Magdeburg statt Mallorca: Die Vorbereitung auf das große Schwimm-Highlight unter der Sonne Roms hatte Florian Wellbrock ganz anders geplant. Kaum zurück von der WM erwischte Deutschlands Ausnahmeschwimmer Nummer eins im Juli eine Corona-Infektion.
Das geplante Trainingslager auf der spanischen Insel und der Übungsplan mit Blick auf die an diesem Donnerstag beginnenden Europameisterschaften waren hinfällig. Wellbrocks Start im Freiluftbecken des Foro Italico, wo Paul Biedermann 2009 seine beiden noch heute gültigen Freistil-Weltrekorde aufstellte, stand auf der Kippe. Mittlerweile ist klar: Der Olympiasieger ist dabei. Hinter seiner Form steht allerdings ein großes Fragezeichen.
Wellbrock: «Corona kam sehr ungelegen»
«Ich kann meine derzeitige Leistung nur schwer einschätzen, bin ja noch nicht lange wieder im Training», sagte Wellbrock der Deutschen Presse-Agentur zuletzt. «Corona kam in jedem Fall sehr ungelegen.»
Der gebürtige Bremer nimmt sich selbst ein wenig den Druck. «Die WM war der absolute Saisonhöhepunkt, den habe ich sehr erfolgreich bestritten. Damit ist auch die Saison bislang sehr erfolgreich gewesen», sagte Wellbrock. «Alles, was jetzt noch kommt mit der EM und der Kurzbahn-WM, ist für mich die Kirsche auf der Torte.»
Bei den Weltmeisterschaften vor rund anderthalb Monaten glänzte der 24-Jährige mit fünf Medaillen bei fünf Starts im Becken und Freiwasser. Allein schon eine solche Rennanzahl wäre für Wellbrock in der italienischen Hauptstadt zu viel. Mindestens auf den ersten ursprünglich geplanten Wettkampf über 800 Meter Freistil verzichtet er. Gemeinsam mit Bundestrainer Bernd Berkhahn will er vor Ort spontan entscheiden, welche EM-Wettbewerbe er schwimmt.
Wellbrock ist nicht der einzige Leistungsträger, der vor der Rom-Reise gesundheitliche Probleme hatte. Auch dessen Magdeburger Trainingspartner Lukas Märtens erkrankte nach der WM an Covid-19, erholte sich allerdings früher. Der 20-Jährige plant ein straffes Programm mit Freistilstarts über 200, 400, 800 und 1500 Meter und mit der Staffel. Eine Medaille ist das Ziel für den WM-Silbergewinner auf der 400-Meter-Distanz.
Vorfreude auf Rom im deutschen Team groß
Irgendwann will Märtens auch Biedermanns Weltrekord auf der Strecke angreifen. Dass das schon in Rom möglich ist, glaubt Berkhahn aber nicht. «Da wird er nicht heranreichen können, weil die Vorbereitung nicht gut war mit der Corona-Infektion», sagte der Langstreckenbundestrainer. «Ich bin froh, wenn er an die Leistung bei der WM heranreicht.»
Neben den gesundheitlichen Sorgen macht auch die Terminierung dem deutschen Team zu schaffen. Die Pandemie hat den Kalender durcheinandergewürfelt, Europameisterschaften so kurz nach Weltmeisterschaften sind eigentlich nicht üblich. Unter anderen Brustschwimm-Ass und WM-Silbergewinnerin Anna Elendt verzichtet auf die EM, weil ihr Studium in den USA bereits wieder begonnen hat.
Trotz der ungünstigen Vorzeichen ist die Vorfreude im deutschen Team groß. «Das Becken ist unfassbar schön. Die Italiener sind einfach schwimmbegeistert», sagte Berkhahn stellvertretend für seine Sportlerinnen und Sportler.
Im Gegensatz zur WM, bei der nur ein kleines deutsche Eliteteam startete, will der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) die EM auch nutzen, um jungen und talentierten Athletinnen und Athleten Erfahrungen auf internationalem Topniveau zu ermöglichen. «Für uns ist die EM wichtig, um die Breite im Team zu entwickeln hinsichtlich Paris 2024», sagte Berkhahn mit Blick auf die nächsten Olympischen Spiele. «Das wird teilweise gelingen. Teilweise ist dieser Ablauf aber gestört durch die Krankheitsfälle.»
Nicht nur die Schwimmer, die im Becken und Freiwasser Medaillen holen wollen, haben diesbezüglich Probleme. Die Wasserspringer, Synchronschwimmerinnen und Klippenspringer müssen ebenfalls Ausfälle wegen Verletzungen oder Krankheiten verkraften. Schwierige Vorzeichen also – nicht nur für Florian Wellbrock.
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