Die Altherren-Fußballer haben die Europameisterschaft der Springreiter verlassen.
«Die konnten nicht mehr, die haben hier Vollgas gegeben», berichtete André Thieme vergnügt. Der 46 Jahre alt Reiter aus Plau am See, sonst selber ein Teil der Kickertruppe, bleibt selbstverständlich in Riesenbeck, denn nach Team-Silber winkt Thieme am Sonntag im Einzel-Finale eine weitere Medaille.
Bier mit den Kumpels – Wort gehalten
Seine Fußball-Freunde waren bei der Heim-EM drei Tage als Fanclub dabei und freuten sich am Freitag mit dem EM-Debütanten über das Edelmetall des deutschen Quartetts. Am Abend vor der entscheidenden Runde des Mannschaftswettbewerbes hatte Thieme sogar noch Bier mit den Kumpels aus der Heimat getrunken. Er habe vorher «offiziell bei Otto Becker um Erlaubnis gefragt», und der Bundestrainer habe unter der Bedingung zugestimmt, dass Thieme am Folgetag fehlerfrei reite. Thieme stand – nicht so lange wie die anderen Altherren-Fußballer – am Tresen, hielt am Tag danach Wort und ritt mit Chakaria makellos.
Dank der zweiten Null-Runde des Nationenpreises ist Thieme jetzt nicht nur Silber-Gerwinner mit dem Team, sondern auch Zweiter vor den beiden weiteren Runden des Einzels. Mit seiner Stute Chakaria liegt er mit 2,84 Strafpunkten direkt hinter Titelverteidiger Martin Fuchs aus der Schweiz mit Leone Jei (1,31).
Thieme ist nicht der einzige deutsche Reiter, der sich noch Chancen ausrechnen darf. Auf Rang acht liegt vor dem Finale Christian Kukuk mit Mumbai (5,93). «Wir schauen zuversichtlich auf Sonntag», sagte der in Riesenbeck lebende und bei EM-Gastgeber Ludger Beerbaum beschäftigte Reiter. Schon etwas weiter weg ist David Will aus Dagobertshausen mit C Vier als Elfter, weil der nach dem Zeitspringen am Mittwoch noch führende Reiter schon 8,00 Strafpunkte hat.
Kein Druck bei Thieme
Favorit aus deutscher Sicht ist also Thieme. Druck verspürt er deshalb nicht. «Jetzt kann ich es genießen», sagte der Reiter: «Ich bin ja jetzt glücklicher Silber-Gewinner.» Den Druck hatte der 46-Jährige vorher, denn nach einem missglückten Olympia-Debüt wollte er unbedingt beweisen, «dass wir es besser können». Er könne «seit gestern wieder gut schlafen», berichtete der Reiter, der nach eigener Auskunft in Tokio «Lehrgeld» gezahlt hatte.
Der 46-Jährige ist erst vergleichsweise spät in den internationalen Spitzensport gekommen. Bekannt wurde er 2007, als ihm der erste von drei Siegen im Deutsche Springderby in Hamburg gelungen war. Zu seinen spektakulären Erfolgen gehört der Rekord von vier Siegen in Eine-Million-Dollar-Springen in den USA, zuletzt im Frühjahr. Olympia und EM seien «aber noch mal eine ganz andere Nummer», sagte er, auch im Vergleich zu einem Great American Grand Prix.
Dass er in Tokio dabei war und nun in Riesenbeck zum Nationalteam gehört, hat er Chakaria zu verdanken. «Man braucht dafür ein außergewöhnliches Pferd», sagte Thieme: «Das hatte ich vorher nicht.» Mit der Stute will er nun eine weitere Medaille holen – und die könnte er dann am Dienstag seinen Fußball-Freunden präsentieren. Um 19.00 Uhr ist Training.
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