24. November 2024

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«Etwas Schwung» mit dem Triple-Champion Gündogan

Der Triple-Champion ist dabei - aber noch nicht mittendrin. Ilkay Gündogan will dennoch einen neuen Schub in die DFB-Auswahl bringen. Bei der Kraftprobe in Warschau ist das bitter nötig.

Hansi Flick lächelte. Die meisten Nationalspieler waren schon mittendrin im Training, als der große Hoffnungsträger der mächtig angeschlagenen DFB-Auswahl auf dem Frankfurter DFB-Campus einen Nebenplatz betrat.

Ein kleiner Austausch, ein kleiner Spaß beim Wiedersehen – und dann nahm auch Triple-Champion Ilkay Gündogan die Vorbereitung auf die bedeutende Fußball-Kraftprobe in Warschau auf. 

Auch wenn der Champions-League-Sieger von Manchester City am Freitag (20.45 Uhr/ARD) gegen Polen und Star-Kicker Robert Lewandowski nach verdienten Partytagen nicht von Anfang an spielt: Ein Zeichen an die skeptisch gewordenen Fans soll die Rückkehr des 32-Jährigen auf jeden Fall darstellen.

«Ich hoffe, dass ich nach den Erfolgen etwas Schwung reinbringen kann, damit wir die Saison auch bei der Nationalmannschaft gut abschließen können», sagte Gündogan laut «Bild»-Zeitung bei seiner Ankunft am DFB-Teamquartier am Mittwochabend. Als Kapitän der Cityzens hatte er am vergangenen Samstag den silbernen Henkelpott in den Istanbuler Nachthimmel gehievt – ein äußerst seltenes Jubelbild für einen deutschen Nationalspieler.

Gündogan kommt gerade recht

Nach dem enttäuschenden 3:3 am Montag in Bremen gegen die Ukraine kommt der, der alles gewonnen hat, gerade recht für Flick, dem ein Jahr vor dem Anpfiff der Heim-EM 2024 kein Stimmungsumschwung gelungen ist. «Viele Spieler sind gerade nicht in ihrer Topform», sagte Angreifer Niclas Füllkrug nach dem ersten von drei Testspielen mit teilweise alarmierenden individuellen Fehlern. 

Schon mit der Mannschaft trainierte am Donnerstag Außenspieler Robin Gosens, der mit Inter Mailand das Endspiel der Königsklasse verloren hatte. Der 28-Jährige könnte links die Alternative zum enttäuschenden Leipziger David Raum sein. Nicht mit im Flieger saßen dagegen Raums Pokalsieger-Clubkollegen Timo Werner wegen seiner Sprunggelenksprobleme und Lukas Klostermann, der im Abschlusstraining eine Muskelverletzung im Oberschenkel erlitt.

Flick wird etwas verändern müssen. Es gehe darum, Ergebnisse zu liefern, sagte der Gladbacher Jonas Hofmann. Nach dem Ausflug nach Polen endet die Saison für die DFB-Auswahl am kommenden Dienstag in Gelsenkirchen gegen Kolumbien. Und in der Theorie scheint der Fußball wieder ganz einfach: Mit zwei Siegen dank überzeugender Auftritte kann sich Flick Luft verschaffen, ehe die EM-Einstimmung im September gegen WM-Schreck Japan und EM-Favorit Frankreich weitergeht. Noch ein Fehlerfestival wie gegen die Ukraine – und Flicks zweite Chance nach dem WM-Debakel in Katar geriete mehr denn je infrage.

Auch Steinmeier äußert sich

Dass sich am Mittwoch sogar Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu Gedankenspielen eines Bundestrainerwechsels äußerte (er ist dagegen), verdeutlichte die auch für den Deutschen Fußball-Bund komplizierte Gesamtgemengelage. Das Heim-Turnier muss für den auch finanziell kämpfenden Verband zwingend funktionieren, und dafür braucht es eine intakte Nationalmannschaft. «Wir wissen ja, dass wir die Spieler haben, die die Menschen begeistern können», sagte DFB-Sportdirektor Rudi Völler, der sich nach dem Remis am Montag schützend vor den Bundestrainer gestellt hatte – stellen musste. 

Gegen Bremen hatte Flick in der Startelf auf die beiden 20 Jahre alten Youngster Musiala und Florian Wirtz sowie auf den immer auch noch erst 24-jährigen Havertz verzichtet. «Nach Trainingsleistungen» sei er gegangen, begründete der Bundestrainer nachvollziehbar. Nicht danach, dass die potenziell großen Fan-Lieblinge zur seltenen familienfreundlichen Anstoßzeit um 18.00 Uhr sofort im Schaufenster stehen könnten.

Kritik an Kimmich

Zumindest Musiala und Havertz dürften sehr gute Chancen haben, in Polens Nationalstadion in Warschau diesmal von Anfang an mitzuspielen. Gündogan ist – wenn überhaupt – eher ein Kandidat für eine Einwechslung. «Es wurde hart gefeiert, aber ich bin eher einer der Zurückhaltenden», sagte der Mittelfeldlenker, der in der Form der vergangenen Monate praktisch in jeder Mannschaft zu den gesetzten Spielern zählen würde.

Interimskapitän Joshua Kimmich und insbesondere Bayern-Kollege Leon Goretzka sind im Mittelfeld, dem eigentlich am stärksten besetzten Mannschaftsteil, davon aktuell weit entfernt. Harsche öffentliche Urteile wie von Rekordnationalspieler Lothar Matthäus in der «Sport Bild» über Kimmich («Die Nebenleute wurden neben ihm zuletzt konstant schlechter») tragen nicht zur Ruhe bei. Statt Goretzka könnte Flick in Warschau auf den Dortmunder Emre Can setzen, der die Rolle des Abräumers vor der Abwehr defensiver als der Münchner auslegt.

In mehreren Videositzungen zeigte Flick seinen Profis die Fehler auf. «Wir können in jedem Mannschaftsteil zulegen», sagte Klostermann, der die Partie jetzt nur vor dem Bildschirm verfolgen kann.

Die möglichen Aufstellungen:

Polen: Szczesny (Juventus Turin/33 Jahre/72 Länderspiele) – Bereszynski (SSC Neapel/30/50), Wieteska (Clermont Foot/26/2), Bednarek (FC Southampton/27/48), Kiwior (FC Arsenal/23/11) – Frankowski (RC Lens/28/32), Linetty (FC Turin/28/44), Zielinski (SSC Neapel/29/80), Kaminski (VfL Wolfsburg/21/9) – Swiderski (FC Charlotte/26/21), Lewandowski (FC Barcelona/34/140)

Deutschland: Ter Stegen (FC Barcelona/31 Jahre/32 Länderspiele) – Kehrer (West Ham United/26/26), Ginter (SC Freiburg/29/51), Rüdiger (Real Madrid/30/58) – Can (Borussia Dortmund/29/39) – Wolf (Borussia Dortmund/28/3), Kimmich (FC Bayern München/28/77), Musiala (FC Bayern München/20/21), Gosens (Inter Mailand/28/14) – Füllkrug (Werder Bremen/30/7), Havertz (FC Chelsea/24/35)

Jan Mies und Klaus Bergmann, dpa