21. November 2024

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Erstes Gerichtsfinale: Djokovic kämpft um Melbourne-Start

Jetzt wird es ernst für Novak Djokovic. Ein Gericht entscheidet über seine Einreise nach Australien. Immer mehr Details kommen ans Licht - werfen aber mehr Fragen auf, als dass sie Antworten geben.

Das erste Endspiel steht für Novak Djokovic schon vor Beginn der Australian Open an. Im Commonwealth Law Courts Building von Melbourne entscheidet sich vom 10. Januar an, ob der 34 Jahre alte Serbe in diesem Jahr überhaupt am Grand-Slam-Turnier im Melbourne Park teilnehmen darf.

Dort, wo der Weltranglisten-Erste bereits neun Mal triumphieren konnte und sich in die Herzen der ihm inzwischen eher kritisch gegenüberstehenden australischen Tennis-Fans gespielt hat. Lehnt das Gericht seine Beschwerde gegen die verweigerte Einreise nach Australien ab, wird selbst bei einer möglichen Berufung die Zeit für einen Start knapp.

Seit Tagen beschäftigt die Tennis-Szene nur noch der Fall Djokovic. Die Turniersiege von Ashleigh Barty und Rafael Nadal am Sonntag? Sind allenfalls eine Randnotiz. Alles dreht sich nur um die Frage, ob Djokovic doch noch eine Einreisegenehmigung bekommt oder nicht.

Es bleibt beim ersten Gerichtstermin am 10. Januar

Die Juristen auf beiden Seiten kämpfen mit harten Bandagen. Das Innenministerium versuchte mit einem Antrag, seine Aussage in der Verhandlung auf den 12. Januar zu verschieben – die Gründe dafür blieben unklar. Richter Anthony Kelly lehnte das jedoch ab. Es bleibt beim ersten Showdown am Montag. Nach Djokovic (10.00 Uhr Ortszeit/0.00 Uhr MEZ) soll das Innenministerium (15.00 Uhr/5.00 Uhr) bis zu 120 Minuten lang seine Position klarmachen dürfen. Wann und ob eine Entscheidung fällt, blieb zunächst unklar.

Beide Parteien können gegen ein Urteil vorgehen. Das Innenministerium kündigte bereits an, dass selbst eine Entscheidung pro Djokovic nicht automatisch eine weitere Festsetzung des Serben verhindern werde.

Viele Ungereimtheiten im Fall Djokovic

Ein positiver Corona-Test aus dem Dezember 2021 soll Djokovic doch noch zu einer Teilnahme am ersten Grand-Slam-Event des Jahres verhelfen. Aus den Gerichtsdokumenten geht hervor, dass Djokovic am 16. Dezember 2021 zum zweiten Mal positiv auf das Coronavirus getestet worden sein soll. Zudem gibt die Seite des 20-maligen-Grand-Slam-Turniersiegers an, dass er deshalb am 30. Dezember vom medizinischen Chef des australischen Tennisverbands eine Ausnahmegenehmigung zur Einreise erhalten habe.

Sollte sich der Sachverhalt bestätigen, könnte Djokovic eventuell doch das Recht gehabt haben, Anfang Januar nach Australien zu reisen. Ihm war am 5. Januar die Einreise verweigert worden. Er konnte aus Sicht der Behörden nicht die nötigen Dokumente für eine medizinische Ausnahmegenehmigung vorlegen, um auch ohne Corona-Impfung einreisen zu dürfen. Seitdem hält er sich in einem Hotel für Ausreisepflichtige auf.

Allerdings gibt es in der Causa Djokovic nach wie vor zahlreiche Ungereimtheiten. So stellt sich die Frage, warum er nicht schon früher öffentlich gemacht hat, dass er zum zweiten Mal mit dem Coronavirus infiziert war. Erstmals war der 34-Jährige während seiner heftig kritisierten Adria Tour im Juni 2020 positiv auf das Coronavirus getestet worden. Damals hatte Djokovic das Ergebnis selbst publik gemacht. Dieses Mal nicht. Andere Profis wie zum Beispiel Nadal hatten ihre positiven Tests im Dezember zeitnah öffentlich gemacht.

Keine öffentlichen Aussagen von Djokovic

Zudem sorgen Fotos von Djokovic bei Auftritten für Diskussionen, die am Tag des angegebenen positiven PCR-Tests und den Tagen danach aufgenommen wurden. Djokovic bei einer Veranstaltung der serbischen Post, wo er eine Briefmarke mit seinem Konterfei in die Kameras hält. Djokovic mit Kindern und Jugendlichen in seiner Tennis-Akademie und Djokovic bei einem Foto-Shooting der französischen Sportzeitung «L’Équipe» zwei Tage nach dem nun ins Feld geführten positiven Coronatest. Stets ohne Masken. In Serbien muss ein positiv Getesteter theoretisch nur dann in Quarantäne, wenn er Krankheitssymptome hat und ein Amt dies anordnet. Ob und wie das kontrolliert wird, ist unklar. Die Causa Djokovic bleibt dubios und undurchsichtig.

Ungereimtheiten gibt es auch um die Frage, wann genau Djokovic seinen Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung gestellt hat. Laut den Regularien mussten die Anträge bis zum 10. Dezember vorliegen. Der positive Test sechs Tage später hätte darauf dann keinen Einfluss mehr haben können.

Von Djokovic selbst gibt es nach wie vor keine öffentlichen Aussagen zu dem Thema. Am Freitag hatte sich der Serbe kurz bei Instagram geäußert und sich für die Unterstützung seiner Fans bedankt. Vor dem Hotel bekunden immer wieder Landsleute ihre Solidarität mit ihrem Idol. Ansonsten wolle sich der Tennisstar wegen des laufenden Verfahrens nicht äußern, hieß es aus seinem näheren Umfeld.

Boris Becker: «Er ist ja schließlich kein Idiot»

Immerhin ist sein Impfstatus nun geklärt. Aus den Gerichtsdokumenten geht hervor, dass Djokovic in der Befragung durch einen Beamten des australischen Grenzschutzes angegeben habe, «nicht gegen Covid-19 geimpft» zu sein. Djokovic hatte um seinen Impfstatus seit Monaten ein Geheimnis gemacht.

Unterdessen hat der Turnierdirektor der Australian Open, Craig Tiley, Kritik an seiner Person und am australischen Tennis-Verband erneut zurückgewiesen. «Es gab viele widersprüchliche Informationen, viele gegensätzliche Informationen, und wir haben vom ersten Tag an ständig Klarheit gesucht, um sicherzustellen, dass wir erstens das Richtige tun und zweitens, die Spieler ins Land bringen können», sagte Tiley. Nach wie vor würde er Djokovic «gerne bei den Australian Open spielen sehen», sagte Tiley beim Nine Network.

Auch Deutschlands Tennis-Legende Boris Becker warb um Verständnis für Djokovic, mit dem er einst überaus erfolgreich als Trainer gearbeitet hatte. Er glaube nicht, dass der Serbe fahrlässig gehandelt habe. «Er ist im guten Glauben nach Australien geflogen, eine gültige Einreisegenehmigung zu besitzen. Wären die Papiere, die er erhalten hat, nicht in Ordnung gewesen, wäre Novak niemals in den Flieger gestiegen. Er ist ja schließlich kein Idiot.»

Von Lars Reinefeld und Florian Lütticke, dpa