Acht Jahre nach dem unschönen Karriere-Ende von Totilas ist der Reiter des berühmtesten Dressurpferdes der Welt wieder zurück im Nationalteam. Der Start bei der Heim-Europameisterschaft in dieser Woche ist für Matthias Alexander Rath das Ende der langen sportlichen Durststrecke.
«Ich freue mich sehr, nach langer Zeit wieder dabei zu sein», sagte der inzwischen 39-Jährige aus Kronberg vor den ersten EM-Ritten in Riesenbeck. Und ein wenig Totilas ist bei seinem Comeback auch dabei.
Rath reitet mit Thiago einen Sohn von Totilas, der als Wunderpferd in die Geschichte der Dressur eingegangen ist und für einen ungekannten Hype der Disziplin gesorgt hatte. «Es gibt viele Dinge, die hat er vom Papa», erklärte der Reiter – und schob nach: «Aber auch von der Mama. Er will sich zeigen.» Der zehnjährige EM-Hengst sei «etwas ganz Besonderes, denn Vater und Mutter kommen aus unserem Stall». Der Sohn von Totilas und Wahajama wurde auf dem heimischen Gestüt Schafhof «selbst gezogen und ausgebildet».
Gold als Ziel
Sportlich kann Rath nun mit dem Sohn des schwarzen Schönlings das erreichen, was ihm trotz des teuren Vaters nie gelungen ist: Gold. Ein internationaler Titel blieb dem Paar Rath/Totilas verwehrt. In der fünfjährigen Partnerschaft war der vermeintliche Gold-Garant häufig verletzt, lediglich Titel bei den deutschen Meisterschaften und Siege beim CHIO stehen in der Statistik.
Vor Rath hatte Totilas mit Edward Gal dreimal Gold bei der WM in den USA gewonnen und mehrere Weltrekorde aufgestellt. Anschließend hatten Paul Schockemöhle und Raths Stiefmutter Ann-Kathrin Linsenhoff den Hengst 2010 für geschätzte zehn Millionen Euro aus den Niederlanden nach Deutschland geholt. Angesichts des Preises und des Marketing-Aufwands der ersten Jahre nach dem teuren Transfer sind Silber und Bronze mit dem deutschen Team bei zwei Europameisterschaften eine äußerst schmale Ausbeute.
In seine letzte Prüfung ging das Pferd bei der EM 2015 in Aachen angeschlagen. Dass Totilas damals überhaupt an den Start kam, ist heftig kritisiert worden. Der Verband, die Verantwortlichen und der Reiter gaben damals kein gutes Bild ab. In der Hoffnung auf Gold wurde Totilas nicht ganz fit ins Viereck geschickt – doch das gewagte Experiment scheiterte.
Selbstkritische FN-Einschätzung
Dennis Peiler gab dazu jetzt als Sport-Geschäftsführer des deutschen Reit-Verbands FN eine selbstkritische Einschätzung ab: «Auch wir als Verband haben danach mehr darauf geschaut, welche Pferde beim Championat starten. Wir möchten Pferde dabeihaben, die über die Saison nachgewiesen haben, dass sie über mehrere Prüfungen hinweg belastbar sind.»
So wurde vor wenigen Wochen der leicht angeschlagene Fendi von Sönke Rothenberger (Bad Homburg) aus dem EM-Angebot genommen – und Ersatzreiter Rath rückte mit dem zehnjährigen Hengst Thiago nach. «Er hat sich da reingeritten», sagte Bundestrainerin Monica Theodorescu. Zu Totilas und zur EM 2015 wollte sie sich hingegen nicht äußern: «Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Dazu gibt es nichts mehr zu sagen.»
FN-Sportchef Peiler sagte: «Ich glaube, nicht nur der Verband, sondern auch die Familie hat viel dazugelernt, dass in erster Linie der Sport im Vordergrund steht und nicht die Vermarktung eines Pferdes.» Aus seiner Sicht war es für Rath «keine einfache Zeit nach diesem Ausnahmepferd», das 2020 gestorben ist. Aber in den acht Jahren seit dem unrühmlichen EM- und Karriere-Ende des Wunderpferds habe sich der Reiter «enorm weiterentwickelt.»
Weitere Nachrichten
Spaniens «wunderbare Mannschaft» fordert DFB-Elf
Pogacar über Gelbes Trikot überrascht: «Fühlt sich gut an»
Tedescos Belgier haben Spaß vor Achtelfinale