22. November 2024

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«Haben vor keinem Angst»: Deutsche Basketballer wollen mehr

Trotz zwei Vorrundenniederlagen stehen die deutschen Basketballer das erste Mal seit 1992 im Olympia-Viertelfinale. In der K.o.-Runde muss sich das Team von Bundestrainer Henrik Rödl gegen Slowenien steigern.

Die erste Viertelfinal-Teilnahme bei Olympia seit 29 Jahren soll für Deutschlands Basketballer trotz der schweren Aufgabe gegen Europameister Slowenien noch nicht das Ende sein.

«Ich glaube, dass wir gegen jede Mannschaft eine Chance haben. Wir müssen dann nur wirklich das allerbeste Spiel des Sommers raushauen», sagte Bundestrainer Henrik Rödl. Noch vor wenigen Wochen hatte kaum jemand daran geglaubt, dass es die Mannschaft ohne ihre erfahrenen NBA-Profis Dennis Schröder, Maximilian Kleber oder Daniel Theis überhaupt nach Tokio schaffen kann.

Nun gegen Slowenien und Doncic

Nun spielt die Auswahl des Deutschen Basketball Bunds am Dienstag in der Runde der letzten Acht gegen Slowenien mit NBA-Superstar Luka Doncic. Das ergab die Auslosung am Sonntag. «Das ist natürlich ein sehr starkes Team», sagte Rödl zu dem schweren Los. «Wir werden einen Weg finden müssen, Doncic zu stoppen. Auf jeden Fall werden wir alles geben, die Mannschaft ist gesund.»

Slowenien hatte seine drei Gruppenspiele gewonnen und sich zum Abschluss mit 95:87 auch gegen Medaillenkandidat Spanien durchgesetzt. In einem möglichen Halbfinale würde Deutschland auf den Sieger der Partie zwischen Italien und Frankreich treffen. Die weiteren Viertelfinals bestreiten Gold-Favorit USA gegen Spanien und Australien gegen Argentinien.

«Generell hat dieser Sommer den deutschen Basketball weitergebracht», sagte Moritz Wagner nach dem 76:89 (40:44) am Samstag gegen die zu starken Australier. Deutschland belegte nach einem Sieg gegen Nigeria und zwei Niederlagen gegen die Boomers und Italien in Vorrundengruppe B Rang drei. Als einer der beiden besten Gruppendritten reichte es zum erstmaligen Einzug in die K.o.-Phase seit den Sommerspielen 1992 in Barcelona. Überhaupt ist das DBB-Team erst zum dritten Mal so weit gekommen. 1984 gab es im Viertelfinale das Aus gegen Gastgeber USA, acht Jahre später gegen die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten – Rödl stand damals beim 76:83 in Spanien noch als Spieler auf dem Parkett.

Steigerung nötig

Kann es nun in Japan erstmals fürs Halbfinale reichen? Dafür müsste sich die Mannschaft deutlich steigern und alles passen. Die Vorrunde verlief holprig, gerade von den erfahrenen Australiern wurden sehr klar die Grenzen aufgezeigt. «Man weiß ja, wie viele Leute hier fehlen», sagte Rödl: «Deswegen ist es eine ganz besondere Sache, mit dieser Mannschaft so weit zu kommen.» Für die nächsten Jahre mache das enorme Potenzial Hoffnung, denn der Verband kann auf so viele Top-Spieler zurückgreifen wie nie zuvor. Der gerade in die NBA zu den Orlando Magic gedraftete Franz Wagner (19) oder Isaiah Hartenstein (23) von den Cleveland Cavaliers sind zwei weitere, die jetzt fehlen.

Anders als in Zeiten von Dirk Nowitzki gibt es keinen Superstar mehr, von dem alles abhängt. «Wir haben den ganzen Sommer schon großen Einsatz auf dem Feld gezeigt. Wir kämpfen immer füreinander», sagte Andreas Obst und beschrieb die größte Stärke. Es funktioniert nur im Kollektiv. «Wir sind ein Team. Wir wollen die Spiele gewinnen, wir haben vor keinem Angst», sagte der 25 Jahre alte Profi des FC Bayern. Und auch Rödl lobte den Teamgeist: «Sie halten extrem zusammen auf einem Niveau, das ich ganz selten erlebt habe in einer Mannschaft.»

Mit einem Sieg beim Qualifikationsturnier in Kroatien hatten Obst und Co. das Olympiaticket erst ganz kurzfristig Anfang Juli gelöst. Für alle Spieler ging ein Traum in Erfüllung, mit großer Freude teilen sie nun ihren ganz neuen Alltag in Tokio in den sozialen Medien. «Was wir hier erleben dürfen, ist eine riesige Ehre, ein Privileg», sagte Rödl fast schon demütig: «Ich spüre in der Mannschaft, dass sie unglaublich glücklich sind, hier sein zu dürfen.» Der Sprung ins Viertelfinale sei «natürlich das i-Tüpfelchen», sagte Rödl, der unbedingt versuchen will, «die ganz große Sensation zu schaffen».

Team will alles geben

«Das ist doch für uns jetzt Spaß. Wir werden alles probieren, alles geben und hoffentlich ein super Spiel hinhauen», sagte Rödl. Gerade der Blick in die Zukunft ist verheißungsvoll, die Spiele in der Saitama Super Arena sind längst nicht nur für das aktuelle Team eine große Motivation.

«Man bekommt mit, dass wir viel Unterstützung aus Deutschland erfahren, dass der Basketball einen kleinen Push bekommt», sagte Flügelspieler Danilo Barthel: «Wir haben als Team gezeigt, dass Basketball in Deutschland Spaß machen kann und etwas geschafft, das es länger nicht mehr gab.» Denn nach 1992 war Deutschland bislang nur noch bei Olympia 2008 dabei – und scheiterte in der Vorrunde.

Von Thomas Wolfer und Florian Lütticke, dpa