Jubelnd riss Kapitän Sebastian Rode den Silberpott um kurz nach Mitternacht in den spanischen Nachthimmel, die Profis von Eintracht Frankfurt tanzten wie wild im Konfettiregen.
In einem elektrisierenden Finale haben die Hessen ihre traumhafte Saison in der Europa League in Sevilla gekrönt und den ersten internationalen Titel seit 42 Jahren gefeiert. «Wir sind alle die Helden», rief Nationaltorwart Kevin Trapp nach dem 5:4 (1:1, 1:1, 0:0) im Elfmeterschießen gegen die Glasgow Rangers ins RTL-Mikro. Spät am Abend dröhnte erst Queens «We are the Champions» und dann «Im Herzen von Europa» aus den Boxen.
«Was die Jungs diese Saison geleistet haben, da fehlen mir die Worte, die fehlen mir nicht oft», sagte Trainer Oliver Glasner. «Jetzt, das entschädigt für alles.» Noch im Stadion läuteten die Hessen die Party mit ihren gut 10.000 Fans ein.
Trapp hielt im Nervenspiel vom Punkt den Versuch von Aaron Ramsey. Rafael Borré versenkte den entscheidenden Schuss für die Hessen, die damit in der kommenden Saison erstmals in der Champions League spielen. Joe Aribo (57.) hatte die Rangers zunächst in Führung gebracht, die Borré (69.) aber noch in der regulären Spielzeit ausglich. «Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich hab im Elfmeterschießen fast einen Herzinfarkt bekommen», sagte Ansgar Knauff.
Party auf dem Frankfurter Römer
Am Donnerstag soll beim Empfang am Frankfurter Römer die große Siegesparty in der Heimat steigen. Angeführt von Rode, der nach Kopfverletzung mit blauem Turban spielte, steht das Team nun auf einer Stufe mit den UEFA-Cup-Siegern von 1980 um Karl-Heinz Körbel und den in diesem Jahr gestorbenen Jürgen Grabowski. «Unglaublich, diese Mannschaft, wir haben es einfach verdient, wir sind unglaublich glücklich», sagte Rode.
Im Estadio Ramón Sánchez Pizjuán herrschte von Beginn an eine Wahnsinnsstimmung. Die Eintracht-Fans hatten ihr Team mit einer erneut beeindruckenden Choreographie empfangen, in den Gassen und auf den Plätzen der andalusischen Metropole verfolgten Tausende Anhänger beider Clubs das Endspiel ohne Ticket. Während der Partie berichteten spanische Medien von Auseinandersetzungen beider Fangruppen etwa drei Stunden vor dem Anpfiff. In der Arena überwog die Euphorie. «Wir werden der Chef im Stadion sein», hatte Eintracht-Präsident Peter Fischer angekündigt.
Starker Start der Eintracht ins Finale
Und die Hessen starteten sehr engagiert in die Partie. Mit viel Risiko und scharfen Pässen spielte sich die Eintracht immer wieder an den Rangers-Strafraum – musste in der fünften Minute aber gleich einen Schockmoment überstehen. Rode blieb nach einem Foul von John Lundstram am Kopf blutend auf dem Rasen liegen und wurde mehrere Minuten behandelt. Der Brite hatte den Eintracht-Profi mit dem Schuhstollen an der Stirn getroffen.
Die erste Halbchance hatte Daichi Kamada, der nach einem kurzen Solo aber nicht zum Abschluss kam. Den anschließenden Schuss von Djibril Sow fing Glasgows 40 Jahre alter Torwart Allan McGregor ohne Mühe (12.). Beim Versuch von Ansgar Knauff mit dem linken Fuß hatte McGegor schon mehr Mühe (20.). Die Eintracht war zumindest in der ersten halben Stunde deutlich näher an der Führung, beim Konter über Filip Kostic schien mehr drin (32.).
Glasner rief im blauen Polohemd immer wieder Anweisungen auf den Platz. Der Österreicher, der vor der Saison aus Wolfsburg gekommen war, musste auf den verletzten Abwehrchef Martin Hinteregger verzichten, Jesper Lindström war dagegen rechtzeitig fit geworden. Der Däne, dessen abgefälschter Schuss zu Beginn der zweiten Halbzeit nur knapp vorbei ging (49.), sorgte im Verbund mit Kamada und Borré für Unruhe in der zunächst aber standhaften Rangers-Abwehr.
Offensiv kam der schottische Vizemeister zwar erst durch Aribo nahe an das Tor des deutschen Nationalkeepers Trapp, der Schuss des 25-Jährigen ging aber nur knapp vorbei (26.). Beim Kopfball von Lundstram musste sich Trapp strecken, um den Ball über die Latte zu lenken (36.). Fehler durfte sich die Eintracht nicht erlauben – die Rangers, die zunehmend besser wurden, hatten in den Runden zuvor Borussia Dortmund und RB Leipzig ausgeschaltet.
50.000 Fans beim Public-Viewing in der Eintracht-Arena
Das dritte internationale Finale der Eintracht nach 1960 und 1980 wurde zunehmend spannender. In der zweiten Halbzeit spielten beide Teams in Richtung der eigenen Fanblöcke. In Frankfurt zitterten über 50.000 Anhänger beim Public Viewing in der Eintracht-Arena mit. Erst recht, als Aribo nach einer Fehlerkette in der Frankfurter Abwehr von Sow und Tuta frei vor Trapp zum Abschluss kam und traf. Tuta verletzte sich dabei, er wurde durch Makoto Hasebe ersetzt.
Die Schlussphase vor Augen kam erst Kamada zur großen Chance zum Ausgleich, der Heber des Japaners ging aber nicht nur über McGregor, sondern auch über das Tor (67.). Borré machte es im Strafraum nach einer scharfen Hereingabe besser – das Spiel war wieder und blieb offen. Der Versuch von Kostic ging knapp vorbei (89.), dann ging es in die kraftraubende Verlängerung, in der Trapp kurz vor Schluss mit zwei starken Paraden das Elfmeterschießen sicherte.
FC Barcelona gratuliert Frankfurt auf deutsch
Der im Viertelfinale unterlegene FC Barcelona gratulierte der Frankfurter Eintracht. «Herzlichen Glückwunsch @Eintracht für den gewonnenen Europa League Titel in Sevilla», schrieb der spanische Spitzenclub via Twitter – auf deutsch.
Im Viertelfinale siegten die Hessen im April mit 3:2 im Camp Nou und führten zeitweise mit 3:0. In dem riesigen Stadion in Barcelona waren rund 30.000 Gästefans mit dabei. Bei den Katalanen hatte es danach heftige Streitigkeiten über die Ticketpolitik in diesen Spielen gegeben.
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