Michelle Obama war auch nach knapp einem halben Jahrhundert noch entrüstet. In ihrer Laudatio auf Billie Jean King erinnerte die frühere First Lady der USA jüngst an das aufsehenerregende Duell der Tennis-Ikone mit einem selbst erklärten «männlichen Chauvinisten».
«Es gab Leute wie Bobby Riggs, die lächerliche Aussagen gemacht haben wie: „Frauen gehören ins Schlafzimmer und in die Küche – in dieser Reihenfolge“», sagte die Ehefrau des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama Ende August bei den US Open im größten Tennis-Stadion der Welt. «Das waren seine exakten Worte, ob Sie es glauben oder nicht.»
Nicht nur der erfolgreiche Kampf von King um gleiches Preisgeld für Frauen beim Grand-Slam-Turnier in New York jährt sich dieses Jahr zum 50. Mal. Im selben Jahr stieg zwischen King und Riggs auch der sogenannte Battle of the Sexes, der Kampf der Geschlechter, der einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Gleichberechtigung im Tennis und im Sport allgemein darstellte.
Kampf um gleiche Bezahlung
Anfang der 1970er-Jahre kämpften viele Spielerinnen darum, wie ihre männlichen Kollegen bezahlt zu werden. Als King 1972 für ihren Sieg bei den US Open weniger als die Hälfte wie Herren-Champion Ilie Nastase erhielt, drohte sie mit einem Boykott für das folgende Jahr.
Bobby Riggs, früherer Weltranglistenerster und Wimbledonsieger, forderte daraufhin im Alter von 55 Jahren die Top-Spielerinnen heraus. Aus seiner Sicht waren Männer grundsätzlich überlegen und gleiche Preisgelder damit ungerechtfertigt. King lehnte zunächst ab. Die Australierin Margaret Court, damals beste Spielerin der Welt, willigte ein – und kassierte mit 2:6, 1:6 eine krachende Niederlage, die als «Muttertags-Massaker» in die Geschichte einging.
«Nun musste ich gegen ihn spielen», schreibt King im Buch «Trailblazers» zur Geschichte des Damentennis, «ich hatte keine Wahl.» Das Aufeinandertreffen am 20. September 1973 wurde vor mehr als 30.000 Zuschauern als große Show inszeniert. Vier Männer mit nacktem Oberkörper trugen King in einer Sänfte in den Astrodome von Houston, Riggs kam in einer Rikscha und präsentierte zu Beginn eine kanariengelbe Jacke mit der Aufschrift «Sugar Daddy». Es ging um 100.000 US-Dollar, für King stand mehr als das Geld auf dem Spiel.
«Ich dachte, dass uns das 50 Jahre zurückwerfen wird, wenn ich das Match nicht gewinne», erinnerte sie. «Es würde die Damen-Tour ruinieren und das Selbstwertgefühl aller Frauen beeinflussen.»
King zeigt Riggs die Grenzen auf
Im Match war Riggs überfordert, King sah ihren Gegner schnell nach Luft schnappen – die damals 29-Jährige gewann mit 6:4, 6:3, 6:3. Alleine in den USA sahen mehr als 50 Millionen Menschen zu, weltweit wurde die Zuschauerzahl auf 90 Millionen Menschen geschätzt. Kein Tennismatch hatte seitdem eine höhere Einschaltquote.
Gerüchte, dass er absichtlich verloren und auf seine eigene Niederlage gewettet habe, um damit Spielschulden bei der Mafia zu begleichen, verneinte Riggs noch kurz vor seinem Tod 1995. «Viele Menschen, besonders Männer, mögen es nicht, wenn Frauen gewinnen. Sie erfinden Geschichten», spottete King über derartige Spekulationen. «Es ist hart für ihre Egos.» Der Tennis-Kampf der Geschlechter ging auch in die Popkultur ein. 2017 wurde der Battle of the Sexes mit Emma Stone und Steve Carell in den Hauptrollen verfilmt.
Auch während ihres Auftritts bei einer Gala der Tennis-Ruhmeshalle vor gut einer Woche in Manhattan zum Abschluss der US Open erinnerte King noch einmal an dieses denkwürdige Ereignis. «Der Battle of the Sexes bedeutet mir sehr viel, weil ich wusste, welche Bedeutung er hatte und dass es um sozialen Wandel geht. Es ging nicht um Tennis», sagte die 79-Jährige. «Frauen konnten keine eigene Kreditkarte bekommen. Title IX war im Jahr vorher verabschiedet worden, und ich habe hart für Title IX gekämpft.»
Dieses Gesetz besagt, dass niemand in den Vereinigten Staaten aufgrund seines Geschlechts von der Teilnahme an Bildungsmaßnahmen ausgeschlossen werden darf, die vom Bund finanziell gefördert werden. Seit der Verabschiedung stieg die Zahl an Frauen im Hochschulsport exorbitant an.
Und auch im Tennis war King mit ihrem Kampf erfolgreich. 1973 führten die US Open als erstes Grand-Slam-Turnier gleiches Preisgeld für Frauen ein, die weiteren drei großen Turniere folgten im Laufe der Jahre.
Heute ist ihr Vermächtnis beim Turnier, das King 13-mal im Einzel, Doppel und Mixed gewann, immer noch deutlich zu spüren. Der Jubel, wenn sie winkend von ihrem Platz auf der Ehrentribüne eingeblendet wird, ist lauter als für alle andere Popstars. Auch in dem Moment, als Coco Gauff nach dem Finaltriumph ihren Scheck über drei Millionen US-Dollar entgegennahm, sich zum Mikrofon beugte und in Richtung von King sagte: «Danke, Billie, dass du dafür gekämpft hast.»
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