Kissenschlacht, Drohnen-Rennen, E-Sport, Hürdenlauf: Um eine neue Disziplin als Ersatz für den Reitsport beim Modernen Fünfkampf ranken sich viele – teils aberwitzige – Gerüchte auf Branchenplattformen.
Der Weltverband UIPM kann über die meisten Vorschläge vermutlich eher müde lächeln. «Zu einer möglichen neuen Disziplin wird viel Blödsinn geschrieben», sagte UIPM-Präsident Klaus Schormann der Deutschen Presse-Agentur.
Derzeit sei es noch zu früh, einen Ersatz zu verkünden. «Neue Informationen werden wir erst dann kommunizieren, wenn wir weitere Ergebnisse haben. Wir sind in einem Prozess der Diskussionen.» Im Frühsommer sollen Tests der potenziellen Sportarten vorgenommen werden. «Ende Mai/Juni werden wir vielleicht erste Ergebnisse präsentieren können», kündigte Schormann an.
Annika Schleu äußert Zweifel
Die Moderne Fünfkämpferin Annika Schleu hat Zweifel an einem passenden Ersatz für das Reiten in der Sportart. «Ich wünsche mir, dass es eine Disziplin ist, die zu unserer traditionellen Sportart passt und dass die Athleten keine völlig fremde Disziplin wie E-Sports erlernen müssen», meinte die Sportlerin.
Der Fünfkampf ist in einem großen Umbruch. Der Eklat von Tokio um Schleu beschleunigte den Prozess. Sie war mit einem ihr zugelosten und verunsicherten Pferd nicht zurechtgekommen war und hatte verzweifelt Gerte und Sporen eingesetzt. Die Bilder der fassungslosen Sportlerin gingen um die Welt. Der Deutsche Tierschutzbund stellte Strafanzeige gegen Schleu und Trainerin Kim Raisner. Mitte Januar stellte die Staatsanwaltschaft Potsdam das Verfahren wegen des Verdachts der Tierquälerei ein.
Anfeindungen nach Olympia-Eklat
Bereits kurz nach dem Ereignis wurde Schleu im Internet attackiert. «Am Abend meines Wettkampfes und den Wochen danach haben mich die Ereignisse und die extremen Anfeindungen im Internet sowie anschließend die Anzeige wirklich überrollt», sagte die 31-Jährige. Unterstützung bekam sie von ihrer Familie und aus der Sportwelt. «Inzwischen kann ich sagen, dass es mir gut geht, spätestens nach der Einstellung des Verfahrens ist die gesamte Last von mir abgefallen.»
Der Moderne Fünfkampf ist neben dem Boxen und Gewichtheben vorerst nicht Teil des Olympia-Programms bei den Sommerspielen 2028 in Los Angeles. Die zuständigen Weltverbände müssten zunächst ihre aktuellen Probleme lösen, ehe sie im kommenden Jahr die Chance zur Rückkehr ins Wettkampfprogramm erhalten sollen, legte das Internationale Olympische Komitee (IOC) fest. Zuvor hatte der Fünfkampf-Weltverband bereits das Aus des Reitens in der Sportart nach den Spielen 2024 in Paris beschlossen und die Suche nach einem Ersatz angekündigt.
Schormann sagte zu, die «Schularbeiten für das IOC aufzubereiten» und die vorgesehenen Vorgaben zu erfüllen. «Das, was das IOC verkündet hat, ist für uns als Union nachvollziehbar, weil es ja mit uns abgesprochen war.» Wenn alle Auflagen erfüllt seien, gebe es 2023 «mit Sicherheit grünes Licht für die Spiele 2028 und 2032».
Mit dem Ereignis um Schleu habe die grundsätzliche Entscheidung aber nichts zu tun. «Das ist etwas, worüber ich mich heute noch ärgere, dass einige Medien die Entscheidung, die Disziplin Reiten im Modernen Fünfkampf zu ersetzen, Annika Schleu in die Schuhe geschoben haben», beklagte Schormann. Überlegungen zu einem Austausch der Disziplin habe es schon lange vor dem Vorfall in Tokio gegeben.
Diese Entscheidung sei für Schleu überraschend gekommen. «Der Weltverband hatte sich ja nach den Spielen in Tokio noch ganz anders geäußert. Mich macht es sehr traurig, dass der Fünfkampf zukünftig ohne das Reiten auskommen soll, vor allem weil der Umgang mit Pferden dadurch wegfallen wird.»
Schleu hätte sich Regeländerung gewünscht
Schleu hätte sich lieber «weitreichende und einschneidende Regeländerungen» gewünscht. «Meiner Ansicht nach wird es keine Disziplin geben, die das Reiten ersetzen kann. Außerdem gibt es sehr viele Kriterien, welche die neue Sportart erfüllen muss. Da bleibt nicht mehr viel übrig», argumentierte sie.
Die Fünfkämpferin hatte zuletzt die Fortsetzung ihrer Karriere angekündigt. Erst will sie sich aber etwas anderes machen. «Ich werde im Februar ins Referendariat als Lehramtsanwärterin starten. Für mich ist es wichtig, dass neben dem Sport auch mein berufliches und privates Leben weitergehen. Aber mein Fernziel ist definitiv Paris 2024.»
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