Der Deutsche Olympische Sportbund muss auf die Suche nach einem neuen Präsidenten gehen. Amtsinhaber Alfons Hörmann hat nach schweren Vorwürfen an seinem Führungsstil im DOSB den Weg für einen Neuanfang freigemacht.
Das DOSB-Präsidium beschloss auch als Folge von wenig cleverem Management der schweren Krise einstimmig, außerordentliche Neuwahlen bei der Mitgliederversammlung im Dezember durchzuführen und auf eine vorgeschaltete und von den Spitzenverbänden vorgeschlagene Vertrauensabstimmung zu verzichten.
Hörmann: Geordneten Übergang organisieren
Der 60-jährige Hörmann, seit 2013 an der Spitze der Dachorganisation des Sports, wird sich nicht mehr zur Wahl stellen und abtreten. «Mein Antrieb im ehrenamtlichen Engagement war und ist es, die gesellschaftliche Kraft des Sports zu stärken, optimale Bedingungen für alle Athleten und Sportler zu schaffen und die Werte des Sports aktiv zu vertreten und zu leben: Fairness, Respekt und Leistung», erklärte Hörmann.
Das Wohl des deutschen Sports müsse immer über den Ambitionen und Zielen der handelnden Personen stehen. «Deshalb geht es jetzt darum, einen geordneten Übergang zu organisieren, der Stabilität für den DOSB und seine Mitgliedsorganisationen sicherstellt und gleichzeitig einen fairen Wettbewerb um Personen und Konzepte für den DOSB ermöglicht», erklärte der Wirtschaftsmanager aus Bayern.
Auch Kaweh Niroomand, Vizepräsident für Wirtschaft und Finanzen, hat laut DOSB angekündigt, aufhören zu wollen. Niroomand sprach von zuletzt sehr erfolgreichen Jahren für den DOSB, sowohl sportlich als auch wirtschaftlich, übte aber auch Kritik. «In den letzten Wochen ist allerdings deutlich geworden, dass die für den Erfolg notwendige gemeinsame Basis und Geschlossenheit in Teilen des deutschen Sports nicht mehr gegeben ist», sagte der Geschäftsführer des deutschen Volleyball-Meisters Berlin Volleys. «Ich bedauere das sehr und werde meinen Platz frei machen für neue Köpfe und Ideen.»
Vorbereitung der Neuwahlen beginnt
Die konkrete Vorbereitung der Neuwahlen zum Jahresende sollen laut DOSB-Mitteilung die Sprecher der drei Verbändegruppen – Landessportbünde, Spitzenverbände und Verbände mit besonderen Aufgaben – koordinieren. Ob die vier weiteren Vizepräsidenten sich erneut zur Wahl stellen, würden diese zu gegebener Zeit bekanntgeben.
Das amtierende Präsidium werde vorrangig in den kommenden Wochen alles dafür tun, die Athleten «bestmöglich bei den Olympischen und Paralympischen Spielen in Tokio zu unterstützen». Ob Hörmann wie vorgesehen als Delegationsleiter mit nach Japan reisen wird, bleibt offen. Auch die Vorbereitungen für die Winterspiele im Februar 2022 in Peking sollen auf den Weg gebracht werden. «Gleiches gilt für die vielfältigen Aufgaben in Sportdeutschland im Bereich des Breitensports, der nach wie vor eine teamorientierte Kraftanstrengung für die Zeit nach der Pandemie braucht», hieß es.
Der Unmut gegen die DOSB-Spitze war zuletzt immer größer und von Rücktrittsforderungen an den Chef des Dachverbandes begleitet worden. Hörmann war in einem anonym veröffentlichten offenen Brief von Mitarbeitern des DOSB ein ungebührlicher Führungsstil («Klima der Angst») vorgeworfen worden. Daraufhin hatte die Ethikkommission die Anschuldigungen untersucht und am 7. Juni vorgezogene Neuwahlen empfohlen.
Freitag: «Richtig und überfällig»
SPD-Politikerin Dagmar Freitag bezeichnete den angekündigten Rückzug von Hörmann als «richtig und überfällig» bezeichnet. «Wenn man das Vertrauen eines bedeutenden Teils der wichtigsten Stakeholder und Unterstützer seiner Organisation verloren hat, hat man seine persönlichen Interessen zurückzustellen», sagte die Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag der Deutschen Presse-Agenur.
«Dass es erst der Eskalation der letzten Wochen bedurfte, wirft kein gutes Licht auf die Selbstwahrnehmung des DOSB-Präsidenten und seiner Vertrauten in Präsidium und Vorstand, die ihm ja unverzüglich und demonstrativ den Rücken gestärkt hatten», kritisierte Freitag.
Es müsse nun zwingend einen Neuanfang geben, nicht nur bei der Position des DOSB-Präsidenten. «Schließlich haben seine Präsidiumskollegen seit Jahren geschlossen hinter dem Agieren des Präsidenten gestanden, obwohl ich davon ausgehe, dass ihnen die zunehmenden atmosphärischen Verwerfungen in Bezug auf die Beschäftigen, die Politik und nicht zuletzt die Medien nicht verborgen bleiben konnten», meinte Freitag.
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