Auf ein Neues. Mit den Lehren aus Peking fühlt sich Deutschlands Eishockey-Nationalteam zum WM-Auftakt bereit für die erhoffte Olympia-Revanche gegen Rekordchampion Kanada.
«Für viele Jungs bei uns, die Olympia gespielt haben, ist es eine große Chance für Wiedergutmachung. Ich will einfach nur, dass wir gewinnen», sagte NHL-Verteidiger Moritz Seider in Helsinki über die erste Aufgabe am Freitag gegen den Titelverteidiger (19.20 Uhr/Sport1/MagentaSport). «Wir müssen uns gar nicht verstecken. Wir gehen mit breiter Brust raus», sagte der 21-Jährige von den Detroit Red Wings, obwohl Edmonton-Superstar Leon Draisaitl bei der WM in Finnland fehlt.
Holzer: «Müssen 110 Prozent bringen»
Bei den Winterspielen in Peking vor rund drei Monaten hatte das 1:5 gegen das Mutterland des Eishockeys die herbe Enttäuschung für das DEB-Team eingeleitet. «Ich denke, wir haben die Lehren daraus gezogen und viel daraus gelernt in der Hinsicht, dass wir in jedem Turnier einfach 110 Prozent bringen müssen», sagte der frühere NHL-Verteidiger Korbinian Holzer: «Wir müssen auf jeden Fall einen besseren Start haben ins Turnier als bei Olympia. Klar ist der Anreiz groß.»
Der Auftakt hat es mit den zwei vermutlich schwersten Gruppengegnern in sich: Nach dem Duell mit Kanada ist das Team von Bundestrainer Toni Söderholm 24 Stunden später gegen den Olympia-Dritten Slowakei gefordert. «Es ist gut, mit dem Kanada-Spiel zu starten, um zu sehen, wo der Maßstab wahrscheinlich liegt», sagte Berlins Marcel Noebels: «Es ist nicht leicht, aber wir freuen uns auf die Aufgabe.»
Der Fehlstart in Peking gegen ein nahezu komplett anders aufgestelltes kanadisches Team stand sinnbildlich und war richtungsweisend für den ersten heftigen Rückschlag in der sonst erfolgreichen Zeit mit Söderholm. Die ersten zehn Minuten mit drei schnellen Gegentoren hatten die Deutschen verschlafen. «Wir wissen, wie es bei Olympia losgegangen ist. Wir werden gewarnt sein, dass wir uns nicht mehr so überrennen lassen», sagte Holzer rückblickend. Hinzu kam damals nach fünf Minuten der nicht geahndete Check des Kanadiers Eric O’Dell gegen den Kopf von Verteidiger Marco Nowak.
DEB-Team mit schönen Erinnerungen an Kanada-Duelle
«Wir haben damals einen Spieler verloren, der uns sehr wichtig war. Das heißt jetzt nicht, dass wir auf Rache aus sind», sagte Noebels: «Wenn wir gewinnen, tut es denen mehr weh, als wenn wir etwas anderes vorhaben.» Der Unterschied zu Olympia: In Peking hatten keine NHL-Spieler teilgenommen. Bei der WM ist ausgerechnet KHL-Angreifer O’Dell einziger Nicht-NHL-Profi der Kanadier.
Deutschlands Nationalteam verbindet aber auch schöne Erinnerungen an Duelle mit der Top-Nation. Beim 4:3 im Olympia-Halbfinale 2018 in Südkorea führte der Außenseiter das Eishockey-Mutterland lange vor. Das 3:1 im vergangenen Jahr in Riga war der erste WM-Sieg gegen Kanada seit 25 Jahren. Es war ein Glanzpunkt auf dem Weg ins Halbfinale. «Es war eine brutale Mannschaftsleistung, Mathias Niederberger hat überragend gehalten. Wir haben viel Leidenschaft reingelegt. So muss man den Kanadiern begegnen», forderte Holzer.
2021 war Kanada mit drei Niederlagen ins Turnier gestartet – und kürte sich am Ende doch zum Weltmeister. Es könnte ein Vorteil sein, wieder früh auf die Nordamerikaner zu treffen, die noch nicht so eingespielt sein dürften. «Wir werden hart arbeiten, viele Schüsse blocken und positive Mentalität an den Tag legen. Ich glaube, dann wird es ein cooles Spiel», kündigte Seider an.
Mehrere Leistungsträger fehlen
Allerdings muss die Auswahl nicht nur ohne Draisaitl auskommen, sondern auf mehrere Leistungsträger verzichten. Die Youngster Lukas Reichel und John-Jason Peterka sind noch in den Playoffs der AHL. Andere wie Verteidiger Nowak fehlen verletzt. Vorsichtiger als vor Peking geht Deutschland mit den Zielen der neu zusammengestellten Mannschaft um. «Ich glaube, dass wir uns erst mal finden müssen. Es sind große Erwartungen, die in den nächsten Wochen warten», warnte Noebels.
Am Samstag (19.20 Uhr/Sport1 und MagentaSport) kommt es gleich zum schnellen Wiedersehen mit der Slowakei. Am Montag beginnen mit der Partie gegen Frankreich die entscheidenden Spiele fürs Minimalziel Viertelfinale, ehe es zum Vorrundenabschluss zum Prestigeduell mit der Schweiz kommt. «Das Ziel ist schon eine Medaille», sagte NHL-Torhüter Philipp Grubauer bei Sport1, preschte aber damit deutlich forscher vor als seine Teamkollegen oder als Söderholm. Der Bundestrainer antwortete auf die Frage, was anders als in Peking nicht passieren dürfe, verschmitzt: «Niederlagen.»
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