Erst eine innige, lange Umarmung, dann die öffentliche Lobeshymne – und die Forderung nach mehr: Trainer Jesse Marsch jubelte mit Matchwinner Dominik Szoboszlai über das 4:0 von RB Leipzig über den VfB Stuttgart im Freitagspiel der Fußball-Bundesliga.
Der Ungar hatte 68 Minuten lang in einer vor Leidenschaft sprühenden Leipziger Mannschaft ein technisches Kabinettstück nach dem anderen gezeigt und mit seinen Wahnsinns-Treffern (38. und 52. Minute) nicht nur die Grundlage zum Sieg geschaffen, sondern auch 23.100 Zuschauer in Ekstase versetzt.
«Er hat viel Qualität und Potenzial. Ich kenne ihn aus Salzburg sehr gut. Aber er hat auch noch viel Luft nach oben», sagte Marsch. Das könnte für die Konkurrenz wie eine Drohung klingen. Denn was ist, wenn Szoboszlai sein Potenzial wirklich ausschöpft, wenn er mal bei einhundert Prozent ist?
Lange Leidenszeit
Der 20-Jährige hat eine lange Leidenszeit hinter sich. Im Januar kam er mit viel Vorschusslorbeeren im Gepäck aus Salzburg nach Leipzig – und meldete sich krank. Aus ein paar Tagen wurde ein halbes Jahr, die Adduktoren- und Schambeinprobleme waren gravierend. «Es war das größte Tief in meiner Karriere», sagte er. Szoboszlai wollte, aber der Körper spielte nicht mit. Auch nicht, als er unbedingt noch auf den EM-Zug springen wollte.
Im Trainingslager der Ungarn im österreichischen Saalfelden kehrten die Schmerzen zurück – der Mittelfeldmann reiste vorzeitig ab. Beim 4:0 im Pokal in Sandhausen wurde für seine ersten RB-Pflichtspielminuten eingewechselt – und machte sofort ein Tor. Und nun durfte er gegen den VfB erstmals von Beginn an ran.
«Ich hatte in dieser Woche das Gefühl, dass er nun völlig bereit ist», sagte Marsch. Und Szoboszlai zeigte endlich, was man von ihm erwarten kann. Laufstark, ein gutes Auge für den Nebenmann und eine glänzende Technik. Bei seinen Treffern flatterten die Bälle, nahezu ansatzlos geschossen, ins Tor. «Er hat, seit er drei Jahre alt war, jeden Abend mit seinem Vater im Garten gespielt und gelernt, wie er einen Ball schlagen muss», berichtete Marsch.
Starke technische Qualitäten
«Ich bin einer, der gerne probiert», sagte das RB-Juwel zu seinen Treffern. Beim 1:0 habe er noch überlegt, wie er den Ball in die lange Ecke bekommt, das 3:0 sei in Absprache mit Willi Orban gefallen. «Ich wollte ihn halbhoch in den Strafraum schlagen. Entweder Willi bekommt ihn oder er geht so rein», erzählte Szoboszlai.
Einen Spieler mit solchen technischen Qualitäten hatte RB tatsächlich noch nie. Und das war den Vereinsbossen schon bewusst, als der Ungar noch gar keine Minute gespielt hatte. Denn noch während der Verletzungspause wurde der ohnehin noch bis 2025 laufende Vertrag um ein weiteres Jahr verlängert. «Für uns ist es ein wichtiges Signal, dass Dominik Szoboszlai bei RB Leipzig ein ganz zentraler Spieler für die kommenden Jahre sein wird und wir viel mit ihm vorhaben», begründete Florian Scholz, Kaufmännischer Leiter Sport.
Doch das «europäische Ausnahmetalent» (Scholz) darf nicht abheben. Marsch warnt vor Eigensinn. «Wichtig ist, dass er für die Mannschaft kämpft, für die Mannschaft alles gibt. Dann bekommt er auch viel zurück», sagte der Amerikaner. Szoboszlai will Führungsspieler sein, trotz seiner Jugend. «Ich habe nie auf das Alter geschaut, wenn es darum ging, Verantwortung zu übernehmen», sagte er vor Wochen in einem «Kicker»-Interview. Seinen Leipziger Teamkollegen dürfte dies im Kampf um den ersten Titel der Vereinsgeschichte recht sein.
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