22. November 2024

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DFB-Frauen spielen auch für die, «die kein Interesse haben»

Endlich wieder vor Zuschauern - aber vor viel zu wenigen, wenn es nach der Frauenfußball-Nationalmannschaft geht. In Cottbus und Chemnitz werden die Kontingente nicht ausgeschöpft sein.

Mit Unverständnis, Enttäuschung und auch Sarkasmus hat Martina Voss-Tecklenburg auf das mangelnde Interesse an den WM-Qualifikationsspielen ihrer Fußballerinnen reagiert.

«Jede einzelne verdient Support. Die Spielerinnen sind hoch motiviert und hochprofessionell. Wir spielen für die, die da sind. Wir spielen für die, die am Fernseher sind, und für die, die kein Interesse haben, spielen wir auch», sagte 53 Jahre alte Bundestrainerin bei einer Video-Pressekonferenz in Dresden.

Für die beiden Partien der DFB-Auswahl gegen Bulgarien am Samstag (16.05 Uhr/ARD) in Cottbus und gegen Serbien am Dienstag (16.00 Uhr/ZDF) in Chemnitz sind bis zu 5000 Fans zugelassen. Der Deutsche Fußball-Bund rechnet aber nur mit etwa 2500 Besuchern. Auch der Männerfußball hat in diversen Ligen während der Corona-Pandemie mit Zuschauerrückgängen zu kämpfen, doch diesen Vergleich bemühte Voss-Tecklenburg erst gar nicht.

«Wir sind eine Nation, ein Fußball. Es geht auch um eine Symbolik nach draußen», sagte die Ex-Nationalspielerin. Sie verwies auch darauf, dass die Frauen-Nationalmannschaft eine große Offenheit zeige. «Wir sind präsent, wir stehen parat für Autogramme.» Mangelnde Fannähe war gerade der Männer-Auswahl unter Joachim Löw in den vergangenen Jahren immer wieder vorgeworfen worden. Voss-Tecklenburg gab zu, dass sie «ein bisschen enttäuscht» sei vor allem vom Interesse der örtlichen Medien.

«Anstosszeiten ein Dilemma»

Zugleich klagte sie offen über die Anstoßzeiten, seit langem ein Dilemma bei der Vermarktung der DFB-Frauen, die 2016 Olympia-Gold holten. Spielbeginn ist mal wieder am Nachmittag, am Samstag sogar fast parallel zur Männer-Bundesliga. «Das liegt nicht an uns. Wir würden gerne um 18.00, 19.00, 20.00 Uhr spielen», sagte die 125-fache Nationalspielerin.

Dabei stehen die deutschen Fußballerinnen vor einer spannenden Saison: Nach dem Viertelfinal-Aus bei der WM 2019, dem Leerlauf 2020 und der verpassten Olympia-Teilnahme 2021 geht es nun in die WM-Qualifikation – und gleichzeitig in die Vorbereitung auf die EM im nächsten Juli in England. Dort wird die Zuschauerresonanz eine ganz andere sein. Den 2:1-Sieg vor fast 78.000 Fans im Wembleystadion im November 2019 hat niemand von den damaligen Protagonisten vergessen.

«Der Konkurrenzkampf wächst immer vor so einem Turnier. Alle wollen sich zeigen, und das macht uns als Mannschaft stärker», sagte Stürmerin Svenja Huth vom VfL Wolfsburg. In der WM-Qualifikation trifft die favorisierte DFB-Auswahl in ihrer Gruppe neben Serbien und Bulgarien noch auf die Türkei, Israel und Portugal. Die neun Gruppenersten qualifizieren sich direkt für das Endturnier 2023 in Australien und Neuseeland. Die Zweiten spielen Playoffs um zwei weitere Plätze.

Verletzt fehlt unter anderem Kapitänin Alexandra Popp. «Dass wir Poppi als Maschine brauchen, das steht außer Frage», sagte Voss-Tecklenburg mit Blick auf die Herausforderungen der nächsten Monate. Dafür ist Spielmacherin Dzsenifer Marozsan, derzeit für ein halbes Jahr von Olympique Lyon an den amerikanischen Spitzenclub OL Reign ausgeliehen, wieder zurück in der DFB-Auswahl.

Von Ulrike John, dpa