Gut 4000 Flug-Kilometer von der Firmenzentrale von Red Bull in Fuschl am See werden die Testfahrten der Formel 1 in der Wüste von Sakhir zum nächsten PR-Balanceakt für den Konzern um Geschäftsführer Oliver Mintzlaff.
Sportlich sind alle gespannt auf den neuen Rennwagen des Branchenführers, dessen Design so manchen verblüffte. Beim Wiedersehen aller Hauptdarsteller nur 87 Tage nach dem Finale der wieder von Max Verstappen Saison dominierten Saison stehen aber vor allem zwei brisante Personalien im Blickpunkt – und eine betrifft Red Bull.
Der Fall Horner – bleibt er oder muss er gehen?
Selbst die Formel 1 sah sich kurz bevor die Kameras wieder auf das Milliardengeschäft gerichtet sind, zu einer Stellungnahme genötigt. Die Hoffnung: Dass die Angelegenheit um Red-Bull-Teamchef Christian Horner so schnell wie möglich geklärt wird. Dem dienstältesten Teamchef in der Rennserie wird von einer Mitarbeiterin unangemessenes Verhalten vorgeworfen, er selbst streitet das ab. Red Bull beauftragte eine unabhängige externe Kanzlei mit der Klärung.
Über die weiteren Schritte muss nun der Konzern entscheiden, in dem der frühere RB-Leipzig-Vorstandschef Mintzlaff seit dem Tod von Firmengründer Dietrich Mateschitz einer von drei Geschäftsführern ist und sämtliche sportliche Aktivitäten weltweit verantwortet. Bei der Übertragung der Präsentation des RB20 für die 20. Saison des Teams in der Formel 1 in Milton Keynes war Horner einer der Protagonisten – als wäre nichts gewesen.
An diesem Donnerstag ist Horner auf dem Bahrain International Circuit als einer der Gesprächspartner in der Pressekonferenz während der Mittagspause vorgesehen. Berichten zufolge könnte sich die Entscheidung um seinen Verbleib sogar noch bis nach dem 2. März hinziehen – dem Tag des ersten Rennens der Rekordsaison mit 24 Grand Prix.
Sollte Horner gehen müssen, kämen wohl zunächst Teammanager Jonathan Wheatley oder auch Technik-Direktor Pierre Waché als Nachfolger infrage. Bleibt Horner, muss sich zeigen, wie sehr die Angelegenheit den 50 Jahre alten Briten in seinem Amt geschwächt hat. Von einem Machtkampf zwischen Horner und Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko, dem wiederum Dreifach-Champion Verstappen nahe steht, ist seit einiger Zeit die Rede.
Die Akte Hamilton – kann das gut gehen?
Dass ausgerechnet das Red-Bull-Lager schon zündelte, überrascht nicht, auch wenn es dort selbst gerade mächtig brennt. «Normalerweise bist du in so einer Situation gedanklich schon mehr beim neuen Team», sagte Marko dem Portal «oe24»: «Für den Sport ist das ganze hervorragend, besser als Netflix.»
Hamilton sagt, er seit motivierter denn je. Sein Hunger auf Erfolg überrascht ihn mit 39 Jahren selbst. Aber es ist eben auch eine Tatsache, dass er diese Saison zum letzten Mal für Mercedes antritt und ab 2025 für Ferrari fährt.
Dass er nicht mal ins falsche Motorhome geht oder den diesmal silber-schwarzen Wagen in der falschen Garage für rote Rennautos abstellt, dürfte zu den harmlosen Anspielungen gehören. Konfliktpotenzial birgt Hamiltons weitere Karriereplanung auf jeden Fall. Auch, weil durch seinen Wechsel einer bei Ferrari seinen Platz räumen muss: Carlos Sainz. Wird der Spanier nun zur Ich-AG im roten Rennwagen? Sicher nicht, aber ob er sich im Zweifelsfall vor allem gegen Saisonende noch an alle Vorgaben hält, ist fraglich.
Die neuen Autos – wer wagt am meisten?
Mittwoch, Donnerstag und Freitag – jeweils von 10.00 bis 19.00 Uhr Ortszeit dürfen die zehn Teams ihre neuen Autos testen. Bereits eine Woche später steht am Freitag die erste Qualifikation, am Samstag das erste Rennen ebenfalls auf dem Bahrain International Circuit an. Nach der Dominanz von Verstappen mit allein 19 Saisonsiegen und 21 von Red Bull – von 22 Grand Prix – setzen die Ingenieure beim Weltmeister-Team auf Innovation und Neuerung. «Sie waren nicht gerade konservativ», sagte Verstappen und nannte es «kontrollierte Aggressivität».
Da in diesem Jahr keine großen technischen Regeländerungen anstanden, stecken viele Neuerungen im Detail. Inwiefern Mercedes, McLaren oder Ferrari zu Red Bull aufschließen können, wird sich bei den Testrunden schon mal andeuten. Und auch das dürfte in der Firmenzentrale von Red Bull in Fuschl am See genau verfolgt werden.
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