23. November 2024

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Französische Wurzeln: Guerreiro «immer stolzer Portugiese»

Raphael Guerreiro hatte einen Top-Start in die EM - dann ein unglückliches Spiel gegen Deutschland. Das Gruppenfinale wird für den Dortmunder nun zu einem ganz besonderen Spiel.

Auf dem Rückweg der Portugiesen von München ins EM-Stammquartier in Budapest fand auch Raphael Guerreiro kaum Worte.

Nationaltrainer Fernando Santos berichtete nach dem 2:4 (1:2) gegen Deutschland von «Frust und Niedergeschlagenheit» bei seinen Titelverteidigern. «Ich weiß gar nicht, ob irgendjemand bis hierher etwas gesprochen hat», sagte der 66-Jährige zurück in Ungarn.

Torschütze und Eigentor

Guerreiro hätte viel zu erzählen gehabt. Der Linksverteidiger des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund hätte von seinem Eigentor erzählen können, als er in der 39. Minute unglücklich einen Ball von Joshua Kimmich ins Tor von Schlussmann Rui Patricio lenkte.

Der 27-Jährige hätte aber auch von seinem Führungstor (84.) beim 3:0 gegen Co-Gastgeber Ungarn am vergangenen Dienstag erzählen können. Bei einer Endrunde wechseln sich aber Licht und Schatten oft ab.

Nationaltrainer Santos ließ vor dem entscheidenden Gruppenfinale gegen Weltmeister Frankreich am Mittwoch (21.00 Uhr/Magenta TV) in der Puskas Arena Wechsel in seiner Startelf offen. Es könnte auch Guerreiro treffen, der neben Offensivmann Bernardo Silva und Rechtsverteidiger Nelson Semedo einen schwachen Tag erwischte. Auf der linken Defensivseite wäre die erste Alternative der wenig erfahrene Nuno Mendes (19) von Sporting Lissabon.

Spielintelligenz wie ein Regisseur

Santos aber mag Guerreiro, der in seinen besten Momenten mit seiner Spielintelligenz wie ein Regisseur auf der Außenbahn auftreten kann. «Raphael war 18 oder 19, als ich ihn in die Nationalmannschaft berufen habe, noch bevor er nach Deutschland gegangen ist», erzählte Santos von seiner Entdeckung für die Seleção. 2014 debütierte Guerreiro im A-Team. «Er war ein Junge, der in Frankreich in einer Mannschaft spielte, deren Namen niemand kannte.» Dass Guerreiro ein starker Spieler sei, überrasche ihn nun wirklich nicht.

Dieser unbekannte französische Verein war der FC Lorient. Guerreiro ist ja der Sohn einer Französin und eines Portugiesen. Er wuchs in der Nähe von Paris auf, besitzt neben der portugiesischen auch die französische Staatsbürgerschaft.

In seinem Herzen trägt Guerreiro, dessen Familie aus Le Blanc-Mesnil nordöstlich von Paris kommt, aber die Seleção. «Ich liebe Frankreich und bin dankbar, dass ich in diesem Land aufgewachsen bin. Aber in meinem Herzen war und bin ich immer stolzer Portugiese», erzählte er.

Begeisterung für Ronaldo

Und als solcher schwärmt Guerreiro auch von seinem Kapitän Cristiano Ronaldo. Der fünfmalige Weltfußballer sei «so fokussiert und arbeitet so hart für den Sport. Wenn er nach einem Spiel nach Hause geht, legt er sich nicht aufs Sofa, sondern bereitet sich schon auf das nächste Spiel vor», erzählte Guerreiro einmal in einem Interview der Borussia. «Cristiano stellt sich kein bisschen über die anderen, er gibt dir durch nichts zu verstehen, dass er etwas Besonderes ist, dabei ist er das ganz bestimmt.»

Guerreiro ist auch ein besonderer Spieler. Nicht so besonders wie Cristiano Ronaldo, aber eben schon besonders. Der heutige Sportdirektor des VfB Stuttgart, Sven Mislintat, entdeckte ihn damals für die Dortmunder und lotste ihn im Sommer 2016 zum BVB. Der aktuelle Vertrag ist noch bis Ende Juni 2023 gültig.

Guerreiro hatte beim BVB immer wieder Phasen, in denen er stagniert hat. Unter Trainer Lucien Favre war das teilweise so. Thomas Tuchel wollte Guerreiro dann mal zu Paris Saint-Germain holen, das hätte auch wegen der Nähe zur Familie in Frankreich ganz gut gepasst. Aber Tuchel coacht ja mittlerweile Champions-League-Sieger FC Chelsea. Und Guerreiro muss sich erstmal voll und ganz auf die EM konzentrieren.

Von Martin Moravec, dpa