Ein eher schüchterner Youngster und ein extrovertiertes «Playboy»-Model: Beenden zwei Ausnahmesportler den Gold-Fluch der deutschen Paralympics-Schwimmer?
Am Mittwoch eint Taliso Engel und Elena Krawzow die Chance auf das erste Schwimm-Gold seit neun Jahren. Viel gemeinsam haben sie außer ihrer Spezialdisziplin über 100 Meter Brust aber nicht. Hier der in der Öffentlichkeit schüchtern wirkende Engel. Dort die Berlinerin, die mit ihren freizügigen Fotos ein Statement für Menschen mit Behinderung abgab. «Kein Mensch auf dieser Welt soll sich minderwertig fühlen, wenn derjenige nicht ’normal‘ ist oder nicht der Norm entspricht», sagte die sehbehinderte Krawzow der Deutschen Presse-Agentur.
Die 27-Jährige hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Die an Morbus Stargardt leidende Schwimmerin, deren Sehfähigkeit immer weiter sinkt, hatte schwer mit der coronabedingten Verlegung der Paralympics zu kämpfen. «Mental ein Schlag» sei die Verschiebung für die Silbermedaillengewinnerin von London 2012 gewesen, erklärte sie: «Ich hatte Schwierigkeiten, meine Motivation aufrechtzuerhalten. Mir haben das Ziel und die ganze Planung gefehlt.»
«Playboy»-Fotos als willkommene Abwechslung
Doch Krawzow kämpfte. Die «Playboy»-Fotos in der Oktober-Ausgabe von 2020 waren eine willkommene Abwechslung. «Die tollen Erfahrungen beim ‚Playboy‘-Shooting werde ich nie vergessen, und ganz bestimmt werde ich meinen Enkelkindern davon erzählen», betonte sie. Gut möglich, dass sie auch von einer Medaille im Tokio Aquatics Centre berichten kann. «Ich hoffe, dass sich Elena selbst belohnt», sagte Bundestrainerin Ute Schinkitz.
Dies will auch der 19 Jahre alte Engel. «Die Form stimmt. Die Anspannung steigt», sagte der sehbehinderte Franke, der für Leverkusen startet. 2019 wurde er über seine Paradestrecke Weltmeister, in diesem Jahr holte er sich den Europameistertitel auf der gleichen Strecke. «Eine Medaille ist ein Traum. Ich will unter die Top 3. Das wäre sehr, sehr cool», betonte Engel. Der Fach-Abiturient ist Mitfavorit auf Gold. Doch Engel ist kein Lautsprecher, vom Wesen her in der Öffentlichkeit eher verschüchtert. «Zu viel Druck möchte ich mir da nicht machen», erklärte er.
Engel sehr reflektiert
Vielleicht macht diese Bescheidenheit das Top-Talent aus Leverkusen auch aus. «Er ist für sein Alter unglaublich gut reflektiert», sagte die Paralympicssiegerin von 2012 und ARD-Expertin Kirsten Bruhn. «Er sagt, wenn ihm etwas nicht passt.» So haben die Trainer mit ihm einen «leichten Umgang».
Bundestrainerin Schinkitz kann das bestätigen. Sie schwärmt auch vom fast perfekten Stil Engels, der sich im Becken «an der Leine und vor allem am schwarzen Balken auf dem Beckengrund» orientiert. «Wie er immer schwimmt – da kann man sich einfach verlieben. Es sieht richtig toll aus», sagte sie. «Aus meiner Sicht stimmt die Performance – wir müssen sie nur bis zum Tag X halten.» Doch wie auch Krawzow scheint Engel bereit für das große Rennen.
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