22. November 2024

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«Holzmedaille»: Biathleten in Staffel auf Platz vier

Bis zum letzten Schießen liegen die deutschen Biathleten aussichtsreich im Kampf um die Medaillen. Doch dann patzt Philipp Nawrath, muss in die Strafrunde - und am Ende wird es die «Holzmedaille».

Die deutschen Biathlon-Männer sind bei den Olympischen Winterspielen wie zuletzt 2010 ohne Staffel-Medaille geblieben.

Erik Lesser, Roman Rees, Benedikt Doll und Philipp Nawrath mussten sich bei den Winterspielen in China nach einer Strafrunde im letzten Schießen und neun Nachladern mit dem vierten Platz begnügen. Das Quartett des Deutschen Skiverbands hatte nach 4 x 7,5 Kilometern 1:04,3 Minuten Rückstand auf Olympiasieger Norwegen.

Silber sicherte sich in Zhangjiakou Frankreich, Bronze ging an das russische Team. «Es gibt diese drei Medaillen und wir haben die Holzmedaille», sagte Doll im ZDF. Als sich der unglückliche deutsche Schlussläufer Nawrath im Ziel enttäuscht auf seine Stöcke stützte und mit dem Kopf schüttelte, feierten um ihn herum die Medaillengewinner. Nawraths Patzer beim letzten Schießen inklusive einer Strafrunde kostete die Deutschen eine mögliche und sehnlichst erhoffte Medaille.

«Philipp hat sein Bestes gegeben. Die Position des Schlussläufers ist nicht so einfach», sagte Doll. «Heute ist ein typisches Beispiel für: Man gewinnt im Team und man verliert im Team.»

Langes Warten auf einen Titel

2014 hatte Deutschland in Sotschi Silber gewonnen, vor vier Jahren in Pyeongchang reichte es zu Bronze. Gold hatten die Skijäger zuletzt 2006 in Turin geholt und warten seit dem WM-Titel 2015 in Finnland auf einen weiteren großen Coup. Für die Biathleten bleibt es dabei nach acht von insgesamt elf Rennen bei einer Medaille. Gleich im ersten Einzelrennen hatte Denise Herrmann überraschend Gold über 15 Kilometer geholt. Am Mittwoch (8.45 Uhr MEZ) hat die Frauenstaffel in den Bergen nordwestlich von Peking die nächste Chance auf Edelmetall.

Bei minus 15,7 Grad ging Startläufer Lesser engagiert in das letzte Olympia-Rennen seiner Karriere. Der 33 Jahre alte Thüringer hatte bereits verkündet, dass er nicht mehr bis zu den Spielen in vier Jahren weitermachen wird. Er erhielt trotz seiner enttäuschenden Vorstellung als 67. im Einzel mit fünf Schießfehlern den Vorzug vor Johannes Kühn, der trotz eines Saisonsiegs nicht von Bundestrainer Mark Kirchner aufgestellt wurde. Beim ersten Schießen blieb Lesser fehlerfrei, beim zweiten musste er jedoch drei Mal nachladen.

Er habe am Tag zuvor «bei minus 21 Grad das Nachladen geübt, das ging ganz gut. Im Eifer des Gefechts habe ich zweimal den Schuss nicht reinbekommen. Das war ärgerlich, weil ich viel Zeit verdödelt habe», sagte Lesser. Als Zehnter ging er zurück auf die Strecke und übergab mit 40,9 Sekunden Rückstand als Achter an Roman Rees.

Auch der 28-Jährige aus Oberried leistete sich beim Liegendschießen keine Schwäche. Er schob sich zwar auf Platz fünf vor, doch der Rückstand auf die führenden Russen mit Alexander Loginow wuchs. Nach einem Nachlader beim Stehendschießen verkürzte Rees die Distanz zu den Verfolgern. Zur Hälfte des Rennens lag die russische Staffel mit mehr als 30 Sekunden Vorsprung auf Frankreich vorne.

Trotz Rückstand ein offenes Rennen

Doch es entwickelte sich ein packender Kampf und ein absolut offenes Rennen. Doll lief nach seinem ersten fehlerfreien Ausflug an den Schießstand auf Platz vier vor, musste beim zweiten ein Mal nachladen und schob sich auf den Bronze-Rang vor.

Die Russen schienen zu diesem Zeitpunkt enteilt, doch auch deren Schlussläufer Eduard Latypow erwischte wie Nawrath einen schwarzen Tag und gab die scheinbar komfortable Führung noch aus der Hand. Der Norweger Vetle Sjaastad Christiansen übernahm Platz eins und hielt seinen französischen Konkurrenten Quentin Fillon Maillet bis zum Ziel auf Distanz. «Am besten ist, er bleibt mental entspannt», hatte Rees noch über Nawrath gesagt. Doch der 29-Jährige aus Nesselwang zeigte ausgerechnet beim letzten Schießen Nerven. Drei Nachlader und eine Strafrunde bedeuteten das Aus im Kampf um Edelmetall.

Von Thomas Wolfer und Wolfgang Müller, dpa