Benedikt Doll fühlte sich wie im Training und das im schwersten aller Biathlon-Rennen. Nach der enttäuschenden Heim-WM brach Doll mit seinem vierten Weltcupsieg den Bann und bescherte den deutschen Männern den ersten Einzelpodestplatz in diesem Jahr.
Viermal null: «Liegt schon viele Jahre zurück»
Im Einzel von Östersund über 20 Kilometer blieb der 32-Jährige ohne Strafminute, viermal fehlerfrei schießen – das ist ihm in einem Weltcup-Einzel noch nie gelungen. «Es war heute ein bisschen wie ein Trainingslauf, wie ein Trainingsschießen, und ich habe kaum gewackelt», sagte Doll nach seinem ersten Erfolg seit über einem Jahr im ZDF. Zum Auftakt des vorletzten Saison-Weltcups hatte Denise Herrmann-Wick als Dritte bereits exzellent vorgelegt, Doll toppte das dann noch – etwas überraschend.
Für ihn war es nicht nur der erste Podestplatz seiner Karriere im Biathlon-Klassiker. Sondern auch ein besonderes Ergebnis am Schießstand. «Das absolute Highlight war, dass ich das erste Mal viermal null in einem Weltcup-Rennen geschossen habe. Das letzte Mal viermal null war in einem Rennen im Deutschland-Pokal, und das liegt schon viele Jahre zurück», sagte der Schwarzwälder.
Favoriten fallen mit Corona aus
Er nutzte dabei auch das coronabedingte Fehlen einiger Top-Leute, darunter Norwegens 16-maliger Saisonsieger Johannes Thingnes Bö, der zu Hause auf der Couch dennoch vorzeitig den vierten Gewinn des Gesamt-Weltcups feiern konnte. «Ich habe die Chance ganz gut genutzt mit der Abwesenheit der üblichen Favoriten und darf heute ganz oben stehen», sagte Doll. «Sie hätten es heute auch schwer gehabt gegen Benni», ergänzte Bundestrainer Mark Kirchner.
Die kleine Kristallkugel für die Einzelwertung musste Oberhof-Weltmeister Bö seinem Teamkollegen Vetle Sjastad Christiansen kampflos überlassen, der hinter dem Italiener Tommaso Giacomel Dritter wurde. Das starke deutsche Teamergebnis komplettierten Philipp Nawrath sowie Roman Rees auf den Plätzen vier und fünf.
Auf das Siegergefühl musste Doll eine Weile warten. Zuletzt hatte der Ex-Sprintweltmeister am 22. Januar 2022 in Antholz den Massenstart gewonnen. Bei der WM in Oberhof waren die Schützlinge von Bundestrainer Mark Kirchner erstmals seit 1976 in WM-Rennen ohne Medaille geblieben. Für Doll dürfte dieser eher etwas unerwartete Triumph eine große Motivation sein, hatte der Schwarzwälder doch vor Kurzem verkündet, dass er sein Karriereende noch um eine Saison verschiebt.
Herrmann-Wick zuvor Dritte
Zuvor konnten selbst Probleme mit einem klemmenden Gewehrschloss Herrmann-Wick nicht stoppen. Nach 15 anstrengenden Kilometern und einem Fehlschuss musste sie sich nur den fehlerfreien Italienerinnen Dorothea Wierer und Lisa Vittozzi geschlagen geben. «95 Prozent Trefferleistung und dann auf dem Podest, das ist eine richtig coole Sache», sagte die Einzel-Olympiasiegerin. Herrmann-Wick setzte lediglich den dritten ihrer ersten fünf Schüsse daneben. Doch davon ließ sich die Sächsin nicht aus dem Konzept bringen. Und das, obwohl an ihrer Waffe das Schloss aufgrund der Kälte immer wieder klemmte. «Man muss schon cool bleiben, das ist mir gelungen», sagte die Sprint-Weltmeisterin von Oberhof.
Herrmann-Wick schaffte es zum vierten Mal in einem Weltcup-Rennen in diesem Winter unter die Top drei. Und das an einem für sie besonders wichtigen Ort. Denn in Östersund hatte sie im Dezember 2017 ihre ersten beiden Weltcup-Siege als Skijägerin gefeiert, zudem holte sie 2019 dort ihren ersten WM-Titel.
Herrmann-Wick: Keine Zukunfts-Sorgen
Für Herrmann-Wick könnten es die letzten Rennen in Mittelschweden sein, denn nicht ausgeschlossen ist, dass sie nach der Saison zurücktritt. Wie sehr sie fehlen würde, zeigt der Fakt, dass die frühere Langläuferin im Weltcup und bei der Weltmeisterschaft für alle sechs Podestplätze, davon drei Siege, des Frauen-Teams verantwortlich ist.
Doch «Mama» Herrmann-Wick macht sich keine Sorgen um die Zukunft, wie sie schon nach den Oberhof-Rennen gesagt hatte. Und dass ihre Teamkolleginnen auch in der erweiterten Weltspitze mitlaufen, zeigten Vanessa Voigt (1 Fehler) als Sechste und Hanna Kebinger (2) in ihrem ersten Weltcup-Einzel als Elfte.
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