Der Umgang ist schon einmal sehr rücksichtsvoll. Gleich beim ersten gemeinsamen WM-Auftritt verschlug der Amerikaner einen leichten Matchball und entschuldigte sich sofort.
Die Chinesin lächelte nur mild, ihre Geste drückte ein höfliches «Ist nicht so schlimm» aus. Einen Ballwechsel später hatten Kanak Jha (USA) und Wang Manyu (China) dieses Spiel locker gewonnen.
Dass vor 50 Jahren die sogenannte «Ping-Pong-Diplomatie» begann, wird bei den Tischtennis-Weltmeisterschaften in Houston in dieser Woche besonders gewürdigt. Damals näherten sich die Vereinigten Staaten und die Volksrepublik China auch mit Hilfe dieses Sports zum ersten Mal an. Die Erinnerung an dieses historische Ereignis ist einer der Gründe, warum eine Tischtennis-WM erstmals in den USA stattfindet. Die Chinesen schlugen dazu kurzfristig noch vor, zwei gemischte Doppel aus beiden Nationalteams zu bilden: Jha und Wang. Sowie Lin Gaoyuan (China) und Lily Zhang (USA), die im Mixed-Wettbewerb das deutsche Duo Dang Qiu/Nina Mittelham besiegten.
Ping-Pong-Diplomatie
«Fans aus beiden Ländern können nun dasselbe Doppel anfeuern. Das ist ein neues Kapitel der Ping-Pong-Diplomatie», sagte der chinesische Verbandspräsident und Atlanta-Olympiasieger Liu Guoliang.
Das historische Original begann 1971, als es zwischen Amerikanern und Chinesen noch keinerlei diplomatische Beziehungen gab. Im Koreakrieg hatten sich beide Länder bekämpft. Ideologisch waren sie ebenso verfeindet. In genau dieser Zeit fand eine Tischtennis-WM im japanischen Nagoya statt, bei der der US-Spieler Glenn Cowan eines Morgens versehentlich in genau den Shuttlebus stieg, der die chinesische Mannschaft vom Hotel zur Halle fuhr.
Eigentlich war den Chinesen damals jeder Kontakt mit US-Bürgern verboten, doch während dieser 15-minütigen Busfahrt begann zunächst der bekennende Hippie Cowan zu reden. Als Antwort darauf schenkte ihm der dreimalige chinesische Weltmeister Zhuang Zedong ein Seidentuch.
Bei «Forrest Gump» im Kino
An der Halle in Nagoya bekamen Fotografen mit, wie ein amerikanischer Spieler aus dem Bus der Chinesen stieg – und dann ging es erst richtig los. Die Amerikaner schlugen den Chinesen ein paar Freundschaftsspiele vor und die luden das US-Team noch während der WM nach China ein. In den folgenden Monaten besuchte erst Außenminister Henry Kissinger und 1972 auch der damalige US-Präsident Richard Nixon zum ersten Mal das Reich der Mitte. Die Ping-Pong-Diplomatie wurde später auch in dem Hollywood-Film «Forrest Gump» verewigt.
Zu Ehren dieser Ereignisse wurde am Rande der WM in Houston ein großes Dinner veranstaltet. Cowan starb bereits 2004, Zhuang 2013. Aber der Enkel von Richard Nixon war dabei. Thomas Weikert saß ebenfalls mit am Tisch. Der wahrscheinlich künftige Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes war bis zum zweiten Tag der WM noch Präsident des Tischtennis-Weltverbandes ITTF. Er war mit dabei, als Houston den Zuschlag für dieses Turnier erhielt und als die Chinesen die beiden gemischten Doppel vorschlugen. «Wir mussten erst mit den ITTF-Juristen abklären, ob ein solches Mixed von den Meldefristen und den Qualifikationskriterien her überhaupt möglich ist», erzählte der 60-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.
Weikert mag solche Geschichten mit Symbolkraft. Bei der Team-WM 2018 trieb er entscheidend mit voran, dass die süd- und nordkoreanischen Damenteams eine gemeinsame Mannschaft für das Halbfinale bildeten. Weikert weiß aber auch: So etwas wie die Ping-Pong-Diplomatie lässt sich nicht immer wiederholen. Fast immer sind die politischen Realitäten stärker. Das Verhältnis zwischen Nord- und Südkorea hat sich seit 2018 eher abgekühlt als entspannt. Und die USA und China werden ihre geopolitische Rivalität kaum danach ausrichten, wie weit Kanak Jha und Wang Manyu bei dieser WM kommen. Immerhin: Die Team-Weltmeisterschaft 2022 findet in Chengdu statt. Amerikaner und Chinesen bewerben sie in Houston gemeinsam.
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