24. November 2024

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DOSB-Virologin zur Omikron-Gefahr: Nicht alle Dinge im Griff

Glück müssen die 148 deutschen Olympia-Athleten haben, um gesund und ohne Omikron-Infektion bei den Peking-Spielen zu starten. Gefahren lauern bei der Anreise.

Für die 148 nominierten deutschen Olympia-Starter wird die Mission Winterspiele ein Wettkampf gegen die Coronavirus-Variante Omikron bleiben.

Bis zum Eintreffen in den olympischen Dörfern in Peking, Yanqing und Zhangjiakou lauert die größte Ansteckungsgefahr vor und während der Anreise. Ein großes Glücksspiel? «Es ist so. Wir haben Dinge, die wir nicht komplett im Griff haben», sagte Barbara Gärtner, Virologin des Deutschen Olympischen Sportbundes, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. «Trotz allen Testens kann man keinen hundertprozentigen Schutz garantieren.»

Mehr Sicherheit in der «Closed-Loop»

Einmal in China angekommen, dürfte das Leben in der sogenannten «Closed-Loop» mehr Sicherheit in der Pandemie als anderswo auf der Welt bieten. Für die Winterspiele vom 4. bis 20. Februar werden Sportler, Trainer und Betreuer abgeschirmt von der Bevölkerung sein. «Ich würde sagen, dass die Athleten im Augenblick in Peking sicherer sind als in Deutschland», meinte die Expertin für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie. Denn wer sich in die Olympia-Blase begibt, muss vollständig geimpft sein und regelmäßig PCR-Tests machen.

In Sicherheit wiegen darf man sich in den Athleten-Dörfern und an den Wettkampfstätten jedoch nicht: Die Corona-Gefahr könnte nach Ansicht von Gärtner in Peking sogar größer werden als zuletzt im Sommer bei den Tokio-Spielen. «Das Problem heißt Omikron. Bei einem Erreger wie diesem kann es problematischer werden, wenn er einmal eingeschleppt wird in die Blase, weil die Übertragungsfrequenz höher ist», erklärte sie. «Es wäre ein größeres Problem, als es durch die Delta-Variante in Tokio gewesen ist.»

Erster positiver Fall bei Einreise

Am Montag meldeten die chinesischen Organisatoren bei den Einreise-Kontrollen den ersten Corona-Fall bei einem Olympia-Team. Einer der 153 am Sonntag eingereisten Athleten und Funktionäre sei am Flughafen in Peking positiv getestet worden, hieß es. Drei weitere Corona-Fälle wurden bei anderen Olympia-Akkreditierten ermittelt. Konkretere Angaben zur Identität der positiv Getesteten gibt es von den Olympia-Machern nicht.

Auch ein Betreuer aus dem Team Deutschland ist positiv auf das Coronavirus getestet worden. Wie der Deutsche Olympische Sportbund am Montag mitteilte, ist der Befund am Sonntag nach einem PCR-Test in der Skiregion Zhangjiakou festgestellt worden. Der Betreuer sei symptomfrei und befinde sich in einem Quarantäne-Hotel, hieß es in einer Mitteilung. Die Abläufe vor Ort hätten den im Playbook beschriebenen Vorgaben entsprochen, die Kommunikation zwischen dem medizinischen Personal des Organisationskomitees vor Ort und dem DOSB sei sehr gut und kooperativ gewesen.

Bei der ersten Anreisewelle von Olympia-Beteiligten waren bereits 39 Corona-Fälle festgestellt worden. Allerdings seien keine Athleten und Team-Funktionäre darunter gewesen, hatten die chinesischen Organisatoren am Sonntag mitgeteilt. Die Fälle hätten sich unter den 2415 anderen Akkreditierten verteilt.

Wegen der rigiden Covid-Strategie und der äußerst geringen Zahl von Ansteckungen in China erwartet Gärtner, dass strikter als in Tokio mit infizierten Olympioniken umgegangen werden könnte. «Wenn man die Null-Covid-Politik hat, werden möglicherweise einzelne Infekte kritischer gesehen», sagte sie. Es sei eine «andere Gedankenwelt als die unsere» in einem Land, das ganze Städte bei nur wenigen Infektionen abriegeln würde: «Deswegen ist die Toleranz gegenüber Infizierten in dem Land deutlich geringer als in Tokio.»

Alle deutschen Olympia-Teilnehmer würden geimpft nach Peking fliegen. «Es gab sehr wenige Athleten, bei denen ein Extra-Gespräch notwendig war, um sie vom Impfen zu überzeugen», berichtete die Leiterin des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene des Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg. «So richtige Impfgegner» gebe es unter Athleten eher weniger.

Nach der Kritik an dem chinesischen Richtwert von PCR-Tests bemüht sich das Internationale Olympische Komitee, die Angst der Athleten vor falsch-positive Ergebnissen zu entkräften. Dies könnte Genesene treffen, in deren Körper nach der Ansteckung noch eine längere Zeit eine höhere Viruslast feststellbar ist.

CT-Wert umstritten

Umstritten ist dabei der CT-Wert, der theoretisch angibt, wie ansteckend ein Infizierter ist. In China gilt eigentlich der Wert CT 40, in Deutschland CT 30. Je niedriger der Wert ist, als desto ansteckender gilt eine Person. Wohl als Reaktion auf die anhaltende Diskussion darüber haben die Peking-Organisatoren die strikten Regeln etwas gelockert. Kern der vom Internationalen Olympischen Komitee am Montag veröffentlichten Vorgaben ist die Festlegung des CT-Werts (Cycle Threshold) für einen positiven Test auf unter 35.

«Wir können uns die Vorgeschichte des zuvor durchgeführten Tests ansehen. Wir können uns die CT-Werte ansehen, um zu sehen, ob sie sich verändern, ob sie ansteigen», erklärte IOC-Arzt Brian McCloskey, der ein dafür zuständiges Expertenteam in Peking leiten wird. Nach Ansicht all dieser Daten könne man beurteilen, wen man ins olympische Dorf lassen oder mit Einschränkungen dorthin lassen könne, um das Risiko zu minimieren: «Die Priorität muss sein, die Spiele sicher zu machen.»

Virologin Gärtner ist zuversichtlich, dass die Pandemie 2024 bei den Sommerspielen in Paris kein Thema mehr sein wird und sie bis Anfang 2023 beendet sein könnte. «Mich würde das nicht wundern. Ich gehe ehrlich gesagt davon aus, dass Omikron der Anfang vom Ende ist», sagte sie. Alle Pandemien seien früher oder später zu Ende gegangen – die meisten früher. «Natürlich kann man immer schwarzmalen und Gefahren sehen, aber Anhaltspunkte, dass wir uns noch zehn Jahre auf diesem Niveau bewegen, hat niemand», meinte Gärtner.

Von Andreas Schirmer, dpa