Nächste Niederlage, Gruppenletzter und von Harry Kane und Co. zeitweise düpiert: Eigentlich hätte zum Ende von Eintracht Frankfurts Champions-League-Reise nach London Tristesse herrschen müssen. Doch die Europa-League-Sieger dachten nach dem turbulenten 2:3 bei Tottenham Hotspur gar nicht daran.
Trainer Oliver Glasner äußerte großen Stolz, Sportvorstand Markus Krösche betonte seine Zuversicht und im mächtigen Londoner Fußball-Tempel feierten und sangen die knapp 5000 mitgereisten Eintracht-Fans auch dann noch, als das restliche Stadion bereits leer war.
Krösche: «In der Gruppe ist alles offen»
Frankfurt befindet sich bei seinem Königsklassen-Debüt in einer kuriosen Lage: Einerseits droht nach vier Punkten aus vier Spielen das Aus, die Eintracht ist derzeit Letzter in der von Anfang an für offen gehaltenen Gruppe D. Andererseits reichen zwei Siege gegen Olympique Marseille (26. Oktober) und bei Sporting Lissabon (1. November) sicher aus, um in Europas Glamour-Wettbewerb zu überwintern. «In der Gruppe ist alles offen. Wir müssen beide Spiele gewinnen», sagte Funktionär Krösche.
Leistungsmäßig muss dafür eine klare Steigerung her, denn das 2:3 gegen Tottenham um Doppeltorschütze Heung-Min Son und Kane sah deutlich besser aus als die 90 Minuten, in denen die Spurs Fußball teilweise zelebrierten. «Wie sie verteidigt haben, wie sie nach vorne gespielt haben. Da ist Tottenham zwei Schritte weiter als wir. Wir sollten nicht den Fehler machen, uns mit Tottenham auf Augenhöhe zu sehen», gestand Krösche ein. Kapitän Sebastian Rode sagte, die Abschlüsse und das Tempo von Son haben der Eintracht «den Rest gegeben». Beim 0:0 in der Vorwoche in Frankfurt hatten die Hessen noch deutlich besser dagegengehalten.
Chefcoach Glasner war vier Tage nach der 0:3-Schlappe in Bochum diesmal in ganz anderer Laune. Denn ihn beschäftigte weniger die Überlegenheit der Spurs, sondern mehr die Moral seiner Mannschaft. «Ich bin unglaublich stolz, was sie geleistet haben. Dieser Charakter und diese Persönlichkeit – das ist Eintracht-Frankfurt-Identität, die ich hier gesehen habe», sagte der Österreicher. Die frühe Führung durch Daichi Kamada und der späte Anschluss durch Faride Alidou wertete Glasner als positive Signale. «Wenn die Jungs so auftreten, stimmt mich das sehr zuversichtlich für unsere gemeinsame Zukunft», sagte Glasner.
Tuta nach Platzverweis «niedergeschlagen»
Durch die Saison ziehen sich aber auch leichte Fehler und verheerende Tollpatschigkeiten. In London flog der vor der Saison als Abwehrchef vorgesehene Tuta nach zwei naiven Fouls mit Gelb-Rot vom Feld. «Es war wieder mal der berühmte Sturz mit dem Fahrrad. Jetzt ist er schon dreimal auf die gleiche Art gestürzt. Jetzt hoffen wir, dass er künftig besser in die Pedale tritt», sagte Glasner mit einem Schmunzeln. Tuta selbst sei «niedergeschlagen» gewesen, ließ der Coach wissen. Dass der 38 Jahre alte Makoto Hasebe wieder mal zur unersetzlichen Schlüsselfigur wird, deutet nicht darauf hin, dass die durch das Karriereende von Martni Hinteregger entstandene Lücke im Sommer gut geschlossen wurde.
Mit dem in Teilen dünnen Kader muss Glasner nun durch die Englischen Wochen bis zur WM im November kommen. Hasebe verletzte sich in London, Tuta wird gegen Marseille wegen einer Sperre fehlen und Ansgar Knauff muss verletzungsbedingt wohl mehrere Wochen pausieren. «Es scheint so zu sein, dass wir die nächsten Spiele auch noch ein bisschen improvisieren müssen. Es ist nicht die angenehmste Situation», sagte Glasner. Zumindest offensiv kann der Österreicher komfortabel nachlegen: Ex-Weltmeister Mario Götze, Europa-Held Rafael Borré und Neuzugang Lucas Alario hatten beim Gastspiel in London zunächst nur Bankplätze.
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