Novak Djokovic klopfte dem tief enttäuschten Carlos Alcaraz aufmunternd auf die Schultern und äußerte sein Mitgefühl über das große Drama des 20 Jahre alten Spaniers.
Nach zwei begeisternden Sätzen im Halbfinal-Duell der Tennis-Generationen bei den French Open nutzte der Serbe die körperlichen Probleme des von Krämpfen geplagten Alcaraz und darf auf den dritten Titel beim Sandplatzklassiker hoffen. Durch das 6:3, 5:7, 6:1, 6:1 erreichte der 36-jährige Djokovic sein siebtes Finale in Paris und ist noch einen Sieg vom alleinigen Grand-Slam-Rekord entfernt.
Alcaraz wurde laut eigener Aussage von Krämpfen im gesamten Körper geplagt und konnte sich von der Anfangsphase des dritten Durchgangs an kaum noch bewegen. «Der erste und zweite Satz waren wirklich, wirklich intensiv. Mein Arm hat dann angefangen zu krampfen. Am Anfang des dritten Satzes begann ich, in jedem Teil meines Körpers, nicht nur in den Beinen, Krämpfe zu bekommen», sagte er. «Es war wirklich schwierig, mich zu bewegen.»
Djokovic äußerte Mitgefühl mit dem Spanier. «Respekt vor Carlos, ich hoffe, dass er sehr, sehr schnell zurückkommt», sagte Djokovic in seinem Sieger-Interview. «Auf diesem Niveau sind Krämpfe und physische Probleme das Letzte, was du willst. Es tut mir sehr leid für ihn.»
Der Weltranglistendritte Djokovic braucht nur noch einen Sieg für den 23. Triumph bei einem Grand-Slam-Turnier, mit dem er sich die alleinige Bestmarke vor Rafael Nadal sichern würde. Djokovic trifft im Endspiel am Sonntag auf Alexander Zverev oder den Norweger Casper Ruud.
Behandlung kostet Alcaraz ein Spiel
Vor den Augen von Stars wie Box-Legende Mike Tyson und Schauspieler Michael Keaton erlebten die Zuschauer am heißesten Tag des Turniers eine große sportliche Tragödie. Zu Anfang des dritten Satzes konnte Alcaraz plötzlich nicht mehr auftreten. Auf einem Bein humpelte er hilflos und verzweifelt über den Platz. Da eine Behandlung zu dem Zeitpunkt nicht vorgesehen war, gab der 20-Jährige freiwillig ein Spiel ab und ließ den Arzt kommen.
Die Zuschauer buhten leidenschaftlich über den automatischen Spielgewinn für Djokovic – bis zu diesem Zeitpunkt war es ein hochklassiges, spektakuläres Halbfinale mit reichlich Höhepunkten gewesen. «Er weiß, wie jung er ist», betonte Djokovic. «Er wird dieses Turnier noch viele, viele Male gewinnen. Es ist schwer für ihn, wenn er nicht weiß, ob er aufgeben soll oder nicht. Gratulation für seinen Kampfgeist.»
Alcaraz konnte wegen seiner Beschwerden kaum noch laufen, der dritte Satz war weg. Auch eine erneute Behandlung brachte nur wenig Besserung: Der US-Open-Sieger wollte partout nicht aufgeben, kämpfte mit großem Herz, hatte aber jeglichen Rhythmus und seine Beweglichkeit verloren. Beim Stand von 0:5 holte Alcaraz im vierten Satz noch ein Spiel, doch keine Stunde nach Beginn der Blessur des Spaniers durfte Djokovic jubeln.
Djokovic vor nächstem Rekord
Für den zweitältesten Finalisten in der Geschichte der French Open ist es bereits das 34. Endspiel bei einem Grand Slam. Sollte er sich auch am Sonntag durchsetzen, wäre er der erste männliche Profi, der jedes der großen vier Turniere dreimal gewonnen hat.
Zu Beginn der Partie waren Alcaraz Druck und Nervosität sichtlich anzumerken. Nach jedem gewonnenen Punkt feuerte der Spanier sich selbst an, sprach sich Mut zu. Doch mit seinen starken Returns setzte Djokovic seinen Gegner sofort unter Druck, dominierte die Anfangsphase. Alcaraz schimpfte, dass er seinen Gegner in längere Ballwechsel verwickeln müsse. Und das Spiel wurde enger. Mehr als 14 Minuten dauerte das Aufschlagspiel von Djokovic zum 5:2, in dem er drei Breakbälle abwehrte. Nach 56 Minuten sicherte sich Djokovic den ersten Durchgang.
Alcaraz gelingt Punkt des bisherigen Turniers
Beide hatten im Turnierverlauf zuvor nur jeweils einen Durchgang abgegeben, Alcaraz stand insgesamt dreieinhalb Stunden weniger auf dem Platz. Und bis zu seinen Problemen nutzte der 20-Jährige dies aus. Beim Stand von 1:1 gelang ihm der Punkt des bisherigen Turniers: Im Rückwärtsrutschen schlug Alcaraz an seinem linken Bein vorbei einen unglaublichen Passierball – auch auf der Tribüne zückten die Zuschauer die Handys, um die Szene noch einmal zu studieren. Anerkennend applaudierte auch Djokovic mit seinem Schläger.
Beim Stand von 3:4 ließ sich Djokovic längere Zeit am offenbar schmerzenden rechten Unterarm behandeln. Doch nachdem sich Alcaraz den zweiten Satz gesichert hatte, ereilte den Spanier wenig später der Schock – und dann das rasche Aus.
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