Im zeitlos schönen Münchner Olympiastadion will die deutsche Leichtathletik an einstige Sternstunden unter dem Zeltdach anknüpfen und ihr düsteres Bild dieses Sommers aufhellen.
Ein bisschen zumindest, denn auch bei den am Montag beginnenden Europameisterschaften sind einige Medaillenhoffnungen nicht dabei oder hatten wie Weitsprung-Star Malaika Mihambo Corona-Sorgen.
Bei den kontinentalen Titelkämpfen stehen die Chancen auf Edelmetall dennoch besser als bei den überwiegend freudlosen Weltmeisterschaften vor einem Monat in Eugene in den USA. Dazu kommen die heimischen Fans im Rücken und die meisten Entscheidungen zur besten deutschen Fernseh-Abendzeit statt mitten in der Nacht: Die Voraussetzungen für den emotionalen Höhepunkt der Saison sind objektiv viel besser.
Sprint-Star hat Lust auf die EM
Sprinterin Gina Lückenkemper erhofft sich, mit dem deutschen Team eine ganz andere Euphorie erzeugen zu können. «Ich habe wirklich richtig Bock. Ich freue mich wahnsinnig, in München die Bahn brennen zu lassen», sagte Lückenkemper: «Ich glaube, das wird eine unfassbar schöne Meisterschaft.» Die deutschen Sprinterinnen hatten mit Staffel-Bronze bei der WM die andere deutsche Medaille neben Mihambos Gold geliefert. Insgesamt empfindet die 25-Jährige die Stimmung im Gastgeber-Team als sehr gut und die Lust auf die EM als sehr groß.
Etwas zurückhaltender sieht es Diskuswerferin Kristin Pudenz. «Das wäre ein sehr schönes Ausrufezeichen, das wir setzen können», sagte die bei der WM enttäuschende Olympia-Zweite. Man zeige damit, dass man als Team zusammenhalte, auch wenn es einmal nicht so gut laufe. Dreispringerin Neele Eckhardt-Noack hofft auf ein sehr gutes Abschneiden der deutschen Mannschaft. «Aber es bügelt nicht das aus, was in Eugene alles nicht lief», sagte sie.
Mihambo ist nach ihrer Startzusage trotz vorangegangener Corona-Infektion die größte Hoffnung und bereits am Dienstag in der Qualifikation gefordert. Vor allem ihre mentale Stärke sollte als Vorbild dienen. «Ich werde jetzt vielleicht keine 7,31 springen, trotzdem kann ich sicherlich noch über sieben Meter springen. Aber das muss man sich auch wirklich jeden Tag wieder sagen und zutrauen», erklärte die Olympiasiegerin und Titelverteidigerin.
Speerwurf-Asse fehlen
19 Medaillen wie beim großen EM-Fest vor vier Jahren im Berliner Olympiastadion dürften es indes diesmal kaum werden. «Die EM in München wird sicherlich kein Selbstläufer», sagte Chefbundestrainerin Annett Stein. «Der Ausfall einiger Leistungsträger macht unsere Mission nicht unbedingt leichter.» Die Speerwurf-Asse Johannes Vetter und Christin Hussong fehlen ebenso wie die zweimalige Hindernis-Europameisterin Gesa Krause. Anderen wie Mihambo oder den Gehern Jonathan Hilbert und Christopher Linke machten vor, während oder nach der WM Corona-Infektionen zu schaffen.
Erste Chancen gibt es bereits am Montag im Marathon, unter anderen durch Amanal Petros und Katharina Steinruck sowie in der Teamwertung. Die Rennen werden wie geplant um 10.30 Uhr bei den Frauen und um 11.30 Uhr bei den Männern beginnen. Da es mit 25 Grad nicht so heiß werden soll wie befürchtet, bleibt es bei den Startzeiten. Auch so werden die Bedingungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern alles abverlangen. Petros will sich die 42,195 Kilometer klug einteilen. Die deutschen Zwillingsschwestern Deborah und Rabea Schöneborn wollen sich schon vor dem Start so gut wie möglich kühlen.
In den Kugelstoß-Wettbewerben sowie den 10.000 Metern der Frauen mit Konstanze Klosterhalfen fallen am Abend (18.15 Uhr/ZDF) die ersten Entscheidungen im Olympiastadion. Der Blick geht aber auch auf die Zehnkämpfer mit Niklas Kaul und Arthur Abele: Während sich der häufig verletzte Titelverteidiger Abele verabschiedet, könnte Kaul dieser EM schon den ersten großen Schub verleihen. Der Ex-Weltmeister will in einer körperlichen Verfassung sein, «die so gut ist wie noch nie zuvor».
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