22. November 2024

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Flick-Kommandos mit roter Pfeife – WM-Titel als großes Ziel

Beim ersten Training des Länderspieljahres gibt Hansi Flick gleich die Richtung vor. Mit intensiver Arbeit will der Bundestrainer die DFB-Elf fit machen für seinen Titelplan.

Mit einer knallroten Trillerpfeife um den Hals dirigierte Hansi Flick energisch seine Katar-Kandidaten. «Saubere Pässe spielen, Männer», brüllte der Bundestrainer im schönsten Sonnenschein über den Frankfurter Trainingsplatz.

Gleich zum Start der Vorbereitung auf den ersten Länderspiel-Doppelpack des Jahres ließ der Bundestrainer bei einer intensiven Trainingseinheit keine Zweifel aufkommen: Der Countdown für die Weltmeisterschaft am Persischen Golf hat für die Fußball-Nationalmannschaft begonnen. Die großen Ambitionen bleiben trotz der zuletzt angedeuteten Bedenken über eine ausreichende Breite im DFB-Kader klar definiert.

WM-Titel Neuers Ziel

«Wir als Profi-Sportler werden an Trophäen und Titeln gemessen. Für mich gibt es nur ein Ziel, das ist der WM-Titel», erneuerte Kapitän Manuel Neuer seine eigene und Flicks Jahresvorgabe. «Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, dass wir die Vision haben, vom ersten Tag an dieses Ziel zu verfolgen. Da bleibe ich dran», sagte die deutsche Nummer 1. Den fünften WM-Stern hält auch Oliver Bierhoff für den logischen Anspruch. «Realistisch ist es auf jeden Fall. Wir haben Topspieler in unseren Reihen», sagte der DFB-Direktor im schmucken Teamquartier südlich von Frankfurt.

Flick will schnell den nötigen Turnier-Fokus hinbekommen. Der Bundestrainer weiß genau, dass die acht Monate bis zum WM-Anpfiff am 21. November in Doha nur wenig Gelegenheit für eine fundierte Vorbereitung bieten. Auch Bierhoff mahnte, dass man keine Zeit zu verlieren habe. Die Dramaturgie des Fußball-Jahres laufe direkt auf die WM als Jahreshöhepunkt zu. «Du kannst dich nicht über Nacht auf so ein Turnier vorbereiten», sagte der DFB-Direktor. Man müsse sich «frühzeitig und mental mit dem Thema befassen».

Koch fällt aus

Frei von Sorgen ist der Vorlauf für die Partien am Samstag (20.45 Uhr/ZDF) in Sinsheim gegen Israel und drei Tage später in Amsterdam zudem im Moment auch nicht. Dass Verteidiger Robin Koch am Dienstag wegen eines positiven PCR-Tests endgültig absagen musste und sich der aktuelle Kader auf 23 Akteure reduzierte, erinnerte noch einmal an Corona als großes Krisenthema der jüngeren Vergangenheit. Immerhin könnte die Arena in Sinsheim mit 25.600 Zuschauern voll besetzt sein. 21.000 Karten sind laut DFB verkauft. Es wäre das erste ausverkaufte Heimländerspiel seit Ausbruch der Pandemie vor über zwei Jahren.

Der Krieg in der Ukraine sorgt aktuell auch im DFB-Zirkel für großes Mitgefühl und eigene Sorgen. Der Samstag wurde zum Spenden-Spieltag ausgerufen. Auch das Nationalteam wird rund 100.000 Euro beisteuern. Und dann ist da noch die Auseinandersetzung mit Katar als umstrittenen WM-Gastgeber, die Flick abseits der brennenden sportlichen Themen im Blick haben muss. Am Dienstagabend hatte Bierhoff Menschenrechtsexperten von Amnesty International und Human Rights Watch ins Teamhotel eingeladen. Er hoffe auf «intensive Diskussionen, um ein tiefergehendes Bild zu erhalten», sagte er.

Als eine sportliche Mahnung konnte gleichzeitig eine Nachricht von der FIFA aus Zürich gewertet werden. Deutschland wird bei der Gruppenauslosung am 1. April in Doha mit größter Wahrscheinlichkeit nicht im Topf 1 der besten sieben Teams plus Gastgeber Katar gesetzt sein. Qualifiziert sich Italien oder Portugal in den WM-Playoffs oder wird die Niederlande im zweiten Test am kommenden Dienstag nicht geschlagen, ist die DFB-Elf definitiv nur in Topf zwei. Dann muss sie bei der WM schon in der Vorrunde einen Kracher gegen Brasilien, Frankreich oder Spanien befürchten.

Gut aufgestellt für Katar

Genau für die Wettbewerbsfähigkeit gegen diese sportlichen Kaliber will Flick die Vorbereitung nun intensiv nutzen. «Wenn alle gesund sind und wir mit kurzfristigen Absagen nicht leben müssen, werden wir einen sehr guten Kader haben», sagte Bierhoff zu den von Flick schon angedeuteten Grundsorgen über eine fehlende Kader-Tiefe. Und wenn im Herbst nicht alle gesund sind? «Man sieht, was die Breite angeht, dass Hansi Spieler dazu holt», antwortete Bierhoff.

Angesichts derzeit prominenter Ausfälle wie Niklas Süle oder Leon Goretzka und möglicherweise auch dem auf die Geburt seines dritten Kindes wartenden Joshua Kimmich setzt Flick seinen Probemodus für mögliche Ersatzkandidaten fort. Julian Weigl von Benfica Lissabon ist so ein Kandidat, ebenso Julian Draxler, der bei Paris Saint-Germain aber nicht genügend Spielzeit bekommt. Im November brauche man Spieler, «die im Saft stehen, die Vertrauen haben», sagte Bierhoff.

Von Arne Richter und Klaus Bergmann, dpa