23. November 2024

Sport Express

Express-Sport direkt aus der Arena

Eigener Erfolgsweg: Nowitzkis Nachfolger nabeln sich ab

Dennis Schröder und Co. sind auf dem besten Weg, an die Basketball-Erfolge der Nowitzki-Ära heranzureichen. Die abgetretene Legende wird auf der japanischen Insel zum Fan in Reihe eins.

Mit breitem Grinsen macht es sich Dirk Nowitzki in der ersten Reihe der WM-Arena gemütlich.

Wie ein Fan verfolgt die deutsche Basketball-Ikone in Okinawa derzeit die Spiele – vor allem natürlich die des eigenen Nationalteams, das inzwischen von seinem Nachfolger und Kapitän Dennis Schröder angeleitet wird. Nowitzki und Schröder grüßten sich auf dem Parkett herzlich, aber in aller Kürze. Einen Kabinenbesuch beim siegreichen EM-Dritten gab es auf der japanischen Trauminsel zunächst nicht. 

Kein Wunder, denn Schröder und Co. verließen bald nach dem eindrucksvollen 85:82-Coup gegen Australien die Arena und trafen sich als Team zum gemeinsamen Abendessen, um Franz Wagners Geburtstag zu feiern. «Das ist natürlich eine Riesenehre, dass er hier ist. Cool, dass er beim Spiel vorbeigekommen ist und uns supportet hat», sagte Schröder nach dem Training in einer sehr kompakten Schulturnhalle. Der 29-Jährige trug eine schwarze Mütze und wirkte nach dem perfekten WM-Start mit zwei Siegen ganz gelassen.

Wagner-Einsatz weiter offen

Am Dienstag (9.30 Uhr/Magentasport) soll dieser gegen die bislang sieglosen Finnen und NBA-Profi Lauri Markkanen fortgesetzt werden. Ob Franz Wagner nach seiner Verletzung am Knöchel zurückkehrt, blieb vor dem Spieltag offen. «Es wird besser bei ihm. Er bewegt sich, er wirft, er kann ein bisschen rennen», sagte Bundestrainer Gordon Herbert. Er bezifferte die Chancen für einen Einsatz auf 50:50. Den jungen Wagner wird es im Turnierverlauf brauchen, um an EM-Bronze im Vorjahr anzuknüpfen – und damit auch an die Erfolge der Nowitzki-Ära.

Die Zeiten sind kaum vergleichbar. Fungierte Superstar Nowitzki damals häufig als Alleinunterhalter, dem einfach permanent der Ball zugeführt wurde, hat sich inzwischen eine von Schröder getragene Mannschaft entwickelt, die sich stark über den Teamgeist definiert. Deutlich mehr deutsche Profis laufen zudem inzwischen in der NBA auf. 

Der Sport hat sich in Deutschland entwickelt, die Nationalmannschaft auch. «Dirk war damals der Go-To-Guy, wir haben jetzt mit Dennis und Franz mehrere Leute. Du kannst nicht nur mit einem oder zwei Spielern gewinnen. Du brauchst das Team drumherum und den Coach und das ist das, was uns so stark macht», sagte Daniel Theis. 

Mo Wagner: Würdigen Dennis Schröder nicht genug

Der 31-Jährige war bei Nowitzkis letztem Turnier 2015 von diesem kritisiert worden, weil er bei der EM nicht auflief und dann in besagtem Zeitraum Vorbereitungsspiele für seinen Club absolvierte. Auf die Frage, ob es in Okinawa schon Gespräche mit oder Glückwünsche von Nowitzki gegeben habe, sagte Theis in einer Medienrunde nach dem Training knapp und ohne weitere Erklärungen: «Nein.» Fragen zum 45 Jahre alten Nowitzki, der seit 2019 nicht mehr aktiv ist, fühlen sich derzeit auch an wie Fragen, die sich nicht um das derzeitige Team drehen. 

Die nächste Generation emanzipiert sich und ist auf dem Weg, die sportlichen Erfolge der 2000er-Jahre zu wiederholen. Je eine Medaille bei WM und EM sowie einen Olympia-Start holten Nowitzki und sein Team damals. Schon in wenigen Wochen könnten Schröder und Co. bei der Endrunde in Manila gleichziehen. Selbst Ziele wie ein großer Titel oder eine Olympia-Medaille, die damals nicht erreicht wurden, scheinen nicht ausgeschlossen. Und in seinem Team genießt Aufbauspieler Schröder inzwischen einen ähnlichen Status wie Nowitzki damals. 

«Wir würdigen Dennis als deutsches Basketball-Land nicht genug. Der Typ wird jedes Jahr besser», sagte Moritz Wagner. Wie sehr das Team derzeit mit sich und der eigenen Erfolgswelle bei der WM beschäftigt ist, war nach der leichten Einheit am Montag am besten bei Chefcoach Herbert zu sehen. Er habe Nowitzki gar nicht live in der Halle gesehen, sondern erst am folgenden Tag – beim Studium der Videobilder, um sich auf Finnland vorzubereiten.

Patrick Reichardt und Lars Reinefeld, dpa