Die neueste Volte im Streit um das Visum für Novak Djokovic in Australien ist zwar noch nicht das Ende der tagelangen Posse.
Doch nach der zweiten Annullierung der Einreiseerlaubnis droht dem serbischen Tennis-Primus wegen seiner fehlenden Corona-Impfung nun nicht nur die Ausreise, sondern auch ein kampfloses Aus bei den Australian Open, bei denen Djokovic ab Montag so gerne seinen 21. Grand-Slam-Titel erobern würde.
Der 34-Jährige könnte nach dem nervenaufreibenden Hin und Her, das sich nun seit über einer Woche hinzieht, der größte Verlierer sein. Wer sind die Gewinner – kann man diese überhaupt so nennen? Und wer hat noch verloren? Ein Überblick:
Gewinner:
Die Djokovic-Herausforderer
Blickt man auf die Australian-Open-Siegerliste seit 2008, konnten die Gegner von Djokovic nicht allzu viel Hoffnung haben. 2008, 2011, 2012, 2013, 2015, 2016, 2019, 2020 und 2021 siegte der Serbe selbst, dazwischen schafften es neben Rafael Nadal auch dreimal Roger Federer und einmal Stan Wawrinka. Die beiden Schweizer fallen diesmal verletzungsbedingt aus. Sollte Djokovic nun wirklich fehlen, erhöht dies massiv die Titelchancen des Russen Daniil Medwedew und des deutschen Olympiasiegers Alexander Zverev. Bei einer Abreise von Djokovic wäre der Spanier Nadal zudem der einzige im Turnier vertretene Ex-Titelträger. Er hat 2009 in Melbourne den Siegerpokal erobert.
Tennis-Legenden Federer und Nadal
In den vergangenen Tagen machte ein Clip die Runde, bei dem Federer und Nadal losgelöst miteinander lachten. Der Clip hatte nichts mit den Geschehnissen um Djokovic zu tun, passte aber sinnbildlich. Alle drei Tennislegenden stehen derzeit bei 20 Titeln bei den vier Grand-Slam-Turnieren. Djokovic hätte in Melbourne die große Chance, alleiniger Rekordhalter zu werden. Diese scheint ihm nun verwehrt zu werden. Der am Knie verletzte Federer wird selbst nicht eingreifen, dafür aber Nadal, der in Melbourne zwar nicht Top-, aber Mitfavorit ist. Das Lieblings-Grand-Slam-Turnier des Spaniers folgt im Mai mit den French Open, wo sich ihm bei einem Scheitern in Melbourne eine weitere Chance auf die Nummer 21 bieten dürfte.
Geimpfte Tennisprofis
Für alle Profis, die das Vabanque-Spiel in Australien nicht eingehen wollten, dürfte sich die Entscheidung für eine Impfung zusätzlich ausgezahlt haben. Djokovic-Rivale Stefanos Tsitsipas fand dazu vor dem Turnierstart deutliche Worte. «Niemand hätte wirklich geglaubt, dass man ungeimpft nach Australien kommen könnte, ohne die vorgegebenen Protokolle zu befolgen», sagte der Grieche einem indischen TV-Sender. «Wir haben uns alle an die Regeln gehalten, um nach Australien zu kommen und am Turnier teilzunehmen. Und wir haben uns dabei sehr diszipliniert verhalten.»
Verlierer:
Australian Open
Das gerne als «Happy Slam» bezeichnete Major zum Jahresstart hat in den vergangenen Tagen massiven Schaden genommen. Das Hin und Her um Djokovic, das im schwer kritisierten Turnierboss Craig Tiley auch einen Verantwortlichen des Tennis-Chaos hinterlässt, ließ den Sport in den Hintergrund rücken. Die Causa Djokovic mit all ihren kuriosen Wendungen könnte so auch die erste Turnierwoche überlagern. Andererseits: Auch wenn die Schlagzeilen nicht allzu positiv waren, waren die Australian Open wohl nie so sehr im Fokus der Weltpresse – und könnten dies mit rein sportlichen Aspekten auch kaum sein.
Australiens Politik
Eine «weltweite Peinlichkeit» sei die Affäre Djokovic für Australien, befand die Zeitung «The Age». Die extrem strengen Corona-Maßnahmen des Landes mit monatelangen Lockdowns und der verweigerten Einreise für viele im Ausland gestrandete Australier wurde durch die scheinbare Vorzugsbehandlung für den Tennis-Millionär in Zweifel gezogen. Dass ein Gericht wegen eines Formfehlers Djokovic vorläufig die Einreise erlaubte, war schon eine Blamage für die Behörden. Dass Einwanderungsminister Alex Hawke danach vier Tage für seine Entscheidung benötigte, sorgte für Unverständnis. Im Wahljahr ist die Corona-Politik für Australiens Regierung ein extrem wichtiges Thema, der Fall Djokovic könnte noch Folgen haben.
Familie Djokovic
Spätestens als Vater Srdjan Djokovic den Sohn mit Jesus Christus verglich, war die stolze serbische Familie in aller Munde. «Jesus wurde gekreuzigt, ihm wurde alles angetan, und er ertrug es und lebt immer noch unter uns», sagte Vater Djokovic, als die Einreiseposse um den besten Tennisspieler der Welt gerade erst begann. Die Familie stellte sich fortan selbst in den Mittelpunkt und zelebrierte eine Pressekonferenz, bei der zahlreiche Pokale des Sohns ausgestellt wurden. «Wir sind stolze Menschen. Sie können uns nicht brechen», sagte Srdjan Djokovic. Sein Sohn sei «das Licht am Ende des Tunnels» für die «Welt der Freiheit», hielt der Serbe fest.
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