Beim letzten Weltmeister-Jubel in den Vereinigten Arabischen Emiraten stand ein deutscher Formel-1-Pilot ganz oben. 2016 war das, Nico Rosberg hatte Lewis Hamilton geschlagen.
Auch 2010 wurde die WM in Abu Dhabi entschieden, damals mit dem bis heute jüngsten Titelträger: Sebastian Vettel. Diese Zeiten mit deutschen Piloten im Mittelpunkt sind vorbei.
Rosberg hat seine Karriere längst beendet, Vettel wird auch beim großen Finale einer mitreißenden Saison gerade mal eine Nebenrolle einnehmen. Mick Schumacher, der Sohn des siebenmaligen Champions Michael Schumacher, wird sich nach dem Crash von Saudi-Arabien zumindest mit einem fehlerfreien Auftritt irgendwo im hinteren Feld verabschieden wollen. Das Geschehen, das spielt woanders. Die Hauptrollen des finalen PS-Thrillers übernehmen Max Verstappen im Red Bull und Lewis Hamilton im Mercedes – ein Giganten-Duell wie schon lange nicht mehr.
Wer von beiden wird als Favorit auf dem Yas Marina Circuit gehandelt?
Vieles spricht eigentlich für Lewis Hamilton. Er gewann die vergangenen drei Rennen und egalisierte damit den Punktestand an der Spitze der WM-Wertung. Die Motorversion in seinem Mercedes für das letzte Rennen ist prädestiniert für den Kurs mit seiner 1,2 Kilometer langen Gerade – hier ist PS-Power gefragt. Hamilton gewann fünf der bisher zwölf Rennen in Abu Dhabi. Für den 36 Jahre alten Briten sind solche WM-Kämpfe auch nichts Neues mehr, er wirkt trotz maximaler Anspannung, als Ruhe er in sich und vertraue sich selbst und dem Team. Hamiltons Problem: Im Notfall muss er zurückstecken, kommt es auf dem Kurs zum direkten Zweikampf. Scheiden er und Verstappen aus, ist Verstappen dank mehr Siegen der neue Weltmeister.
Wird der Weltmeister auf jeden Fall mit Rennende feststehen?
Womöglich nicht, zumindest nicht offiziell. Kommt es zu einem Crash, kommt es zu einer Untersuchung oder gar einem Protest, hängt das Rennergebnis in der Schwebe, ebenso natürlich die WM-Wertung.
Welche Rolle spielen die beiden Teamkollegen?
Sie können mitentscheidend sein. Zuletzt war Verstappens Red-Bull-Kollege Sergio Perez allerdings keine große Hilfe, als er in Saudi-Arabien ausschied. Dass der Mexikaner sich in der Qualifikation vor Hamilton schiebt, gilt unter normalen Umständen in Abu Dhabi als schwerer vorstellbar. Was bleibt, ist die Rolle des zweiten Angreifers, wenn er nicht weit weg stehen sollte, um Hamilton so womöglich zu Fehlern und einem vorzeitigen Aus zu zwingen. Das zu können, müsste Perez allerdings noch beweisen.
Hamiltons Stallkollege Valtteri Bottas kann indes zum Bodyguard für den Briten werden. In seinem letzten Rennen für Mercedes kann der Finne vielleicht so wertvoll sein wie noch nie für seinen hochdekorierten und stets im Fokus stehenden Teamkollegen. Liegt er direkt hinter Hamilton, muss er den Platz halten. Jeder Wagen, der zwischen Hamilton und Verstappen liegt, kann ein Vorteil für den Titelverteidiger sein.
Wie oft sind Verstappen und Hamilton in diesem Jahr schon entscheidend aneinandergeraten?
In Silverstone eskalierte der Zweikampf zum ersten Mal. Hamilton traf Verstappen, der krachte in die Reifenstapel, musste im Krankenhaus gecheckt werden, Hamilton gewann sein Heimrennen. In Monza die Fortsetzung. Diesmal ging die Karambolage von Verstappen aus, der mit seinem Auto auf dem Mercedes landete. Hamilton wurde dabei trotz Cockpitschutz von einem Rad getroffen. Beide konnten nicht mehr weiterfahren. Zuletzt in Saudi-Arabien kamen beide ins Ziel, lieferten sich aber heftige Zweikämpfe. Verstappen wurde zweimal bestraft, Hamilton krachte in sein Heck, als er auf einer Gerade abbremste, um den Briten überholen zu lassen, weil er sich zuvor einen Vorteil beim Überholen verschafft hatte. Die Luft brennt zwischen den beiden und auch zwischen Mercedes und Red Bull.
Und sonst so?
Kimi Räikkönen wird zum letzten Mal an den Start gehen. Der Finne beendet nach dem Rennen seine Formel-1-Karriere. Ein Fahrer, der weltweit Kultstatus genießt und Fans hat. Über die Formel 1 reden mochte er nie wirklich, die Autos fahren schon. Er ist noch immer der letzte Formel-1-Weltmeister in einem Ferarri (2007). Und wenn er denn mal spricht im Fahrerlager oder im Auto, dann kommen auch mal Sätze für die Ewigkeit heraus. Wie dieser, als er 2013 in Abu Dhabi auf dem Weg zu seinem letzten Formel-1-Sieg seinem aufgeregten Team nach diversen Tipps und Hinweisen zurück funkte: «Lasst mich in Ruhe, ich weiß, was ich tue.»
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