23. November 2024

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DEL-Aufsteiger Bietigheim will Etablierte ärgern

Erster Aufsteiger seit 2006, kleinster DEL-Standort, Meister in der 2. Liga nach Lizenz-Sorgen: Die Geschichte der Bietigheim Steelers ist aus mehreren Gründen ungewöhnlich.

Das Kribbeln beginnt bei den Bietigheim Steelers schon Tage vor dem ersten Erstligaspiel der Vereinshistorie.

Dass der kleine Club am Freitag erstmals in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) antritt, ist aber nicht nur für das Team aus der rund 40.000-Einwohner-Stadt nördlich von Stuttgart etwas Spezielles, sondern für die gesamte Liga. Zum ersten Mal seit 15 Jahren hat die DEL schließlich wieder einen richtigen Aufsteiger. Nach einer langen Kontroverse ist die Gefahr des Abstiegs für etablierte Clubs und die – allerdings eingeschränkte Chance – des Aufstiegs wieder zurück.

«Wir sind einen ganz, ganz entscheidenden Schritt weitergekommen, um da zu sein, wo wir hinwollen», sagte Steelers-Geschäftsführer Volker Schoch. «Wir wollen uns mittelfristig in der Liga etablieren.» Man kenne seine Rolle, vom ersten Tag an um den Klassenerhalt zu spielen. «Die Klasse zu halten, ist eine größere Herausforderung, als aufgestiegen zu sein.»

Bremerhaven erfolgreich

Andere Clubs haben es in den vergangenen Jahren vorgemacht, dass der Schritt gelingen kann. Auch ohne Aufstiegschance war die Liga kein komplett geschlossener Zirkel. Bremerhaven etwa profitierte davon, dass Hamburg keine Lizenz mehr beantragte und kam 2016 dazu.

Stets gelten die Norddeutschen als Außenseiter, stets haben sich die Fischtown Pinguins seitdem mit ebenfalls bescheidenen Mitteln für die Playoffs qualifiziert. In dieser Saison spielen sie sogar erstmals in der Champions League und sorgen international für Furore.

Bei den Steelers durften etliche Spieler aus dem vergangenen Zweitliga-Jahr bleiben. «Es ist etwas Besonderes als kleinster Standort der Liga. Wir haben auch den kleinsten Etat. Den Kader zu planen, mit unserem Etat, war eine Herausforderung», räumte Schoch ein. Reicht das für die DEL? «Wir müssen überall besser werden», forderte der kanadische Trainer Daniel Naud und warnte: «Wir sollten uns nicht von den Gegnern erschrecken lassen.»

15 statt 14 Teams

Weil aufgrund der Risiken in der Corona-Krise der Abstieg noch verschoben wurde, starten in der erneut ungewöhnlichen Saison ausnahmsweise 15 statt wie gewohnt 14 Teams. Als Aufsteiger 2022 kommt jedoch wegen der erforderlichen wirtschaftlichen Nachweise nur Frankfurt im Falle des Titelgewinns infrage.

Zuvor letzter regulärer Aufsteiger war Straubing. Auch die Niederbayern, die Bietigheim nun mit einer vergleichbaren Einwohnerzahl als kleinster Standort ablöst, haben sich gut etabliert. 2020 war Straubing aussichtsreich dran, um den Titel mitzuspielen, wäre die Saison nicht abgebrochen worden.

Finalserie gedreht

Für Bietigheim erfüllte sich mit dem Aufstieg ein Traum am Ende einer verrückten und von Corona-Quarantänen beeinträchtigten Saison. 2020 war den Steelers zunächst die DEL2-Lizenz verweigert worden. Nur nach dem Gang vors Schiedsgericht und unter «harten Auflagen» durften sie antreten. «Es ging darum, dass Bürgschaften nicht rechtzeitig beantragt oder ausgestellt worden sind. Die haben wir im Nachgang geliefert», erklärte Schoch im Podcast «Shorthanded News». «Wir waren auch die ganze Saison zahlungsfähig.» Im Finale gegen Kassel verloren die Steelers zwei Spiele, drehten die Serie mit drei Siegen am Stück.

«Jetzt geht das Kribbeln los», sagte Schoch vor dem Auftakt gegen Ingolstadt. Ein Hype hat sich in der Coronakrise nicht entwickelt. Dass 1125 Dauerkarten für die rund 4500 Zuschauer fassende Halle, die voll gefüllt werden darf, verkauft seien, seien weniger als erwartet, sagte Schoch am Freitag: «Lasst uns daran glauben, dass es viel, viel besser wird als die meisten uns zutrauen.»

Von Kristina Puck, dpa