Wenn Tommy Haas sehr früh am Morgen oder spätabends die knapp zwei Stunden von Los Angeles nach Indian Wells fährt, stellt sich kurz vor dem Ziel dieses Gefühl ein: Entspannung.
Die stressigen Tage für die ehemalige Nummer zwei der Tennis-Welt stehen bei der Ankunft in der Wüstenstadt zwar immer erst noch bevor – als Turnierdirektor beim Masters-Turnier ist er für das Gelingen der Veranstaltung zuständig. Insbesondere diese erste Ausgabe seit Corona ist von besonderer Bedeutung, aber auch dieses Mal fühlt der 43-Jährige den Stadt-Stress abfallen. «Du hast hier die gewisse Ruhe, diese Anlage ist einfach wunderschön. Es ist eine der top Anlagen, die es gibt, in der Tenniswelt», erzählt er und blickt auf den Center Court.
Bei Profis und Fans gleichermaßen beliebtes Event
Dort unten sollten sie alle spielen im März 2020, wirklich jeder wollte dabei sein: Djokovic, Nadal, Federer, Williams, Osaka. Die jeweils 75 besten Spieler und Spielerinnen der ATP- und der WTA-Weltrangliste hatten gemeldet für den beliebten Wettkampf im Süden Kaliforniens, im vierten Jahr als Turnierdirektor «lief alles wie geplant», erzählt Haas von der Vorfreude. Und dann «waren wir das erste große Sportevent, das den Stecker aus der Dose gezogen und abgesagt hat. Und da hatten wir schon 99 Prozent der Spieler hier.»
Nun ist das bei Profis und Fans gleichermaßen beliebte Turnier im Süden Kaliforniens zurück, an einem ungewöhnlichen Termin im Herbst. Angelique Kerber ist dabei. Auch Olympiasieger Alexander Zverev trainiert seit einigen Tagen auf der Anlage, bevor er nach dem Freilos in Runde eins gegen Jenson Brooksby (USA) erstmals dran ist, und bekommt von den Zuschauern schon jetzt viel Aufmerksamkeit und bei manchem T-Shirt-Wechsel mehr Jubel als für einen gelungenen Schlag.
Wichtig, dass hier wieder Tennis gespielt wird
Die ganz großen Namen allerdings fehlen dieses Mal. Die Grand-Slam-Saison ist bereits vorbei, viele haben sich wegen Verletzungen oder mit Erschöpfung in die Winterpause verabschiedet. Trotzdem sagt Haas: «Es ist enorm wichtig für alle Menschen hier, dass auf dieser Anlage wieder professionell Tennis gespielt wird. Das war schon traurig die vergangenen eineinhalb Jahre.»
Er selbst sieht auch drei Jahre nach dem Karriereende fit aus wie eh und je, kein Bauchansatz drückt gegen sein rotes Poloshirt mit den Sponsorenlogos. Die Bartstoppeln im Gesicht sind etwas grau bei dem Hamburger, der seit seiner Kindheit in den USA lebt und seit Jahren neben dem deutschen auch den amerikanischen Pass hat. Das Familien-Zuhause ist inzwischen in Los Angeles, dort gehen die beiden Töchter zur Schule, dort sind die Eltern seiner Frau Sara.
Noch immer traut er sich zu, gegen die Spieler, für deren Wohlergehen er zuständig ist, mitzuhalten – allerdings nicht mehr für die Dauer eines ganzen Matches. «Wenn es hier ein Turnier geben würde, in dem man nur einen Satz spielen muss und hat am nächsten Tag Pause, dann könnte ich mir vorstellen, mich sechs Wochen vorher vorzubereiten und meinen Namen da reinzuwerfen», sagt er und grinst. «Aber nur dann.»
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