmächte, die sich auch bei den vergangenen drei Europameisterschaften gegenüberstanden. Die als Goldene Generation gerühmte belgische Garde, die den Ausfall von Real-Madrid-Star Eden Hazard wegen einer Muskelverletzung wegstecken musste, wird sich auch bei dieser EM nicht mit einem Titel schmücken können.
«Wir haben den Sieg verdient. Es war ein außergewöhnliches Spiel von uns», sagte Trainer Mancini im italienischen Fernsehen. «Wir hatten kein Minimalziel für dieses Turnier, wir wollten so viel erreichen wie möglich. Es sind noch zwei Partien, wir werden sehen, was passiert. Jetzt genießen wir diesen Sieg, dann denken wir an den Gegner.» Ganz anders hingegen die Gefühlslage bei den Belgiern. «Das trifft uns hart, auch wenn wir wussten, dass es ein schweres Spiel wird», sagte Torhüter Thibaut Courtois, «es hätte so oder so ausgehen können, aber Italien hat verdient gewonnen.»
De Bruyne wieder in Belgiens Startelf
Fünf Tage nach dem 1:0-Sieg der Belgier im Achtelfinale gegen den entthronten Titelverteidiger Portugal stand Kevin De Bruyne wieder in der Startelf, konnte dem Spiel aber lediglich phasenweise den erhofften Stempel aufdrücken. Der Manchester-City-Star hatte in dem Spiel eine Verletzung am Sprunggelenk erlitten. Bei Italien, das zum Auftakt der K.o.-Spiele Österreich mit 2:1 nach Verlängerung bezwungen hatte, kehrte Kapitän Giorgio Chiellini nach überstandener Muskelverletzung zurück.
Vor dem munteren Auftakt im Heimstadion des FC Bayern München setzten die Spieler beider Teams ein Zeichen gegen Rassismus, indem sie niederknieten. Zudem war die Bandenwerbung einiger Sponsoren wieder mit Regenbogenfarben unterlegt.
Belgien startete mit mehr Angriffselan als Italien. Immer wieder suchten die Mannen um De Bruyne ihren Star-Angreifer Lukaku. Den ersten Torjubel aber gab es bei den Tifosi nach einem Freistoß und einen Treffer von Leonardo Bonucci. Die Freude aber hielt nur kurz, denn der Abwehroldie stand beim Treffer im Abseits, weshalb der Treffer nach Eingreifen des Videoschiedsrichters nicht anerkannt wurde.
Der Weltranglisten-Erste Belgien ließ sich davon auch nicht ausbremsen. Insbesondere De Bruyne strotzte vor Tatendrang. Einem Schuss in der 17. Minute ließ der Ex-Wolfsburger in der 22. Minute einen weiteren folgen, den Italiens Schlussmann Gianluigi Donnarumma ebenso entschärfte wie kurz darauf den Ball von Lukaku.
Italiens Spiel nach vorn wird belohnt
Wie die Belgier spielten auch die Italiener nach vorne, jedoch geduldiger. In einer Drangphase Mitte der ersten Hälfte belohnten sich die Azzurri mit der Führung. Nicolo Barella bestrafte in der 31. Minute einen Ballverlust Jan Vertonghen mit dem 1:0, indem er sich gegen drei Gegenspieler durchsetzte und mit einem wuchtigen Schuss Thibaut Courtois keine Chance ließ. Auf die Belgier wirkte dies vorübergehend wie ein Wirkungstreffer. Mitten in die kollektive Benommenheit stürmte Lorenzo Isigne (44.) von der linken Seite Richtung Strafraum und schlenzte den Ball sehenswert zum 2:0 ins Tor.
Dann aber zeigte Belgien eine starke Reaktion. Jéremy Doku, mit 19 Jahren und 36 Tagen jüngster Startelf-Spieler der Roten Teufel in einem K.o.-Spiel bei EM oder WM, flitzte wieselflink in den italienischen Strafraum und wurde gefoult. Den fälligen Elfmeter verwandelte Lukaku (45.+2) souverän. Es war der vierte Turniertreffer des Stürmers.
Nach Wiederanpfiff mühten sich die Roten Teufel um den Ausgleich, fanden aber keine Mittel gegen die gute Staffelung der Defensive und das frühe Stören des Spielaufbaus durch die Italiener. Als dann nach einer feinen Kombination über Doku und De Bruyne der Ball zu Lukaku kam und der abzog, rettete Verteidiger Leonardo Spinazzola (61.) dem Team von Roberto Mancini die Führung und wurde dafür von seinen Mitspielern gefeiert. Später musste der 28-Jährige verletzt raus. Dennoch standen die Italiener weiter defensiv sicher und gaben ihren Vorteil nicht mehr aus der Hand.
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