Da ist er wieder, der ewige Nationalspieler Thomas Müller. Statt Golfrunden, Buchvorstellung und Trainingseinheiten in München stieg der Bayern-Star am Abend am Wolfsburger DFB-Quartier lächelnd aus einem Kleinbus, grüßte mit einem «Hallo» und machte die wartenden Fans mit ein paar Selfies und Autogrammen glücklich.
In Begleitung seiner Bayern-Kollegen Leroy Sané und Serge Gnabry verschwand Müller danach im Teamhotel, wo ihn der mit dem Zug angereiste Bundestrainer Hansi Flick willkommen hieß.
Dieser hatte seine Bewährungswoche als Nationalcoach mit einer überraschenden personellen Wende eröffnet. Müller feiert kurz vor seinem 34. Geburtstag Mitte kommender Woche sein nächstes Comeback in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft – neun Monate nach seinem bislang letzten Länderspiel und dem bitteren WM-Aus in Katar.
Der DFB hatte am Vormittag die frohe Botschaft für Müller verkündet. Flick reagiert mit der Rückholaktion auf einen drohenden Ausfall von Angreifer Niclas Füllkrug. Der 30 Jahre alte Neu-Dortmunder checkte zwar ebenfalls im Teamhotel ein. Der Torjäger könnte aber «aufgrund einer Sehnenzerrung» für die beiden Länderspiele am Samstag (20.45 Uhr/RTL) gegen WM-Schreck Japan in Wolfsburg sowie drei Tage später gegen Vize-Weltmeister Frankreich in Dortmund «nicht zur Verfügung stehen», wie der Verband erklärte.
Füllkrug «muskulär ein bisschen angeschlagen»
Füllkrug konnte nach seiner Anreise keine Einsatz-Prognose abgeben. Er müsse erst mal mit den DFB-Medizinern sprechen. «Ich bin ein bisschen muskulär angeschlagen, nichts Dramatisches», sagte der einzige echte Neuner im DFB-Kader. Da auch unklar ist, ob Müllers Vereinskollege Jamal Musiala nach einem Muskelfaserriss im Oberschenkel zumindest für den zweiten Härtetest gegen die Franzosen rechtzeitig fit wird, macht Flicks frühzeitige personelle Vorsorge in der Offensive Sinn. Müller muss sich als möglicher Nothelfer mit dem Team vorbereiten.
Noch am vergangenen Donnerstag hatte Flick bei der Kader-Bekanntgabe den erneuten Verzicht auf den DFB-Veteranen damit begründet, dass der in bislang 121 Länderspielen eingesetzte Bayer nach einer aus Verletzungsgründen größtenteils verpassten Saisonvorbereitung in München zunächst im Verein wieder «Fuß fassen» solle. So hatte er es mit dem Spieler verabredet. Ein Auswahl-Comeback schloss Flick schon da nicht aus.
Letztes Müller-Spiel bei der WM
Müller letzter DFB-Einsatz war beim 4:2 im dritten WM-Vorrundenspiel Ende 2022 gegen Costa Rica. Im ersten Halbjahr dieses Jahres hatte Flick auf den Routinier verzichtet, weil er im Hinblick auf die Heim-EM 2024 andere Akteure testen wollte. Flicks Experimente gingen jedoch schief, die Nationalelf ist seit vier Partien sieglos. Es herrscht EM-Alarm beim Deutschen Fußball-Bund. «Wir haben etwas gutzumachen», sagte Flick mit Blick auf den anstehenden Start in die Saison mit dem Heimturnier. Es brauche jetzt unbedingt Spieler, die der Nationalelf «Energie geben». Genau dafür ist Teamplayer Müller bekannt.
Am vergangenen Samstag hatte Müller bei Bayerns 2:1 in Mönchengladbach erstmals in dieser Spielzeit in der Münchner Startelf gestanden. Das hatte Flick wohl überzeugt von Müllers Bereitschaft für höhere Staatsdienste. «Ich bin spritzig. Ich fühle mich auch gut. Es war wichtig, dass ich mir die Zeit genommen habe, an der Basis zu arbeiten», sagte Müller im Anschluss. Flick und er sind seit über einem Jahrzehnt eng verbunden. Gemeinsam feierten sie 2014 mit der Nationalmannschaft den WM-Titel in Brasilien. Und 2020 holte der Cheftrainer Flick mit dem Führungsspieler Müller beim FC Bayern das Triple.
«Werde überall immer alles geben»
«Hansi Flick und ich verstehen uns sowohl sportlich als auch privat sehr gut. Ich bin bereit, wenn es darauf ankommt und ich gefragt bin. Ich bin zu allen Schandtaten bereit», hatte Müller am Wochenende zum DFB-Comeback gesagt. «Ich werde überall immer alles geben, egal in welcher Mannschaft ich spiele, egal in welcher Rolle ich mich da befinde.» Er fügte noch hinzu: «Aber der deutsche Fußball hängt nicht an meiner Personalie.» Nun doch?
Flick muss in den anstehenden Länderspielen dringend guten Fußball und gute Resultate liefern. Es braucht vor der Heim-Europameisterschaft einen Stimmungsumschwung im Land und bei den Fans. «Jeder will zeigen, dass wir besser sind als das, was wir zuletzt gezeigt haben», sagte der Bundestrainer. Japan und Frankreich seien «starke Gegner», gegen die man sich beweisen wolle. «Ergebnisse zählen immer. Siege bestätigen einen und schenken Vertrauen», sagte Flick. Für dieses Vorhaben vertraut er nun nochmals dem ewigen Müller.
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